Antwort der Parteien in Sachsen-Anhalt auf die Wahlprüfsteine für die Landtagswahl 2016

1. Betreuungsgeld
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21. Juli 2015 die Zuständigkeit für ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in einer Krippe oder bei einer staatlich anerkannten Tagesmutter betreuen lassen, den Ländern zugeordnet. Damit liegt es im Verantwortungsbereich der Länder, die bisherige Benachteiligung selbst betreuender Eltern, die sich aufgrund der massiven einseitigen Subventionierung der Fremdbetreuung (Kinderkrippen und Tagesmütter) ergibt, zu vermindern bzw. ganz abzubauen.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Landtag dafür einsetzen, dass in Sachsen-Anhalt ein Landesbetreuungsgeld für Eltern, die ihre U3-Kinder selbst betreuen, eingeführt wird?
Wenn ja, welche Höhe des Betreuungsgeldes strebt Ihre Partei an?

CDU: Sehr geehrte Damen und Herren, für die Übersendung des Wahlprüfsteins Ihres Verbandes danke ich Ihnen. Nach meinen Recherchen verfügt Ihr Verband in Sachsen-Anhalt weder über einen Landesverband noch ist mir ein Verband in Sachsen-Anhalt bekannt, der bei Ihnen Mitglied ist. Auch Ihrer Homepage konnte ich keinen Hinweis auf Mitglieder aus Sachsen-Anhalt entnehmen.
Angesichts der Vielzahl der hier eingehenden Wahlprüfsteine und des Umfangs Ihrer Wahlprüfsteine haben Sie sicherlich Verständnis dafür, dass ich nicht auf alle Ihre Einzelfragen sondern bisweilen auf Ihre Themenblöcke in Gänze antworte.

Nein, die Erfahrungen mit der Inanspruchnahme des ehemals bundesgesetzlich geregelten Betreuungsgeldes für den in Rede stehenden Personenkreis haben gezeigt, dass hierfür in Sachsen-Anhalt kein Bedarf besteht. In keinem anderen Bundesland war die Inanspruchnahme dieser Leistung so gering wie in Sachsen-Anhalt. Die CDU will, dass die Bundesmittel stattdessen zur Entlastung der Eltern von hohen Beitragslasten im Kita-Bereich verwandt werden.

Linke: Das Beispiel Thüringen hat die negativen Auswirkungen eines Landesbetreuungsgeldes gezeigt. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt lehnt die Einführung eines Landesbetreuungsgeldes in Sachsen-Anhalt ab.

SPD: Nein. Mit der SPD wird es in Sachsen-Anhalt kein Landesbetreuungsgeld geben. Ein solches würde auch dem Willen der überwiegenden Mehrheit der Eltern in unserem Bundesland entgegenstehen. Im Gegenteil: die Nachfrage nach Betreuungsplätzen im Bereich der unter 5jährigen ist nach wie vor groß. Schon jetzt nimmt Sachsen-Anhalt mit einer Betreuungsquote für diese Altersgruppe von 57,9% die Spitzenposition in Deutschland ein.

Grüne: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Wahlfreiheit aller Eltern. Diese Wahlfreiheit besteht unseres Erachtens dann vollständig, wenn Eltern neben der häuslichen Betreuung auf ein gut ausgebautes Angebot einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung zurückgreifen können. Gerade im Bereich der Personalschlüssel ist dies in Sachsen-Anhalt noch nicht erreicht. Daher legen wir unsere Priorität auf die Verbesserung der Personalsituation in den Einrichtungen. Gleichzeitig führt die aktuelle Entwicklung im Bereich der Kitabeiträge dazu, dass diese mancherorts den Boden der Sozialverträglichkeit verlassen. Entsprechend steht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin zu dem vom Landtag einstimmig gefassten Beschluss die Gelder des Betreuungsgeldes vom Bund zur Senkung der Elternbeiträge einzusetzen. Ein Landesbetreuungsgeld streben wir nicht an.

