Trennungsfamilien und Kinderrechte

 

Unser Verband nimmt den Film „Weil du mir gehörst“, der am 12.2., 20 Uhr 15 von der ARD ausgestrahlt wurde (in der Mediathek noch bis 12. Mai 2020 nachzuhören), zum Anlass, zu fragen, ob der bestehende rechtliche Umgang mit Trennungsfamilien wirklich dem Kindeswohl dient. Sicher ging es hier um einen Einzelfall, der aber viele wirklichkeitsnahe Elemente enthielt. Er hat nach unserer Auffassung tatsächliche Defizite verdeutlicht und für eine breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht.

Kein Zweifel: Für ein Kind ist es in der Regel besser, wenn Eltern zusammenbleiben und Fragen des Umgangs und des Unterhalts gar nicht strittig sind. Schon seit 40 Jahren beobachtet unser Verband die zunehmende Elternfeindlichkeit in der Gesetzgebung mit ihren wirtschaftlichen Folgen als Mitursache für die zunehmende Anzahl von Trennungen. Schon um der Kinder willen, müssen wir uns aber auch fragen, ob der Staat sachgerecht mit Trennungsfamilien umgeht und sich dabei wirklich am Kindeswohl orientiert.

Unser Grundgesetz ordnet die Verantwortung für die Kinder im Regelfall den Eltern zu (Art. 6 Abs.2 Satz 1). Nur wenn Eltern fehlen oder versagen, hat der Staat eine „Wächterfunktion“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 2). Aber die staatliche Gewalt unterscheidet zu wenig zwischen Eltern, die z.B. aufgrund einer Sucht erziehungsunfähig sind und Eltern, deren Erziehungsfähigkeit durch einen Trennungskonflikt emotional überlagert und erst dadurch eingeschränkt ist. In beiden Fällen beschränkt sich die staatliche Gewalt im Wesentlichen auf eine Schiedsrichterfunktion, wobei im Falle der Trennungsfamilien vor allem die Interessen der Partner von Rechtsanwälten vertreten werden, während das Kind keinen Anwalt hat und die Richter in der Regel überfordert sind.

Aber auch in Trennungsfamilien bleibt die Verantwortung für die Kinder in erster Linie bei den Eltern. Der Staat sollte verpflichtet werden, seine „Wächterfunktion“ nicht auf eine bloße Schiedsrichterfunktion zu reduzieren, sondern die in der Regel erhaltene, aber verdeckte Liebesfähigkeit und Liebeswilligkeit der Eltern gegenüber ihren Kindern durch einfühlsame Vermittlung zu mobilisieren und als Gegenmittel zu bestehenden Emotionen zwischen den Eltern wirksam werden zu lassen. Dazu reicht aber eine bloße juristische Ausbildung nicht aus.

Der Vorstand des Verband Familienarbeit äußert sich dazu: “Die gegenwärtige Rechtspraxis gegenüber Trennungsfamilien ist unbefriedigend. Auch die geplante Erwähnung von Kinderrechten im Grundgesetz bessert die Situation der betroffenen Kinder nicht, sondern begünstigt lediglich die Bevormundung durch den Staat. Unser Verband hält es dagegen für geboten, dass die ‚Wächterfunktion‘ des Staates vor jeder gerichtlichen Auseinandersetzung eine verpflichtende Mediation vorschreibt, die durch unparteiische und einfühlsame Fachleute zu erfolgen hat. Ziel muss sein, eine gerichtliche Auseinandersetzung überflüssig zu machen. Gerichtsurteile dürfen nur Notlösung sein.“

Fotoquelle: pixabay – geralt

Comments

  1. Gerhard Kehrer schreibt:

    Ich hatte jünst ebenfalls eine Petition gegen die zusätzliche Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz verfasst. Nach Nennung einer Nummer sind weitere Informationen über den Fortgang ausgeblieben.

