Vor 100 Jahren erschien Käthe Schirmachers Studie über die Hausarbeit
Ein Beitrag von Gesa Ebert
"Wer sich einen genauen Begriff von der Stellung der Frau in einem Lande machen will, der studiere die Paragraphen des Eherechts, und er wird klar sehen. (…) Jede Hausfrau, jede Mutter, die arbeitet, ohne bezahlt zu werden, hat eine Schuldforderung an die Gesellschaft. (…) In der Praxis hat man auch die Arbeit der Hausfrau und Mutter stets als eine "Berufsarbeit" betrachtet, denn man hat der Hausfrau und Mutter stets im Haus einen Unterhalt gewährt. Hingegen hat man unterlassen, explicite anzuerkennen, dass dieser "Unterhalt" von der Frau erarbeitet und verdient war, dass er ihr "zukam", sie ein Anrecht darauf hatte, diese Summen, ihren Erwerb, ihr Geld, etwas das sie de jure reklamieren konnte, darstellten. (…) Der Modus, die Hausfrau und Mutter nur indirekt und durch den Lohn des Mannes zu entlohnen, ist ein schlechter Modus. Vielleicht bot die volle wirtschaftliche Verantwortung des Mannes für seine Familie die einzige Möglichkeit, ihm einen gewissen Zügel anzulegen und die heutige, allerdings noch sehr relative Monogamie zu erreichen."
So schrieb Dr. Käthe Schirmacher in ihrem Buch Die Frauenarbeit im Hause, ihre ökonomische, rechtliche und sociale Wertung, das sie 1905 in Leipzig veröffentlichte. In ihren Lebenserinnerungen erklärte sie ihre Motivation: "Bei meinen häufigen Reisen für den Verband fortschrittlicher Frauenvereine (linker Flügel) sah ich, dass die Masse der bürgerlichen Frauen der Provinz teilnahmslos blieb, weil sie in der Frauenbewegung nur die Belange der außerhäuslichen Berufsfrau vertreten sah, nicht die der Hausfrau und Mutter. Das war freilich ein großer Mangel und eine ebensolche Ungerechtigkeit. Beiden abzuhelfen, schrieb ich meine volkswirtschaftlichen Arbeiten, erntete aber lebhafte Angriffe für diese neue "Rückständigkeit"."
In den meisten heutigen Juristenhirnen spukt noch immer die angeblich unterhaltsempfangende Haus- oder Familienfrau herum – obwohl das heutige Bürgerliche Gesetzbuch die Hausarbeit als gleichwertige Arbeit anerkennt. Schirmachers Kritik ist also nach wie vor aktuell.
Neuer Bundestag und neue Regierung werden gut daran tun, sich ernsthaft mit dem Eherecht zu befassen und die Benachteiligung der haushaltsführenden Person abzuschaffen anstatt sie – wie geplant – noch zu vergrößern. Auch die erwerbstätigen Frauen würden davon profitieren, und die Kinder.
(Wir danken Frau Bahr, unserem Mitglied aus
Lübeck, für den Hinweis auf dieses Jubiläum!)