Anlässlich der Aussicht auf eine mögliche Jamaika-Koalition von CDU/CSU, Bündnisgrünen und FDP stellte sich für besonders an der Familienpolitik Interessierte die Frage, welcher Partei das Familienministerium zugesprochen werden solle. Nachdem die CSU sich in der Vergangenheit am ehesten für die Stärkung der Familie aufgeschlossen gezeigt hat, wandten wir uns mit folgendem Schreiben an Herrn MP H. Seehofer.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
in der Wahl vom 24. September haben die beiden großen Volksparteien, die seither in einer großen Koalition regierten, reichlich Federn lassen müssen. Aus Sicht des Verbands Familienarbeit e.V. geschah dies nicht grundlos. Wir erinnern an unser Schreiben, das wir mit Datum 24.04.2017 an Sie richteten, in dem wir einige sehr wunde Punkte der aktuellen Familienpolitik angesprochen und zur Revision empfohlen haben. Als Beispiele seien hier noch einmal genannt:
- Die Rentenungerechtigkeit, der zufolge die Eltern, die den Rentenzahlernachwuchs aufziehen, von dieser Leistung die geringste „Rendite“ zu erwarten haben, während Rentner/innen, die ohne Verantwortlichkeit für eigene Kinder lückenlos erwerbstätig sein konnten, tendenziell die höchsten Renten bekommen. Auch Steuerzuschüsse an die Rentenkasse sind von der jungen Generation zu stemmen!
- Das sozial und demografisch blinde Elterngeld, das nicht die Erziehungsleistung der Eltern anerkennt, sondern als Lohnersatz quasi einen „Schadensersatz wegen Geburt eines Kindes“ darstellt. Schon allein psychologisch betrachtet ist dies eine fatale Botschaft. In der Praxis stellt das Elterngeldgesetz aber die Weichen dazu, dass vor allem Mehrkind-Eltern, die nicht bereit sind, ihre Kinder nach einem Jahr in fremde Hände zu geben, mit dem Mindestsatz abgespeist werden, während Paare, die vor der Geburt eines ersten Kindes wirtschaftlich schon gut gestellt sind, ein Vielfaches beziehen.
- Die massive und einseitige Subventionierung der Krippen, Kitas und Ganztagsbetreuungsangebote, während selbst betreuende Eltern nicht nur ohne alle Anerkennung ihrer Betreuungsleistung bleiben, sondern auch geradewegs in die Altersarmut laufen.
Alle etablierten Parteien scheinen sich darin einig zu sein, dass Eltern dahingehend „erzogen“ sprich: gegängelt werden müssen, es „normal“ zu finden, dass der Staat ihnen die Erziehung ihrer Kinder weitgehend aus der Hand nimmt. Art 6 des Grundgesetzes bewirkt keinerlei Skrupel! Die Familienpolitik unter dem Motto „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist ein übler Euphemismus, der den Eltern eine Freiheit vorgaukelt, die den Zusammenhalt der Familien untergräbt. Eltern sollen in der Tendenz so leben können wie Kinderlose. Vor allem die ehemals konservativen Parteien müssen sich fragen, wohin sie da geraten sind!
Nun steht uns vermutlich eine Regierungskoalition von CDU/CSU, FDP und Grünen ins Haus. Was können/müssen wir Familienmenschen davon erwarten?
Alle Beteiligten teilen mehr oder weniger die oben beschriebene Sichtweise auf Familie und darüber hinaus die Überzeugung, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau nur über die Gleichstellung in der Erwerbsarbeit zu erreichen sei. Menschen, die über mehrere Jahre eigene Kinder großziehen, sind „selbst schuld“, wenn sie von der Gleichberechtigung ausgeschlossen sind. Welch ein Irrweg!
Die Grünen haben ihre Segel aber voll in diesen Wind gestellt.
Die FDP, einstmals die Streiter für Humanismus und persönliche Freiheit, sind zur Klientelpartei der Wirtschaft mutiert und schränken die Erziehungsfreiheit der Eltern bedenkenlos ein, um sie für den Arbeitsmarkt verfügbar zu machen.
Die CDU zeigt bisher keinerlei eigenständige, vom Mainstream abweichende Initiativen. Bleibt die CSU. Als „kleinstes Übel“? Als familienpolitischer Leuchtturm?
Gerne wollen wir unsere Hoffnung bekennen, dass die CSU darum kämpfen möge, das Familienministerium zu besetzen, um bis zur nächsten Wahl bei der konservativen Wählerschaft Boden gutzumachen.
In diesem Sinne verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Gertrud Martin