FDP: Die Freien Demokraten sind für eine freie Entscheidung der Eltern, ob diese ihr Kind selbst betreuen oder es in eine Form der Tagesbetreuung bringen. Die Einführung eines Betreuungsgeldes hielten wir schon im Bund für falsch, obwohl es aus Koalitionsdisziplin mitgetragen wurde. Eine Einführung auch im Land werden wir nicht befördern. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit der Familien hier im Land, dass nur ein Elternteil arbeiten geht, wenn beide einen Arbeitsplatz hätten. Die Gefahr der Verlagerung der Entscheidung zugunsten eines weiteren Familieneinkommens bei arbeitslosen Eltern sehen wir als gegeben und somit als die falsche Entscheidungsgrundlage, die Kinder selbst zu betreuen und zu fördern oder dies einer Einrichtung oder Tagesmutter anzuvertrauen. Die Kindertagesstätten im Land bieten ein reichhaltiges und wichtiges Bildungsangebot für die Kinder, das nur schwer in gleicher Form durch eine Familie erbracht werden kann.

2. „Gleichstellungspolitik“
Die Landesregierungen tragen über den Bundesrat auch eine Mitverantwortung für die Bundespolitik. Unter dem Begriff „Gleichstellungspolitik“ versucht die gegenwärtige Bundesregierung den Eindruck zu erwecken, diese diene der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Definition der Bundesregierung: „Dafür müssen Frauen und Männern über ihren gesamten Lebensweg hinweg die gleichen Chancen eröffnet werden – sei es persönlich, im Beruf oder in der Familie.“ (http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Gleichstellung/politik-fuer-frauen-und-maenner.html)

Tatsächlich wird die Bundesregierung diesem Anspruch selbst nicht gerecht. So werden z.B. besonders Müttern mehrerer Kinder – gegenüber kinderlosen Frauen – keine vergleichbaren Chancen zur Verwirklichung ihres Lebenskonzepts eröffnet. Als Beispiel sei hier das Elterngeldgesetz genannt. Eltern (meist Mütter), die vor einer weiteren Geburt wegen der Betreuung bereits vorhandener Kleinkinder nicht erwerbstätig waren, also angeblich „nicht gearbeitet“ haben, werden mit dem Mindestbetrag abspeist. Gleichzeitig erhalten Eltern mit erstem Kind, die vor einer Geburt bei der Erwerbsarbeit nicht eingeschränkt waren, den bis zu 6-fachen Betrag als Elterngeld.

Mütter (und Väter), die ihre Kinder länger als ein Jahr selbst betreuen wollen, werden massiv benachteiligt. Für sie wurde selbst die minimale Anerkennung (Betreuungsgeld von 150 €) gestrichen, während Krippenbetreuung mit mindestens 1000 €/ Monat staatlich subventioniert wird.

Schon diese beiden Beispiele zeigen, dass die „Gleichstellungspolitik“ der Bundesregierung keine Chancengleichheit für verschiedene Lebensentwürfe schafft, sondern eine Bevormundung darstellt, indem Mütter und Väter dazu gedrängt werden, sich in einer von der Wirtschaft oder ideologisch vorgegebenen Weise zu verhalten. – Unabhängig von dieser Diskriminierung einzelner Elterngruppen (Mehr-Kind-Familien, selbst betreuende Eltern), wurde bereits im 5. Familienbericht (1994, Seite 21) eine allgemeine „strukturelle Rücksichtslosigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber den Familien“ beschrieben, die sich besonders aufgrund unseres Rentenrechts ergibt. Diese allgemeine Diskriminierung der Eltern wurde seitdem nicht abgebaut, sondern im Rahmen der gegenwärtigen „Gleichstellungspolitik“ sogar noch weiter verschärft.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Bundesrat für eine Beseitigung der sich aufgrund des Elterngeldgesetzes ergebenden Diskriminierung von Eltern mehrerer Kinder einsetzen?

