Nachruf auf Monika Bunte – Die Rille im Gehirn ziehen …

Beitragsbild: Verbandslogo Eule

Text von Gesa Ebert aus der fh 2/23

 

„Ich gehe ins Gymnasium“, habe sie in ihrer Schule in Soest gesagt, als es um ihre weitere Schullaufbahn ging. Dieses Selbstbewusstsein machte mich sprachlos, als Monika Bunte mir das vor einigen Jahren erzählte. Sie machte Abitur, studierte Volkswirtschaft und schloss mit dem Diplom ab.

Drei Kinder hat sie geboren und erzogen. Machte dabei noch den „Meisterbrief der städtischen Hauswirtschaft“. Als Diplom-Volkswirtin in Teilzeit zusätzlich erwerbstätig zu sein, diese Möglichkeit gab es Ende der 1960er Jahre nicht. Der damalige Lehrkräftemangel bot ihr dann die Chance, Sozialwissenschaften am Gymnasium zu unterrichten. Dies machte sie bis zur Rente, auch Pflege leistete sie. Fünf Enkelkinder gesellten sich zur Familie, und sie wurde nach eigener Aussage zur „ambulanten Großmutter“.

1979, Gründung der dhg, der Deutschen Hausfrauengewerkschaft e.V., Monika war von Anfang an dabei und ab 1983 aktiv. 1984 baute sie zusammen mit Heidede Morgenbrod die Ortsgruppe Düsseldorf auf, die sie bis 2008 leitete. Ab Mitte 1987 war sie zusätzlich im Vorstand NRW aktiv, von 2005 bis 2009 als Landesvorsitzende. Gleichzeitig war sie von 1995 bis Herbst 2002 – und weil Not an der Frau war – wieder von Februar 2003 bis September 2006 als stellvertretende Bundesvorsitzende tätig. Danach war sie weiterhin aktives Mitglied, nur eben ohne offizielles Amt mit seinen Verpflichtungen.

Sie nahm an vielen frauen- oder familienpolitischen Seminaren, Tagungen, Kirchentagen, Infobörsen und Messen teil, hielt Vorträge, auch in Schulen und Vereinen, moderierte. Auch bei Gesprächen in Ministerien war sie dabei. Über ein Pressegespräch im Juli 1999 schrieb sie in ihrem Tätigkeitsbericht: „ZDF-Interview für eine Sendung über Alterssicherung. Von dem, was ich gesagt habe, kommt in der Sendung fast nix, aber man sieht, wie ich mit dem Fahrrad um die Ecke fahren kann.“

 

Sie hat sehr viele Artikel und Buchbesprechungen für die Verbandszeitung (früher dhg-Rundschau, jetzt Familienarbeit heute) geschrieben, von 1988 bis Mitte 2022, über Rente, Gleichberechtigung, Eherecht, Erziehungsgehalt, Demografie. Die Texte sind oft sehr scharfsinnig und bringen Gedanken, die vorher noch nicht im Raum standen; die Überschriften lassen das oft nicht vermuten. Zum 80. Geburtstag wünschte sie sich einen Laptop, verfasste dann auch Mails. Aber eigentlich schrieb sie mit der Schreibmaschine. Und sehr viel mit der Hand, auch Karten von ihren vielen Reisen, bis ihr das nicht mehr möglich war. Nicht mehr spontan schreiben zu können, das schränkte sie sehr ein.

Monika Bunte war keineswegs „nur“ in Sachen Anerkennung der Familienarbeit tätig. Ur- und Frühgeschichte, die katholische Kirche (sie konnte mir jede Frage dazu spontan beantworten), Maria 2.0, Maria von Magdala/Priestertum der Frauen, nicht zu vergessen die vielen Schwarzen Madonnen, die sie im In- und Ausland (wandernd) besuchte. 2003 erreichte sie, dass in ihrem Stadtteil Düsseldorf-Gerresheim an die Beginen erinnert wird: mit dem „Beginengässchen“.

