von Johannes Resch
Unser Verband besteht im Jahr 2019 seit 40 Jahren. Auf der politischen Ebene ist das eine lange Zeit. Die meisten auf ehrenamtlichem Engagement beruhenden Initiativen haben eine wesentlich kürzere Lebensdauer. Aber unser Verband beschäftigt sich mit einem fundamentalen Konstruktionsfehler unseres Sozialsystems, nämlich der fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung der elterlichen Erziehungsarbeit. Dieser Kampf hat ihn überleben lassen und macht ihn weiter notwendig.
Muffins zum 40. Geburtstag des Verbands Familienarbeit. Foto: privatDieses Problem war vor 40 Jahren, nicht zuletzt im Gefolge des dritten Familienberichtes (1979), ins öffentliche Bewusstsein getreten. Dieser Bericht zeigte die familienpolitischen Defizite schonungslos auf. Leider wurde der daraus folgende familienpolitische Aufbruch abrupt abgebrochen durch den Einmarsch der damaligen Sowjetunion in Afghanistan zu Weihnachten 1979. Mit einem Schlag erschien Aufrüstung, Verlängerung der Wehrpflicht u.a. wichtiger als Familienpolitik. Erst 1986 erfolgte wieder ein zaghafter Ansatz zur Anerkennung der Erziehungsleistung durch Einführung des zweijährigen Erziehungsgeldes. Unser Verband hat sich aber die gesamten 40 Jahre mutig für eine finanzielle Anerkennung der Familienarbeit (Erziehungsarbeit und Pflege von Angehörigen) eingesetzt.
Dabei stand unser überwiegend von Frauen getragener Verband einer Trias von männlich geprägten Gedankengebäuden gegenüber:
1. dem konservativen Denken eines Adenauer, der Familie als Privatangelegenheit betrachtete, aber den natürlicherweise bestehenden Gegenwert für die Kindererziehung, nämlich die Altersversorgung der Eltern durch ihre Kinder, von der Kindererziehung löste und an Erwerbsarbeit band, ohne dass eine entsprechende Entschädigung der Eltern für notwendig gehalten wurde. Das hat eine fortschreitende Verarmung der Familien in einer sonst reicher werdenden Gesellschaft erzwungen und nahezu alle bisher gültigen familiären Wertvorstellungen untergraben,
2. dem auf einer Überbetonung der herkömmlichen Erwerbsarbeit beruhenden letztlich auf Karl Marx zurückgehenden Denken, das die elterliche Erziehungsarbeit nicht als wertschöpfende Tätigkeit betrachtet und die Vergemeinschaftung der Erziehungsarbeit fordert, um die möglichst durchgehend volle Erwerbsarbeit der Eltern zu ermöglichen,
3. dem neoliberalen Denken fast ausschließlich männlicher Wirtschaftswissenschaftler, für die der kurz- und mittelfristige Profit ganz im Vordergrund steht, für die aber die auf einer glücklichen Kindheit beruhende Lebenszufriedenheit der Menschen keine Zielgröße ist.
Hier steht ein kleiner auf ehrenamtlicher Arbeit beruhender Verband (zusammen mit anderen ähnlichen Verbänden) diesen drei mächtigen Elefanten gegenüber, die sich auf professionelle Strukturen stützen und über nahezu unbegrenzte Finanzmittel verfügen, um Medien und Politik zu beeinflussen und zu lenken. Uns bleibt nur, auf die Gefährdung des Kindeswohls hinzuweisen, die darin besteht, dass der Staat es den Eltern durch Gängelung und Bevormundung immer schwerer macht, der Verantwortung gegenüber ihren Kinder gerecht zu werden. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass auch politische Verantwortungsträger diese Zusammenhänge erkennen und ernst nehmen.
Was folgern wir daraus? Unser Verband muss als Stimme für Familienarbeit weiter leben. Er muss sich verjüngen, um zukunftsfähig zu werden. Es geht darum klar zu machen, dass konservative Wertvorstellungen, Erwerbsarbeit und wirtschaftlicher Profit zwar wichtig sind, aber die Lebensqualität der Menschen allein nicht sichern können. So wie darüber hinaus die uns umgebende Natur geschützt werden muss, ist auch die soziale Umgebung der Kinder so zu gestalten, dass die Eltern ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht werden können. Diese Aufgabe steht „weiblichem Denken“ näher und muss den oben erwähnten Gedankengebäuden als gleichberechtigt gegenübergestellt und beachtet werden.
Das ist eine große Zukunftsaufgabe, mit der wir uns am 9. Februar 2019 beschäftigen wollen. Im September stehen Vorstandswahlen an. Die bisherige Vorsitzende, Gertrud Martin, wird altersbedingt nicht mehr kandidieren. Es besteht also großer Bedarf, sich über die Zukunft des Verbandes Gedanken zu machen.