CDU: Die CDU Sachsen-Anhalt wird sich nicht für die Beseitigung der in Ihrer Frage unterstellten Diskriminierung aufgrund des Elterngeldgesetzes einsetzen, da wir die von Ihnen behauptete Diskriminierung nicht erkennen. Ziel unserer Familienpolitik ist es, für die Eltern eine größtmögliche Wahlfreiheit zu eröffnen. Familienpolitik in einem freiheitlichen Verständnis bedeutet, für Eltern den staatlichen Rahmen zu schaffen, dass sie für und mit ihren Kindern die für sie angemessene und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Leistungen wählen können, ohne sich für ihre individuelle Entscheidung gesellschaftlich rechtfertigen zu müssen.

Familien stärken, heißt für uns, für die Organisation ihres Alltags einerseits verlässliche Rahmen zu schaffen und andererseits flexible Spielräume zu eröffnen.
Wir treten dafür ein, dass Familien mit Kindern finanziell stärker entlastet und bessergestellt werden durch ein gerechteres, die Familienleistung und Kindererziehung stärker berücksichtigendes Steuersystem. Eine besondere Besteuerung von kinderlosen Paaren halten wir dabei für kein geeignetes Instrument.

Linke: DIE LINKE. Sachsen-Anhalt sieht Eltern, die während des Elterngeldbezugs erneut Kinder bekommen, bei der dann verlängerten Elterngeldzahlung nicht benachteiligt, da stets auf die letzten 12 Monatseinkommen aus Erwerbstätigkeit zurückgegriffen wird und die Elterngeldmonate nicht in die Berechnung aufgenommen werden. Dies ist auch logisch, da es sich beim Elterngeld um eine Lohnersatzleistung handelt.
Rechnerisch bildet das Einkommen die Basis für eine Lohnersatzleistung, nicht die Lohnersatzleistung selbst.

SPD: Wir sehen keine Diskriminierung. Das Elterngeld war von Anfang an darauf ausgerichtet, die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit und auch die Einbindung der Väter bei der Betreuung von Säuglingen zu unterstützen. Familie zu haben und seine Frau oder sein Mann in einem Beruf zu stehen, sind für uns keine gegenseitigen Ausschlusskriterien.
Verantwortungsvolle Eltern werden immer zuallererst eine Entscheidung der Form der Betreuung ihres Kindes oder ihrer Kindern davon abhängig machen, ob es ihrem Nachwuchs auch gut mit dieser Entscheidung geht.

Frage: Wird sich Ihre Partei darüber hinaus für eine Gleichberechtigung der Mütter/ Väter einsetzen, die ihre Kinder länger als das erste Lebensjahr selbst betreuen?

CDU: In Sachsen-Anhalt werden alle Eltern gleichbehandelt. Es steht allen Eltern frei, ob sie ihre Kinder bis zum Beginn der Schulpflicht selbst betreuen oder auf die flächendeckend vorhandenen Angebote der Betreuung in Kindertagesstätten stundenweise oder ganztags zurückgreifen. Die Erwerbsneigung der Menschen in Sachsen-Anhalt ist so groß, dass wir deutschlandweit seit Jahren die höchste Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren haben. Diese Quote steigt auf nahezu 100 Prozent bei den drei- bis sechsjährigen Kindern.

Linke: Allen Eltern steht die Entscheidung, wie lange sie ihr Kind häuslich betreuen wollen, grundsätzlich frei. Eltern können wählen, ob sie einen Kita-Platz in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Natürlich hat dieser Entscheidungsspielraum auch gewisse Grenzen (Notwenigkeit eines Erwerbseinkommens z.B.).

SPD: Es steht jedem frei, die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu nutzen oder die Kinder lieber vollständig allein zu Hause zu erziehen. Kinder in Kindertageseinrichtungen zu bringen heißt nicht, die Betreuung dieser vollständig in fremde Hände zu legen. Die Eltern, die das Angebot einer stundenweisen Betreuung gemeinsam mit anderen Kindern in Anspruch nehmen, erziehen ihre Kinder auch selbst.
In Sachsen-Anhalt wollen die meisten Eltern berufstätig sein. Deshalb auch die hohe Betreuungsquote bei den unter 3jährigen. Mit zunehmendem Alter der Kinder, steigt diese bis auf 96% an. Wir halten qualitative Kindertageseinrichtungen mit einem Bildungsprogramm für eine gute Entwicklungs- und Begegnungsmöglichkeit unter Gleichaltrigen und fördern diese daher vom Land. Jede Familie kann frei entscheiden, ob sie dieses Angebot annimmt oder nicht.