Eigentlich alles, was mit der weltweiten dummen patriarchalen Abwertung, Verachtung und Unterdrückung von Mädchen und Frauen und der Rücksichtslosigkeit der Politik gegenüber der Leistung der Mütter zu tun hat, beschäftigte sie. Mich beeindruckte immer wieder, wie sie mit großer Beharrlichkeit ihre Ziele verfolgte. Ihre Meinung zu ändern, wenn sie neue Erkenntnisse hatte, auch Fehleinschätzungen einzugestehen, damit konnte sie umgehen.

Als die Gerresheimer Karnevalsgesellschaft 1987 ihren Orden mit der Verbrennungsszene zweier sogenannter Hexen „schmückte“, empfand das nicht nur Monika Bunte als geschmacklos. Mit vier weiteren Frauen bildete sie einen Arbeitskreis, hielt Vorträge, um Spenden zu sammeln für einen Gedenkstein. Die Bildhauerin Gabriele Tefke schuf ein sehr sehenswertes Mahnmal. Der Hexenstein erinnert nun seit November 1989 an die Verbrechen an Agnes Olmanns und Helene Curtens, die 1738 verbrannt wurden, nach dem letzten Hexenprozess am Niederrhein. – Für Agnes Olmanns stiftete Monika im Juni 2000 auch einen Stein im „Frauen-Gedenk-Labyrinth“ in Frankfurt am Main.

2003 wurde sie vom Frauenforum Düsseldorf als aktive Bürgerin geehrt, „die sich für die Rechte von Frauen engagiert, sich tatkräftig einmischt und Anregungen für die Politik von und für Frauen gibt“. Die Laudatorin vom Düsseldorfer Frauenbüro, Irena Leuschner, hob ihre vielen wertvollen Anregungen hervor, z. B. zur Broschüre Ehevertrag. Monika hatte beanstandet, dass in einer vorherigen Schrift nur über Scheidung informiert wurde. Wir haben gemeinsam die Entwürfe der Ehevertragsbroschüre angesehen und Fehler bzw. Unklarheiten beim ehelichen Güterrecht entdeckt. Der Rechtsanwalt, der die Texte verfasst hatte, war nicht erfreut. Es folgte die Broschüre „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, also endlich eine Info über die Ehe an sich. Im Vorwort finden sich jeweils Dankesworte an unseren Verband für die Anregungen; etwas, was wir sehr selten erleben.

Im Haus der Geschichte in Bonn entdeckte Monika im Oktober 1995 ebenfalls, dass das Thema „Geld in der Ehe“ falsch dargestellt wurde. Nach zwei Jahren und vielen Briefen wurde es wohl endlich geändert, ohne Dank.

Eines ihrer wichtigsten Projekt für unseren Verband war ab etwa 1997 die Suche nach einem Archiv, dem wir unsere umfangreichen Akten anvertrauen könnten. 2006 nahm Monika an einer Führung durch den FrauenMediaTurm in Köln teil und stellte fest, dass unsere Zeitung dort fehlt. Ihr Brief mit dem Angebot, die Publikation regelmäßig zu liefern wurde nicht einmal beantwortet, auch auf Nachfrage nicht. Darüber berichtete sie in der Familienarbeit heute 4/2007 („Die Patriarchinnen um Alice Schwarzer“). Cornelia Wenzel vom Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel hat dies gelesen und „ihr“ Archiv angeboten. Denn sie hielten es für dringend erforderlich, „dass die Aktivitäten aller Frauenorganisationen in den Kanon der kulturellen Überlieferung eingehen …“ Welch ein Erfolg!

Die Beharrlichkeit, mit der Monika Vorhaben umsetzte, beeindruckte mich sehr. Wie sie sich Raum und Gehör verschaffen konnte für ihre Anliegen, das faszinierte mich von Anfang an. Ihre eigenen Akten gab Monika nach und nach mir; sie können nun bald „ab nach Kassel“. Die Papiere der Düsseldorfer dhg/VF-Ortsgruppe brachte sie ins dortige Stadtarchiv. Das Beginen-Archiv erhielt die entsprechenden Akten, das Spee-Archiv die Hexenstein-Dokumente.

