Unterschiedliches Stress-Risiko für Kleinkinder bei Krippenbetreuung

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Zusammenfassung von Dr. Johannes Resch aus der fh 2/24

 

Unsere Pressemeldungen vom 11.12. und vom 27.12.2023 beschäftigten sich mit der einseitigen Finanzierung und Förderung der Krippenbetreuung im Vergleich zur elterlichen Betreuung. Unser Verband steht auf dem Standpunkt, dass Eltern besser als der Staat beurteilen können, was für ihr Kind richtig und gut ist. Deshalb darf der Staat aus vorgegebenen, meist ideologisch geprägten Motiven heraus die elterliche Betreuung nicht benachteiligen (vergl. Art. 6,1 des Grundgesetzes).

Hintergrund ist, dass eine ganze Reihe von Studien ermittelt haben, dass Krippenbetreuung (also von Kindern unter drei Jahren) regelhaft zu einem Dauerstress für die Kinder führt, der zu erheblichen Schäden in der persönlichen Entwicklung führen kann, die sich auf das ganze spätere Leben auswirken können. Dabei lässt sich nachweisen, dass die Empfindlichkeit gegenüber diesem Stress bei den Kindern sehr unterschiedlich ist.

Unsere Leserin Bettina L … schreibt dazu (zu unserer Pressemeldung vom 27.12.23):

Dieser Brief ist sehr wichtig. Ich möchte noch auf etwas anderes aufmerksam machen:

Ich hatte mich in den letzten Jahren länger mit Genetik beschäftigt, da ich gesundheitliche Probleme habe.
Es gibt SNP von einzelnen Genen (COMT-Gen, MTHFR-Gen, MAO- Gen etc), d.h. Ausprägungen einzelner Nukleotid-Paare, die dazu führen, dass Menschen weniger stressresistent sind, weil sie Neurotransmitter etc. nicht so gut abbauen können.

Diese Gen-Ausprägungen sind nicht selten. Ich hatte mir vor Jahren Doktorarbeiten und anderes herausgesucht und eine Statistik/Tabelle erstellt, wieviel Prozent der Bevölkerung diese Genausprägungen in welcher Form haben, dann auch Kombinationen. Dabei hatte ich herausgefunden, dass letztlich gut 30% der Bevölkerung nicht stressresistent sind, gut 40 % sind durchschnittlich stressresistent und weitere 30 % können „mehr ab“.

Von daher ist es ganz wichtig, dass gerade das erste Drittel der Kleinstkinder nicht in Krippen kommt. Die Zeit danach reicht nicht mehr, herunterzufahren, weil der Abbau der Neurotransmitter nicht so schnell funktioniert.

Sie werden da viel mehr Ahnung als ich haben, aber diese Sache ist wirklich wichtig.
Man kann diese Gene für einen überschaubaren Preis untersuchen lassen als Entscheidungsgrundlage, bevor man überhaupt so ein Kind in die Krippe gibt, später auch Ganztags-Kindergarten, Ganztags-Schule.

Herzliche Grüße
Bettina L.

 

Mit der unterschiedlichen Empfindlichkeit der Kinder gegenüber dem Krippenstress beschäftigt sich auch die Kinderpsychologin Dr. Erika Butzmann in einem längeren Beitrag. Hier ist der Link dazu. (Klick)

Dieser Beitrag ist ziemlich lang. Deshalb drucken wir einige Zitate daraus ab, die vielleicht den einen oder anderen zur Lektüre des ganzen Beitrags anregen:

• Ein wichtiges unbewusstes Verhalten des Babys und Kleinkindes bei seiner Umwelterkundung benötigt ganz besonders die Aufmerksamkeit der Eltern: Wenn ein- bis zweijährige Kinder etwas Neues können – und das passiert ja dauernd, schauen sie immer strahlend Mutter oder Vater an, weil sie diese als „Spiegel“ für die eigenen positiven Gefühle brauchen. Strahlen die Eltern freudig zurück, kann das Kind unbefangen weitermachen. Dies ist eine wichtige Grundlage zur Leistungsmotivation. Stehen die Eltern durch ganztägige Abwesenheit nicht als „Gefühls-Spiegel“ zur Verfügung, leidet darunter schon früh die Leistungsbereitschaft des Kindes.

