Stellungnahme zum Elterngeld – Ausgabe 2006/2

Schreiben der Bundesvorsitzenden Helga Vetter, das Anfang Februar 2006 an führende Politikerinnen und Politiker, unter anderem an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen ging.
Stellungnahme zum Elterngeld
Dieses Schreiben ging Anfang Februar an führende Politikerinnen und Politiker, unter anderem an die Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel und die Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen.

Die diese Woche vorgestellte Neuregelung im Hinblick auf die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, in unseren Augen aber viel zu kurz gegriffen. Als positiv erkennen wir an, dass bei einigen Politikerinnen und Politikern ein Nachdenken darüber eingesetzt hat, dass in den Familien Geld fehlt. Ob die geplanten Gesetzesänderungen den Bedürfnissen aller Familien, den Müttern, den Vätern und auch den Kindern gerecht werden, bezweifeln wir.

Bei politischen Entscheidungen muss der Wunsch von Eltern, ihre Kinder in den ersten Lebensjahren in eigener Verantwortung zu erziehen genau den gleichen Stellenwert haben, wie der Wunsch von Eltern, erwerbstätig zu sein und die Kinder in Fremdbetreuung zu geben. Das bedeutet, dass finanzielle Mittel in die betreuende Familie fließen müssen.

Die aktuelle Familienpolitik richtet sich aber in erster Linie nach den Bedürfnissen der Wirtschaft und ist Beschäftigungspolitik. Sie lässt öffentliche Gelder überwiegend in die Subvention von Einrichtungen für Fremdbetreuung fließen und kommt Familienfrauen und
-männern nicht in gleicher Form zugute wie Familien, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind. Außerdem werden nach vorliegenden Schätzungen des Bundes der Steuerzahler bis zu einem Drittel aller Mütter und Väter von der in dieser Woche vorgestellten Neuregelung keinen Nutzen haben, weil ihre Einkünfte zu gering sind.

Familienpolitik muss sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Familien orientieren und Wahlfreiheit zulassen. Unser Verband fordert die Möglichkeit, zu wählen zwischen:

– Erziehung und Betreuung der Kinder durch die Mutter und/oder den Vater, Ergänzung durch den Kindergarten für über Dreijährige oder
– teilweise Betreuung in öffentlichen Einrichtungen oder durch Tagesmütter bei teilweiser Erwerbstätigkeit oder
– die Möglichkeit der vollen Erwerbstätigkeit und der Fremdbetreuung der Kinder, wenn die Eltern dies wünschen.

In allen drei Fällen ist die Wahlfreiheit nur mit einem Gehalt für Familienarbeit zu erreichen.
Wenn dies über eine Reihe von Jahren bezahlt wird, entsteht für den erziehenden Elternteil ein Vollerwerbsarbeitsplatz im eigenen Haushalt mit eigenständiger Alterssicherung. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dieses Gehalt zu delegieren, die Fremdbetreuung der Kinder zu finanzieren und selbst an einem anderen Erwerbsarbeitsplatz tätig zu werden. Die Bezahlbarkeit eines Gehaltes für Erziehungs- und Pflegearbeit ist durch Gutachten belegt.

Das geplante Elterngeld kann einen kleinen Schritt zur Realisierung des Gehaltes für Familienarbeit darstellen. Die Zahlung aber spätestens nach zwölf Monaten einzustellen und davon zwei Monate für Mütter bzw. Väter vorzuschreiben, entspricht nicht den Bedürfnissen der Familien und auch nicht den gesetzlichen Anforderungen, dass die Eltern ihrer Erziehungspflicht bis zum achtzehnten Lebensjahr jedes Kindes nachkommen müssen.
Als Stellungnahme von Seiten unseres Verbandes zur Einführung des Elterngeldes lege ich den Beitrag "Geburtsfehler beim Elterngeld" bei, der in Ausgabe 1/2006 unserer Verbandszeitschrift "Familienarbeit heute" veröffentlicht wird.
Wir registrieren gern, dass unser Slogan "Familie schafft Arbeit" von Seiten der Regierung verwendet wird.
Mit diesem Slogan haben wir im vergangenen Frühjahr zahlreichen PolitikerInnen und Personen des öffentlichen Lebens ein Faltblatt mit einem "Manifest zum 1.Mai 2005" PEPe, das Projekt Erziehungs- und Pflegeeinkommen, vorgestellt. Damit können in der Tat bezahlte Arbeitsplätze im Haushalt geschaffen werden, allerdings im Gegensatz zu den Plänen der Regierung Vollerwerbsarbeitsplätze.

Mit freundlichen Grüßen, gez. Helga Vetter, Bundesvorsitzende

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