Antwort der Parteien in Baden-Württemberg auf die Wahlprüfsteine für die Landtagswahl 2016

1. Betreuungsgeld
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21. Juli 2015 die Zuständigkeit für ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in einer Krippe oder bei einer staatlich anerkannten Tagesmutter betreuen lassen, den Ländern zugeordnet. Damit liegt es im Verantwortungsbereich der Länder, die bisherige Benachteiligung selbst betreuender Eltern, die sich aufgrund der massiven einseitigen Subventionierung der Fremdbetreuung (Kinderkrippen und Tagesmütter) ergibt, zu vermindern bzw. ganz abzubauen.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Landtag dafür einsetzen, dass in Baden-Württemberg ein Landesbetreuungsgeld für Eltern, die ihre U3-Kinder selbst betreuen, eingeführt wird?

CDU: Das Betreuungsgeld des Bundes ist in Baden-Württemberg eine Erfolgsgeschichte, von der mehr als 100.000 Familien profitieren. Sie wollen wir auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht im Regen stehen lassen. Die Mittel, die der Bund in diesem Bereich künftig an die Länder gibt, wollen wir auch weiterhin für unsere Familien reservieren. Wir wollen mit einem „Familiengeld Baden-Württemberg“ einen familienpolitischen Akzent für diejenigen setzen, die sich für eine Betreuung ihrer Kinder zu Hause entscheiden.

SPD: Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihr Text für die Wahlprüfsteine Anlass zu Missverständnissen gibt. – So wurde etwa das Betreuungsgeld nicht von der Bundesregierung „gestrichen“, sondern das zugrunde liegende Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt.

FDP: Die Freien Demokraten erachten die Zielrichtung eines Betreuungsgeldes, also die Zahlung einer staatlichen Leistung dafür, dass eine andere öffentliche Leistung – nämlich die Kinderbetreuung – nicht in Anspruch genommen wird, als verfehlt. Aus unserer Sicht ist der Ausbau einer qualitativ hochwertigen Kleinkindbetreuung der bessere Weg. Wir treten dafür ein, Einrichtungen der Kindertagesbetreuung vor allem auch als Bildungseinrichtungen zu begreifen. Unser wichtigstes Ziel ist es, eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangebote sicherzustellen. Gleichzeitig betrachten wir Freie Demokraten es als unseren Auftrag, für eine möglichst große Wahlfreiheit der Eltern zu sorgen. Eine Betreuung durch Tageseltern ist als gleichwertig mit einer Betreuung in einer Kindertagesstätte anzuerkennen und auch entsprechend zu bezuschussen.

Linke: DIE LINKE begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Abschaffung des Betreuungsgelds. – Das Betreuungsgeld des Bundes war eine äußerst umstrittene Leistung für Familien, die nur diejenigen Familien erhielten, die keinen Kitaplatz für ihr unter dreijähriges Kind in Anspruch nahmen. Das Betreuungsgeld des Bundes sollte die Wahlfreiheit zwischen Betreuung in einer Kindertageseinrichtung und Betreuung in der Familie ermöglichen. Vielerorts konnte von einer Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Familienmodellen aber gar keine Rede sein. Denn trotz des gesetzlichen Rechtsanspruchs seit August 2013 gibt es in vielen Teilen Deutschlands kein ausreichendes und bedarfsgerechtes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen. Außerdem ist es ein absolutes Novum gewesen, dass der Staat für die Nicht-Inanspruchnahme einer öffentlichen Infrastrukturleistung finanziell entschädigt. Mit dem Argument der Anerkennung von Erziehungsleistungen über ein Betreuungsgeld wurde außerdem suggeriert, dass nur Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, ihre Kinder erziehen. Dies ist aber nicht der Fall. Alle Eltern leisten beachtliche Erziehungsarbeit und dies über einen Zeitraum, der weit über die ersten Lebensjahre hinausgeht. Mit dem Betreuungsgeld sollte aber nur eine Erziehungsleistungsform finanziell anerkannt werden. Gleichzeitig kam das Betreuungsgeld nicht allen Eltern zu Gute: Familien im Hartz-IV-Bezug wurde das Betreuungsgeld als Einkommen angerechnet und somit wieder abgezogen. So wurden Familien, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind und auf Grund des bestehenden Mangels an Betreuungsplätzen oder wegen ihrer Erwerbslosigkeit keinen Kinderbetreuungsplatz bekommen, sowohl ohne Kitaplatz als auch ohne Betreuungsgeld dastehen und wären somit doppelt benachteiligt. Statt eines Landesbetreuungsgeldes fordern wir den Ausbau einer flächendeckenden, gebührenfreien und öffentlichen Kinderbetreuung.