• Nach der intensiven Lernphase über die Umwelterkundung und die Nachahmung stürzt das Kind gegen Ende des zweiten Lebensjahres in die erste Krise seines Lebens: Es erkennt sich zunehmend als eigenständige Person, die von der Mutter und der übrigen Welt getrennt existiert. Es schwankt zwischen Freude über sein Können und Panik aufgrund des Wissens, getrennt zu sein. Das hat bei vielen Kindern erneut Trennungs- und Verlassenheitsängste zur Folge, die sich in verstärktem Klammerverhalten und Schlafstörungen zeigen können. Wenn das Kind die Tatsache der Eigenständigkeit begriffen hat, sagt es „ich“ zu sich selbst und nennt sich nicht mehr beim Vornamen. Dann ist es ungefähr zwei Jahre alt.

• In den ersten zwei Lebensjahren ist deshalb das Spiel des Kindes hauptsächlich auf sich selbst oder auf eine der Bindungspersonen bezogen. Ab zwei Jahre spielen die Kinder parallel nebeneinander und gucken nur, was der andere macht. Erst wenn die ausschließliche Ichbezogenheit zurückgeht (nach dem dritten Geburtstag), werden andere Kinder als Spielkameraden wichtig.

• In den ersten zwei bis drei Jahren ist also nicht das soziale Lernen das Hauptentwicklungsthema, sondern das Kind muss sich erst selbst erkennen und sich in seine Umwelt einordnen. Erst dann sind genügend Kapazitäten frei für das soziale Lernen mit anderen.

• Die Bindungsentwicklung, die im zweiten Lebensjahr die intensivste Phase hat, kann nicht vonstattengehen, wenn die Bindungspersonen über den erlebnisreichen Tag hinweg nicht vorhanden ist. Das Krippenkind wird damit in seiner Bindungsfähigkeit und seiner Ich-Entwicklung gleich zu Beginn eingeschränkt.

• Bei früher Ganztagsbetreuung, besonders bereits im ersten Lebensjahr, besteht zusätzlich die Gefahr der Bindungsstörung, die das weitere Leben des Kindes erheblich beeinträchtigt. Die Bindungsentwicklung ist, wie oben ausgeführt, neben dem liebevollen Umgang mit dem Kind auf die weitgehende Anwesenheit besonders der Mutter in den ersten zwei bis drei Jahren angewiesen.

• Die hochsensiblen, eher ängstlichen Kinder, die starkes Klammerverhalten zeigen, vertragen die Fremdbetreuung vor dem 3. Geburtstag gar nicht. Leider sind es auch diejenigen, die am wenigsten protestieren. Sie suchen sich in der Krippe eine andere Bezugsperson, an die sie sich anklammern. Wenn das nicht gelingt, weil z. B. keine der Mutter ähnliche Erzieherin da ist oder die Erzieherinnen zu wenig Zeit haben, verhalten sie sich still und ziehen sich zurück, um nicht noch mehr Stress zu haben.

• Nach Aussagen des Neurobiologen Gerhardt Roth benötigt das kindliche Stresssystem mindestens 3 Jahre, bis es einigermaßen stabil ist. Bei anhaltendem moderatem Stress in der frühen Kindheit entstehen später Ängstlichkeit, Depressionen und Angsterkrankungen.

• Bei früher Ganztagsbetreuung kann es zur Primärbindung an eine Erzieherin kommen, was sich daran zeigt, dass das Kind beim Abholen häufig nicht zur Mutter will. Wenn das Kind dann von der Krippe in den Kindergarten wechselt, erlebt es einen traumatischen Beziehungsabbruch.

• Die von den PolitikerInnen propagierte frühe Bildung kann aus all diesen Gründen nur eingeschränkt oder gar nicht stattfinden. Zu Hause in einer sicheren Umgebung würde dies ohne spezielle Förderung von allein laufen.

• Die unterschiedliche Stressverträglichkeit der U3-Kinder ist ein gutes Argument gegen verbindliche Vorgaben. Inwieweit die Kinder eine frühe Fremdbetreuung vertragen, können am Besten die Eltern selbst beurteilen, weswegen staatliche Vorgaben falsch am Platz sind.

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