Der Verband Familienarbeit e.V. kann sich glücklich schätzen, dass Monika so viele Jahrzehnte lang mit großem Einsatz und auch trockenem Humor für die Anerkennung der häuslichen Erziehungsarbeit (heute meist Care- oder Sorgearbeit genannt) gestritten hat. Wir sind ihr von Herzen dafür dankbar!

Abgesehen von ihrer Halbtagsarbeit als Lehrerin machte sie alles ohne Entlohnung, Familienarbeit, Vereinsarbeit. Für die Erziehung ihrer Kinder erhielt sie wie alle Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, weniger Rente, als für jüngere Eltern vorgesehen ist. Wegen der (immer noch) kümmerlichen Rente für Mütter klagte sie auch. Nicht bei den Freundinnen, sondern vor Gericht.

Selten fehlte sie bei einer der jährlichen Hauptversammlungen unseres Verbands. 2019 war sie noch dabei. Aber 2022, nach der Corona-Zwangspause, mutete sie sich die Reise von Düsseldorf nach Stuttgart nicht mehr zu.

Unsere Gespräche und Briefe hatten immer sowohl Politisches, also Themen des Verbands Familienarbeit e.V., wie auch Privates zum Inhalt. Sie half mir sehr bei persönlichen Krisen, gab mir entscheidende Hinweise. Auch deshalb wird sie immer in meinem Leben präsent bleiben.

Traurig war sie, als sie nicht mehr im Kirchenchor singen konnte, weil ihre Stimme den Anforderungen nicht mehr genügte. In den letzten Jahren musste sie leider mit vielerlei körperlichen Gebrechen klarkommen, die ihren Tatendrang etwas ausbremsten. „Altwerden; das hat seinen Preis“, schrieb sie einmal. Und Ende August 2022: „Ich werde immer schlapper …, aber ich bin vergnügt dabei.“

Ende November 2022 hörte ich im Radio, dass unser Bundespräsident mehr Verdienstorden an Frauen vergeben möchte. Er rief dazu auf, Bürgerinnen zu benennen, die wegen ihrer Leistungen für das Gemeinwohl eine Auszeichnung verdient hätten. Mir fiel sofort Monika Bunte ein, auch weitere Frauen unseres Verbands. Aber ich war mit anderem beschäftigt … Werden solche Ehrungen auch postum vergeben?

Von meinem kurzen Mailwechsel im Januar 2023 mit der Pfarrerin der St. Marienkirche in Berlin-Mitte, Corinna Zisselsberger, konnte ich Monika leider nicht mehr erzählen; es hätte sie sicher gefreut. In einem Gespräch in der ZEIT vom 15. Dezember hatte die Pfarrerin gesagt, dass sie gerne „gendere“, auch Gott.

Monika Bunte starb am 1. Februar 2023 in ihrem Haus in Düsseldorf. Am 18. Februar wäre sie 90 Jahre alt geworden.

 

Monika Bunte gehörte zu den Gründerinnen unseres Verbands, der unter dem Namen „Deutsche Hausfrauen-Gewerkschaft“ vor jetzt 44 Jahren den politischen Kampf um eine gleichberechtigte Behandlung der in der Familie geleisteten Sorgearbeit für Kinder, Kranke und Alte aufnahm. Das fiel in eine Zeit, in der immer mehr die „Gleichberechtigung“ von Frauen gefordert wurde, in der Wirklichkeit aber die Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen geleistet wurden und weiter werden, immer mehr abgewertet wurden. Auf diesen Widerspruch von Forderungen in der Politik und der Politik selbst hat Monika immer wieder hingewiesen. Wir wünschen uns als Verband, dass es in Zukunft immer mehr Frauen gibt, die den Widerspruch zwischen „Gleichstellungspolitik“ und dem Streben nach Gleichberechtigung der Frauen thematisieren und sachlich deutlich machen können. Monika Bunte kann dabei ein Vorbild bleiben.

Seitens der Familie von Monika wurde gewünscht, dass anstelle von Blumen anlässlich des Begräbnisses an den Verband gespendet wird. Im Namen des Vorstands unseres Verbandes sage ich dafür den Angehörigen von Monika und allen Spenderinnen und Spendern herzlichen Dank.

Johannes Resch
Verband Familienarbeit e.V.

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