ÖDP: Die ÖDP setzt sich für die Einführung eines Erziehungsgehalts auf Bundesebene ein, das allen Eltern gezahlt werden soll. Dieses steuer- und sozialversicherungspflichtige Gehalt soll den Eltern echte Wahlfreiheit ermöglichen, ob sie ihr Kind in Fremdbetreuung geben oder es daheim selbst betreuen und erziehen. Es ist eine Gegenleistung für die Erziehungsarbeit, die heute aufgrund unseres Sozialrechts der gesamten Gesellschaft zugutekommt. Es ist deshalb auch Bundessache. – Ein Landesbetreuungsgeld halten wir nur für eine Notlösung, die aber zu fordern ist, solange es kein Erziehungsgehalt gibt. Deshalb werden wir uns im Landtag für ein Betreuungsgeld einsetzen, das aber deutlich über 150 € liegen soll.

AfD: In ihrem Landtagswahlprogramm fordert die AfD Baden-Württemberg die Weiterführung des Betreuungsgeldes durch das Land.

Frage: Wenn ja, welche Höhe des Betreuungsgeldes strebt Ihre Partei an?

ÖDP: Wir halten ein Betreuungsgeld etwa in Höhe der Kosten eines Krippenplatzes für angemessen (mindestens 1.000 €/ Monat), um eine Gleichberechtigung aller Eltern zu erreichen.

AfD: Im Weiteren heißt es, das Betreuungsgeld solle „im Sinne eines Erziehungsgehalts gesteigert werden, damit Eltern wirklich frei entscheiden können, ob sie ihr Kind selbst betreuen oder in die Obhut einer öffentlichen Einrichtung geben wollen.

2. „Gleichstellungspolitik“
Die Landesregierungen tragen über den Bundesrat auch eine Mitverantwortung für die Bundespolitik. Unter dem Begriff „Gleichstellungspolitik“ versucht die gegenwärtige Bundesregierung den Eindruck zu erwecken, diese diene der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Definition der Bundesregierung: “Dafür müssen Frauen und Männern über ihren gesamten Lebensweg hinweg die gleichen Chancen eröffnet werden – sei es persönlich, im Beruf oder in der Familie.“ (http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Gleichstellung/politik-fuer-frauen-und-maenner.html)

Tatsächlich wird die Bundesregierung diesem Anspruch selbst nicht gerecht. So werden z.B. besonders Müttern mehrerer Kinder – gegenüber kinderlosen Frauen – keine vergleichbaren Chancen zur Verwirklichung ihres Lebenskonzepts eröffnet. Als Beispiel sei hier das Elterngeldgesetz genannt. Eltern (meist Mütter), die vor einer weiteren Geburt wegen der Betreuung bereits vorhandener Kleinkinder nicht erwerbstätig waren, also angeblich „nicht gearbeitet“ haben, werden mit dem Mindestbetrag abspeist. Gleichzeitig erhalten Eltern mit erstem Kind, die vor einer Geburt bei der Erwerbsarbeit nicht eingeschränkt waren, den bis zu 6-fachen Betrag als Elterngeld.

Mütter (und Väter), die ihre Kinder länger als ein Jahr selbst betreuen wollen, werden massiv benachteiligt. Für sie wurde selbst die minimale Anerkennung (Betreuungsgeld von 150 €) gestrichen, während Krippenbetreuung mit mindestens 1000 €/ Monat staatlich subventioniert wird.

Schon diese beiden Beispiele zeigen, dass die „Gleichstellungspolitik“ der Bundesregierung keine Chancengleichheit für verschiedene Lebensentwürfe schafft, sondern eine Bevormundung darstellt, indem Mütter und Väter dazu gedrängt werden, sich in einer von der Wirtschaft oder ideologisch vorgegebenen Weise zu verhalten. – Unabhängig von dieser Diskriminierung einzelner Elterngruppen (Mehr-Kind-Familien, selbst betreuende Eltern), wurde bereits im 5. Familienbericht (1994, Seite 21) eine allgemeine „strukturelle Rücksichtslosigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber den Familien“ beschrieben, die sich besonders aufgrund unseres Rentenrechts ergibt. Diese allgemeine Diskriminierung der Eltern wurde seitdem nicht abgebaut, sondern im Rahmen der gegenwärtigen „Gleichstellungspolitik“ sogar noch weiter verschärft.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Bundesrat für eine Beseitigung der sich aufgrund des Elterngeldgesetzes ergebenden Diskriminierung von Eltern mehrerer Kinder einsetzen?