    Petition 100789 – 29. Oktober 2019
    Petition an den Deutschen Bundestag
    Wortlaut der Petition
    Der Bundestag möge beschließen,
    • eine Aufnahme des „Kindswohlprinzips“ in das Grundgesetz ohne eine
    situationsbezogen eindeutige und evidenzbasierte Definition des Begriffes „Kindswohl“
    abzulehnen
    • eine unspezifizierte und undifferenzierte Verankerung von „Beteiligungsrechten des
    Kindes“ im Grundgesetz abzulehnen
    • dass vor Grundgesetzänderungen bezüglich Kinderrechten ein entsprechend
    spezialisiertes und für Parental Alienation zertifiziertes Fachpersonal gehört werden muss
    Begründung
    Gemäß einer Mitteilung in „beck-aktuell“, Verlag C.H.BECK, vom 28. Oktober 2019 möchte
    Frau Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) noch in diesem Jahr einen
    Gesetzentwurf zur ausdrücklichen Aufnahme von Kindergrundrechten in den Artikel 6 des
    Grundgesetzes vorlegen. Man habe sich u.a. mit den Regelungselementen „Verankerung des
    Kindeswohlprinzips“ und „Beteiligungsrechte des Kindes“ befasst.
    In Deutschland dürften ähnlich wie in den USA mehr als 1 % der Kinder Opfer einer ElternKind-Entfremdung sein (J.J. Harman, 2019, W. Bernet 2010, R.A. Warshak 2010). Hierzu muss
    man wissen, dass Fälle schwerer Entfremdung regelhaft hoch kontraintuitiv sind. In einer
    derartigen Konstellation sagen Kinder nicht, was sie meinen und meinen nicht was sie sagen.
    Daher gibt es auch keinerlei Belege für irgendeinen heuristischen oder therapeutischen Wert,
    wenn man versucht die verqueren kindlichen Erzählungen und Vorstellungen zu validieren
    und die kindliche Gefühle, die auf verzerrtem Denken beruhen, zu akzeptieren
    (L. Gottlieb 2019).
    Bei der Eltern-Kind-Entfremdung kommen die Gefühle des Kindes aus einer unangepassten
    Position, in der seine authentischen Gefühle hinter einer defensiven Spaltung verborgen sind.
    Diese defensive Spaltung entsteht, wenn das Kind einem unauflöslichen Dilemma
    gegenübersteht, welches durch psychischen Druck und in der Folge pathologische Anpassung
    an einen Elternteil entsteht. Eine Befragung des Kindes nach seinen Gefühlen ruft starke
    Abwehrreaktionen hervor. Angesichts der Tatsache, dass das Kind dabei eine Erzählung
    verwendet, die ihm durch eine pathologische Anpassung übermittelt wurde, werden solche
    Befragungen daher die pathologische Fusion mit dem entfremdenden Elternteil und damit
    den Grad der psychischen Kindesmisshandlung verstärken.
    Involvierte Personen, die ohne eine ausreichende Ausbildung versuchen, mit solchen Kindern
    umzugehen und eine Entfremdungs-Problematik zu managen, werden verantwortlich für eine
    Abfolge klinischer wie psychosozialer Katastrophen (S. Miller). Daher wurden vor gut einem
    Jahr beim Deutschen Bundestag zwei Petitionen eingereicht (Pet: 4-19-07-3005-010436, Pet
    4-19-07-451-012247), die helfen sollen, induzierte Eltern-Kind-Entfremdung zu bekämpfen.Mit dem Schutz der Familie (Art. 6 GG) und der körperlichen wie psychischen Unversehrtheit
    (Art. 2 GG) sind die Rechte der Kinder in unserem Grundgesetz bereits an herausragender
    Stelle geschützt. Das Grundgesetz hat sich in den Jahren seines Bestehens bewährt und
    verdiente es, vor kurzsichtigen, ideologisch motivierten Änderungen bewahrt werden.
    Würde man ohne eine exakte Definition dessen, was Kindeswohl sein soll, diesen Begriff in
    das Grundgesetz aufnehmen, würden nicht nur Tür und Tor für widerstreitende ideologisch
    motivierte Auslegungen geöffnet, sondern es würde auch psychischer Kindesmisshandlung
    geradezu der Weg gebahnt.

    • Johannes Resch schreibt:

      Das sehe ich ganz ähnlich. Bei der Diskussion um „Kinderrechte“ geht es im Grunde weniger um die Rechte der Kinder als darum, wer definiert, was Rechte eines KIndes sind. Nach dem jetzigen Wortlaut des GG liegt die Erstdefinition bei den Eltern und nur im Notfall beim Staat. Werden „Kinderrechte“ im GG ausdrücklich erwähnt, wird sich der Staat dabei gegenüber den Eltern als zumindest gleichberechtigt betrachten. Aufgrund seiner größeren Machtfülle könnte er dann letztlich allein bestimmen.

      Ganz entscheidend ist der Schutz der Familie nacht Art. 6 (1), weil es hier nicht nur um „Kinderrechte“ und „Elternrechte“ geht, sondern auch das Beziehungsgeflecht zwischen Eltern und Kindern unter „den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ gestellt wird. Das ist auch bei Trennungsfamilien zu beachten, indem die Verantwortung der Eltern gegenüber ihren Kindern als Gegengewicht zu ihren Emotionen in Stellung gebracht wird.

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