Frage: Hält es Ihre Partei für mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn der Staat über die gesetzliche Zuerkennung oder Nicht-Zuerkennung staatlicher Leistungen, Eltern in ihrer Entscheidung, wie sie ihre Kinder erziehen, zu beeinflussen versucht, wie das durch die Ausgestaltung des Elterngeldgesetzes und die einseitige Finanzierung der Fremdbetreuung geschieht?

CDU: Die in der Frage behauptete Beeinflussung der Eltern durch den Staat besteht tatsächlich nicht. Es ist und bleibt dem Elternwillen vorbehalten, ob Eltern die vorhandenen Angebote nutzen oder nicht. Niemand wird in Sachsen-Anhalt aufgefordert, oder gar wie unterstellt gezwungen, sein Kind in einer Kindertagesstätte betreuen zu lassen. Mit Ausnahme der Schulpflicht schreibt der Staat den Eltern nichts vor.

Linke: Ja, DIE LINKE. Sachsen-Anhalt hält die genannten Punkte für grundgesetzkonform. Die Frage, ob Elterngeld beantragt wird oder nicht, hat primär nichts mit der Frage zu tun, wie Eltern ihre Kinder erziehen, sondern soll Eltern – wenn gewünscht – Freiräume ermöglichen, ausreichend Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können. Daneben unterbreitet der Staat mit der Finanzierung der Kinderbetreuung Eltern ein Angebot, dass diese annehmen können – nicht müssen.

SPD: Der Staat beeinflusst die Eltern nicht. Auch schreibt er den Eltern nichts vor. Er macht lediglich ein Angebot. Ob die Eltern es annehmen oder nicht, liegt in deren eigenem Ermessen.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Bundesrat auch über eine Korrektur der aktuellen „Gleichstellungspolitik“ hinaus, für einen Abbau der schon im 5. Familienbericht beschriebenen „strukturellen Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ einsetzen?
Wenn ja, in welcher Weise können Sie sich das vorstellen?

CDU: Seit der im 5. Familienbericht der Bundesregierung beschriebenen „strukturellen Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ ist auf dem Gebiet der Gleichstellungspolitik sehr viel passiert und sehr viel für die Familien erreicht worden. Hieran werden wir auch zukünftig weiter mitwirken. Neben der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt zunehmend auch die Frage der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für Frauen und Männer eine Rolle. Auch hier gilt es Freiräume zu schaffen, damit Angehörige, solange wie möglich, in ihren eigenen vier Wänden verbleiben können. Dazu gehört neben flexiblen Arbeitszeiten mit Lebenszeitkonten und innovativen Arbeitsmodellen wie Telearbeit auch der Aufbau ergänzender ambulanter unterstützender Hilfen für alle pflegenden Angehörigen.

Familien sollen sich darauf verlassen können, wenn notwendig, stärker als bisher haushalts- und familienunterstützende Dienstleistungen zu erhalten. Den Bedürfnissen der großen Anzahl alleinerziehender Eltern wollen wir dabei besondere Rechnung tragen. Die derzeit existierenden Rahmenbedingungen und klassischen finanziellen Förderinstrumente für Familien sind nur bedingt auf die vielfältigen Lebensbilder und -situationen von Familien ausgerichtet. Wir wollen uns im Land und im Bund dafür einsetzen, dass sie angepasst und konsequent weiterentwickelt werden. Daher werden wir Familien stärken und Familien mit Kindern finanziell stärker im Steuersystem entlasten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als landespolitische Daueraufgabe verstehen.