CDU: Wir sehen es als richtig an, dass das Elterngeld auch nach der Geburt eines Geschwisterkindes in Bezug auf das zuletzt erzielte Erwerbseinkommen bemessen wird und setzen uns hierfür ein. – Wir treten für mehr Unterstützung von Familien mit drei oder mehr Kindern ein. Künftige Zuwächse beim Kindergeld sollen kinderreichen Familien überproportional zugutekommen. Auch beim geförderten Wohnungsbau, im öffentlichen Nahverkehr, in Schwimmbädern und Museen müssen kinderreiche Familien besonders berücksichtigt werden.

FDP: Das Elterngeld soll einen gewissen Ausgleich für den Einkommensverlust aufgrund der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit darstellen. Es ist deshalb an das Nettoeinkommen vor der Geburt gebunden, wie auch beispielsweise das Krankengeld Bezug zum Einkommen nimmt und deshalb unterschiedlich hoch ausfällt. Auch wenn kein Einkommen erzielt wird, wird ein Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich gezahlt. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erkennen auch wir ein Ungleichgewicht zwischen Beitragszahlern mit und solchen ohne Kindern. In der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde ein Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt. Es ist jedoch Aufgabe des Bundesgesetzgebers,
sinnvolle familienpolitische Veränderungen am Rentenversicherungsrecht vorzunehmen.

Linke: Das unter der großen Koalition aus Union und SPD eingeführte Elterngeld sollte mehr Geburten anregen und einen Beitrag zu einer Familienpolitik jenseits der alten Rollenverteilung leisten, wonach Müttern die Sorgearbeit und Vätern die Ernährer-Rolle zugewiesen wurde. Es sollte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken und mit den Vätermonaten einen Anreiz für Väter setzen, sich stärker an der Erziehungsarbeit zu beteiligen. Eltern sollten jeweils 67 Prozent ihres durchschnittlichen Nettoeinkommens als Elterngeld erhalten, mindestens aber 300 Euro. – Mit diesem Anliegen ist die Bundesregierung gescheitert. Die Geburtenrate in der Bundesrepublik ist nicht gestiegen. Nach wie vor nimmt nur ein Viertel der Väter eine kurze berufliche Auszeit. Das Elterngeld begünstigt Gutverdienende und benachteiligt Hartz IV-Empfänger/innen, Erwerbslose, Auszubildende, Studierende und Bezieher/innen niedriger Einkommen. Auch benachteiligt werden Eltern mit mehreren Kindern, die während der Elterngeldphase geboren werden. Wir setzen uns für eine Änderung im Elterngeldgesetz ein, ebenso wie für die Rücknahme der Kürzung des Elterngelds bei Hartz IV-Empfänger/innen.

ÖDP: Das von der ÖDP angestrebte Erziehungsgehalt orientiert sich nicht am vorher erzielten persönlichen Erwerbseinkommen, sondern am Durchschnittseinkommen in Deutschland. Es soll abhängig vom Arbeitsaufwand sein und damit von Alter und Zahl der Kinder. Dann entfällt auch die Diskriminierung von Eltern mehrerer Kinder.

AfD: Gerade auch wegen dieser Diskriminierung fordert die AfD „für Elternteile, die vor der Geburt eines Kindes nicht erwerbstätig waren, den Mindestbetrag des Elterngeldes deutlich zu erhöhen.

Frage: Wird sich Ihre Partei darüber hinaus für eine Gleichberechtigung der Mütter/Väter einsetzen, die ihre Kinder länger als das erste Lebensjahr selbst betreuen?

CDU: Wir wollen die Familien stärken, gleichgültig, ob diese sich als modern oder klassisch verstehen … Die Betreuung unserer Kinder erfordert unterschiedliche, aufeinander abgestimmte Bausteine. Kinderbetreuungseinrichtungen, Tagespflegeangebote und die Kindererziehung in der Familie greifen ineinander und sollten nicht aus ideologischen Gründen gegeneinander ausgespielt werden.

