von Gertrud Martin
Am 21. Juni 2017 hatte der Familienbund der Katholiken anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl zu einer Podiumsdiskussion mit Kandidaten von fünf Parteien in die Räume der Katholischen Akademie Freiburg eingeladen.
Wir beschlossen, mit zwei Vertreterinnen unseren Verband zu repräsentieren, in der Hoffnung, in Sachen Familienpolitik „Neues“ zu hören und auch um uns einschlägig zu Wort zu melden. Allerdings war bereits in der Einladung mitgeteilt und begründet worden, dass die AfD außen vor gelassen werde. Insofern war die Chance für „Neues“ deutlich geschmälert, und wir fragten uns, wie demokratisch es wirklich sei, wenn der Veranstalter in eigener Machtanmaßung eine Partei ausschließt, obwohl diese offiziell zur Wahl zugelassen ist. Gerade die Auseinandersetzung mit einem noch wenig bekannten Programm und die Fragen, die sich daraus ergeben, müssen die Wählerschaft doch interessieren!
Auf dem Podium saßen: Maria-Lena Weiß, Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Tuttlingen, Rechtsanwältin; Dr. Adrian Hurrle, stellvertretender FDP-Kreisvorsitzender in Freiburg, Zahnarzt; Ella Müller, Kreisvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, wissensch. Mitarbeiterin Uni Freiburg; Prof. Dr. Lothar Schuchmann, Kandidat „Die Linke“ in Waldshut, Kinderarzt; Julien Bender, Vorsitzender des SPD-Kreisverbands Freiburg.
Die auf die Dauer von zwei Stunden anberaumte Veranstaltung wurde moderiert von Norbert Schwab, Katholische Akademie Freiburg und eingeleitet durch einen „sozialethischen Impuls“ von Frau Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer (Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre an der Uni Freiburg). Danach folgten drei Themendurchgänge mit den Statements der Parteienvertreter und jeweils einer kurzen Zusammenfassung durch Frau Nothelle-Wildfeuer. Abschließend war eine halbe Stunde Zeit für Fragen aus dem Publikum.
Um es vorwegzunehmen: Dieses Programm war hoffnungslos überladen und deshalb durch die Moderation kaum sinnvoll zu managen. Die Einführung von Frau Nothelle-Wildfeuer konnte naturgemäß mit philosophischen Betrachtungen zu Wesen und Funktion der Institution Familie wenig Dezidiertes zu aktuellen familienpolitischen Fragestellungen beitragen. In den Stellungnahmen der fünf Kandidaten zu den drei Themenkreisen wurden stellenweise große inhaltliche Übereinstimmungen deutlich, die uns sattsam bekannt sind, z.B. „Entlastung“ der Familie, vor allem der Mütter, durch intensive Nutzung eines qualitativ und quantitativ hochwertig auszubauenden außerfamiliären Betreuungs- und Bildungsangebots. Für die Idee einer Kindergrundsicherung (genannt wurden 600,- Euro/Monat) für die Kindergeld und Kinderfreibeträge und alle bisherigen unübersichtlichen Förderleistungen wegfallen würden, gab es fast einhellige Zustimmung, wobei es der FDP-Kandidat doch wieder mit Einkommensgrenzen versuchen wollte. Mit dem deutlichsten Plädoyer für mehr elterliche Präsenz überraschte ausgerechnet der Kandidat der Linken beim Thema „Mehr Zeit für die Familie“. Als Kinderarzt hat er offenbar den entsprechenden Erfahrungshintergrund. Maria-Lena Weiß plädierte als Betroffene mit zwei Kindern für mehr Engagement der Arbeitgeber in der Gestaltung familienfreundlicher Arbeitsplätze (Homeoffice). Bender, ein noch sehr junger, in der Wolle gefärbter SPD-Aufsteiger, vertrat sehr engagiert seine eher familienferne Parteilinie. Dasselbe gilt für Ella Müller (werdende Mutter), deren erkennbar größtes Anliegen es war, dass Partnerschaften ohne Trauschein nicht diskriminiert würden. Sie nutzte mit Verve den Slogan: „Familie ist da, wo Kinder sind“, ohne den ironischen Schluss zu bedenken, dass das ja dann wohl die Kita wäre!
Trotz redlichen Bemühens des Moderators blieb für die Fragen des Publikums viel zu wenig Zeit. Viele Wortmeldungen blieben unaufgerufen, so auch unsere.
Im privaten Gespräch mit Frau Nothelle-Wildfeuer versuchten wir, ihr unsere Vorstellung von der Ebenbürtigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit nahezubringen. Ihre strikte Ablehnung begründete sie damit, dass es sich bei den beiden Arbeitsbereichen um „verschiedene Kategorien“ handle. Unsere Anmerkung, die Vereinbarkeitsmasche der Familienpolitik ziehe die Eltern aus den Familien ab, konterte sie mit der Erzählung von einer ihrer Mitarbeiterinnen, die vier Kinder aufziehe und dieses mit einem 25%-Arbeitsvertrag hervorragend vereinbare. Nur ein wenig stutzte sie, als wir fragten, wo dann die restlichen 75 Prozent des Familieneinkommens herkämen. Dann lächelte sie und glaubte wohl, wir machten einen Scherz.
Fazit unserer Reise nach Freiburg: Außer Spesen nichts gewesen!