Linke: Eine zentrale Rolle bei der Frage, Perspektiven für Familien zu schaffen, spielen augenscheinlich attraktive Berufsperspektiven und gute Einkommensbedingungen. Das kann Politik nicht allein bewirken. Sie kann und muss aber mehr als bisher Bedingungen schaffen und wieder aktiver werden.
Hierzu hat DIE LINKE. Sachsen-Anhalt eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Sie reichen vom Zurückdrängen prekärer Arbeitsverhältnisse durch ein Vergabegesetz über ein Modell der Gemeinwohlarbeit mit Mindestlohn, mehr Stellen im öffentlichen Dienst bis zur Innovationsstrategie zur Ansiedlung von Unternehmen.
Darüber hinaus muss das gesellschaftliche Umfeld kinder-, jugend- und familienfreundlicher gestaltet werden. Dazu sind auch entsprechende finanzielle Mittel zu erhalten bzw. bereitzustellen. Ebenso ist eine gute Infrastruktur für Betreuung, Bildung und Erziehung wichtig, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.
DIE LINKE. Sachsen-Anhalt sieht Betriebe und Unternehmen in der gesellschaftlichen Verantwortung, sich auf die Bedürfnisse von Familien und ihren Kindern verstärkt einzustellen. Der Wirtschaft selbst unterstellen wir ein Interesse an familienfreundlichen Unternehmensstrukturen, da diese die betriebliche Atmosphäre und die Arbeitsmotivation positiv beeinflussen und somit zu Leistungs- und Produktivitätssteigerungen beitragen können. Dies geschieht bisher in ungenügendem Maße.
DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird sich daher für die Schaffung von Anreizen für familienfreundliche Strukturen im Unternehmen einsetzen. Dazu können die Einrichtung und öffentliche Förderung von Betriebskindergärten, Betriebspatenschaften mit Kindertageseinrichtungen und die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle wie z.B. Jobsharing zählen. Konkrete Maßnahmen sollen dabei im Dialog mit der Wirtschaft entwickelt werden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für DIE LINKE. Sachsen-Anhalt zentrales Anliegen.

SPD: Wir halten die Entwicklungen in der Gleichstellungspolitik für positiv, auch wenn noch nicht alles, was vorstellbar und wünschenswert wäre, umgesetzt werden konnte.
Bei der im 5. Familienbericht beschriebenen „strukturellen Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ kommt es auf die Betrachtung dieser Aussage an. Wir verstehen darunter, die in der Arbeitswelt eher als Nachteil angesehene Familienarbeit insgesamt. Damit ist nicht in erster Linie die vollständige Betreuung von Kindern zu Hause gemeint. Vielmehr wird darauf verwiesen, dass die von Müttern und Vätern geleistete Familienarbeit als Nachteil in einer auf Mobilität ausgerichteten Berufswelt angesehen wird, da als perfekter Arbeitnehmer nach wie vor der allzeit verfügbare, zeitlich unbegrenzt einsetzbare Single gilt. Diese einseitige Sichtweise wurde bemängelt und stellt eine Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien dar.
Die SPD setzt sich dafür ein, dass die Erfahrungen der Eltern in der Erziehungs- und Betreuungsarbeit und die erlangten Kompetenzen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf höher bewertet werden. Die Erfahrungen und erlernten Fähigkeiten sind sowohl für die gesamte Gesellschaft als auch für die Wirtschaft von enormem Vorteil. Das wird leider viel zu wenig zur Kenntnis genommen. Die Erziehungszeit könnte auch als Qualifizierungszeit betrachtet und gewertet werden, die die jeweilige Person mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet hat.

Grüne:
Die geringe Anerkennung sogenannter Care-Arbeit sehen wir BÜNDNISGRÜNE ebenfalls sehr kritisch. Dies betrifft oftmals Frauen, die dann auf Grund der Betreuung ihrer Kinder und der Pflege von Angehörigen berufliche und ökonomische Abstriche in Kauf nehmen (müssen). Etwa in der Rentenpolitik fordern wir deshalb im Rahmen der GRÜNEN Garantierente eine weit bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten, so dass auch diese Formen der Arbeit die Rente auf ein Niveau oberhalb von Sozialleistungen heben.

