Das Problem ist bekannt: Eltern, die ihr U3-Kind in eine Krippe geben, werden mit mindestens 1000 bis 1200 €/Monat unterstützt, mit denen ein Krippenplatz staatlich subventioniert wird. Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, gehen dagegen leer aus. Ihnen werden nicht einmal die 150 € Betreuungsgeld gegönnt, die zwischen 2013 und 2015 gezahlt wurden. Der Verband Familienarbeit hält diese Regelung für einen klaren Verstoß gegen Art. 6, Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes. Nach Abs. 2 liegt das Erziehungsrecht in der Regel bei den Eltern. Der Staat hat nur dann das Recht einzugreifen, wenn Eltern ihrer Erziehungspflicht nicht nachkommen oder z.B. fehlen.
Diese Auffassung wird auch von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gestützt. Zitat aus dem Urteil BVerfGE 99, 216 vom 10.11.1998 (2 BvR 1057/91) – Rn 70: „4. Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art. 6 Abs. 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Die Kinderbetreuung ist eine Leistung, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt (vgl.BVerfGE 87,1 (38f.); 88,203 (258f.)). Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden.“
Wenn der Staat aufgrund der Entscheidung der Eltern, ihr Kleinkind selbst zu betreuen, eine finanzielle Leistung verweigert, die aber im Falle der Krippenbetreuung tatsächlich erfolgt, so übt er eine Lenkungswirkung aus, die dem Staat nach dem obigen Urteil untersagt ist.
Aufgrund dieses rechtlichen Hintergrundes unterstützt unser Verband gegenwärtig eine beim Verwaltungsgericht in Rostock anhängige Klage von Eltern, die ihr U3-Kind selbst betreuen, weil sie das für ihr Kind für richtig halten. Da sie keinen staatlich garantierten Krippenplatz beanspruchen und deshalb auch keine diesbezüglichen Kosten verursachen, fordern sie einen Ausgleich in ungefährer Höhe der nicht verursachten Krippenkosten.