Zur ökonomischen Besserstellung von Familien streben wir außerdem eine Kindergrundsicherung an. Denn jedes Kind sollte dem Staat gleich viel wert sein. Das jetzige Kindergeld kommt aber insbesondere Besserverdienenden mittels der Kinderfreibeträge zu Gute. Wir wollen für jedes Kind eine gemeinschaftlich getragene Grundsicherung unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern. So würden die Gelder, die bisher in den Kinderregelsatz, den Kinderzuschlag und das Kindergeld fließen zu einer universellen Kindergrundsicherung zusammengeführt werden. Und das Kind wird dadurch direkt anerkannt als eigenständiges Rechtssubjekt.

Im konkreten Falle des Elterngeldes stehen wir BÜNDNISGRÜNE für das Modell der „Familien-Zeit-Plus“: Dabei hat jedes Elternteil bis zum 14. Geburtstag des Kindes Anspruch auf acht Monate Familienzeit, weitere acht Monate können sich die Eltern flexibel untereinander aufteilen (8+8+8). Auch Alleinerziehende haben einen Anspruch auf 24 Monate FamilienZeitPlus. Daher können wir ihre Frage: „ob wir uns für Eltern einsetzen, die ihr Kind länger als 1 Jahr betreuen wollen“, umfänglich bejahen. Denn mit der GRÜNEN „Familien-Zeit-Plus“ können sie zum Beispiel auch wegen der 13-jährigen Tochter im Job zeitweise kürzertreten – und nicht nur für den Säugling. Mit der grünen FamilienZeitPlus wollen wir Eltern größere Entscheidungsspielräume ermöglichen.

FDP: Gleichstellungspolitik meint Chancengleichheit, nicht Herstellung von gleichen Bedingungen im finanziellen Status von Familien, egal woher auch immer das Geld käme. Elterngeld hat seine Bezugsgröße im Einkommen verbunden mit der Philosophie, dass Eltern ihren Lebensstandard ungefähr aufrecht erhalten können, wie er vor der Geburt des Kindes war so lange, wie man eine berufliche Auszeit nimmt. Es sollte einen Anreiz schaffen insbesondere bei den Frauen, wo die Geburtenrate besonders niedrig ist, also bei hoch qualifizierten Frauen mit gut bezahlten Jobs. Elterngeld stellt keinen Lohn fürs Kinderkriegen dar, wie es in ihren Fragestellungen indirekt gefordert wird. Darum ist unsere Antwort auf den ganzen Fragenkomplex: Der Staat hat die Aufgabe, durch Unterstützungsleistungen Bedingungen zu schaffen, die eine Familienplanung erleichtern. Dazu gehört auch die vorübergehende finanzielle Direktleistung an junge Eltern durch Lohnersatzleistungen (Elterngeld). Darüber hinaus sehen wir die Hauptverantwortung der Versorgung der Familie wieder bei den Eltern. Der Staat springt hier nur ein, wenn es den Eltern aufgrund von Erwerbslosigkeit nicht möglich ist, ihre Familien zu ernähren. Jede Familie kann für sich selbst entscheiden, ob dafür beide Eltern berufstätig sein sollen oder ob das Einkommen eines Elternteils reicht. Damit diese Entscheidung, berufstätig zu bleiben, auch durch die Frauen frei getroffen werden kann, braucht es ein flächendeckendes Netz an Kindertagesbetreuungsangeboten. Das ist für uns Chancengleichheit, die Chance für jedes Elternteil, eigenverantwortlich seinen Lebensunterhalt und den der Familie bestreiten zu können. Eine Art ständiges Einkommen aus Steuermitteln für Eltern auf Grundlage der Kinderzahl erfolgt bereits über das Kindergeld. Eine Aufstockung dieses Einkommens ist aus unserer Sicht nicht erforderlich.