ÖDP: Selbstverständlich. Wir setzen uns für das Weiterbestehen der bereits geltenden Regelungen zur Elternzeit gleichberechtigt für Väter und Mütter ein. Außerdem soll das Erziehungsgehalt für den Erziehenden – ob Vater oder Mutter oder auch hälftig für beide – nicht nur im ersten Lebensjahr, sondern, unter Berücksichtigung des Alters und der Anzahl der Kinder zunächst mindestens in den ersten drei Lebensjahren gezahlt werden. Wenn beide Eltern voll erwerbstätig sein wollen, kann es zur Finanzierung einer Fremdbetreuung eigener Wahl (Kinderkrippe, Tagesmutter, Großeltern u.a.) eingesetzt werden.

AfD: In der Regel geben Eltern ihre Kinder nicht in Fremdbetreuung, weil sie sich das wünschen, sondern wegen der finanziellen Notwendigkeiten, des moralischen Drucks und der fehlenden Wertschätzung nichterwerbstätiger Mütter. Für alle Eltern, die das staatliche Betreuungsangebot nicht in Anspruch nehmen, muss ein gerechter finanzieller Ausgleich gewährleistet sein. Wir achten die Erziehungsarbeit der Eltern. Für die AfD ist auch die Mutter und Hausfrau ein mit hoher Wertschätzung verbundener Beruf. Studien über Kinderfrühbetreuung sehen in der elterlichen Erziehung den wichtigsten Einfluss im Sinne einer gesunden Entwicklung der Kinder. Die AfD möchte daher die häusliche Erziehung stärken.

Frage: Hält es Ihre Partei für mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn der Staat über die gesetzliche Zuerkennung oder Nicht-Zuerkennung staatlicher Leistungen, Eltern in ihrer Entscheidung, wie sie ihre Kinder erziehen, zu beeinflussen versucht, wie das durch die Ausgestaltung des Elterngeldgesetzes und die einseitige Finanzierung der Fremdbetreuung geschieht?

CDU: Wir wollen Familien nicht bevormunden, sondern ihnen bei ihren Entscheidungen Wahlfreiheit lassen. Wir unterstützen diejenigen, die ihre Kinder selbst betreuen möchten, genauso wie diejenigen, die private und öffentliche Betreuungsangebote nutzen.

ÖDP: Art. 6.2 GG: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. – Die ÖDP möchte durch ein Betreuungsgeld in angemessener Höhe, jedoch noch besser durch ein Erziehungsgehalt die Eltern, die ihre Rechte und Pflichten laut GG wahrnehmen wollen, hierzu finanziell in die Lage versetzen. Sie ist gegen die einseitige Finanzierung der Fremdbetreuung und gegen die Bevorzugung voll erwerbstätiger Eltern durch das bestehende Elterngeldgesetz.

AfD: Es ist eine zentrale“ und verfassungsgemäße „Aufgabe des Staates, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern.“ Daher ist eine Lenkungsfunktion des Staates zur Erreichung dieses Zieles nicht zu vernachlässigen. „Die Bindungsforschung hat eindeutig gezeigt, dass es für die seelische und soziale Entwicklung und die spätere Bildung von Kindern und Jugendlichen am besten ist, wenn sie von Vater und Mutter umsorgt aufwachsen können. Die Liebe der Eltern ist durch nichts zu ersetzen. Bei der Diskussion um die Betreuung unserer Kinder hat deren Wohlergehen und gesunde Entwicklung Vorrang vor ökonomischen Interessen. Wir sind deshalb gegen die einseitige Bevorzugung der frühkindlichen Fremdbetreuung.

Frage: Wird sich Ihre Partei im Bundesrat auch über eine Korrektur der aktuellen „Gleichstellungspolitik“ hinaus, für einen Abbau der schon im 5. Familienbericht beschriebenen „strukturellen Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ einsetzen?

CDU: Familien sind das Fundament unserer Gesellschaft. Sie geben Orientierung und Halt, sie garantieren gegenseitige Hilfe und Solidarität über Generationengrenzen hinweg. Unser Respekt und unsere Anerkennung verdienen deshalb alle Familienmodelle, in denen Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen. Familienpolitik ist für die CDU keine Klientelpolitik, sondern zentraler Baustein unserer Sozial- und Gesellschaftspolitik.

SPD: Angesichts der Tatsache, dass die Positionen des Bündnisses „Rettet die Familie“ und der SPD hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie zur Bildung sich bereits in erheblicher Weise in ihren Ausgangspositionen unterscheiden, betrachten wir eine detaillierte Beantwortung Ihrer Fragen für wenig zielführend. Wir möchten uns daher erlauben, Sie bei Interesse auf unsere Positionen zur Familien- und Bildungspolitik zur Landtagswahl in Baden-Württemberg auf den Entwurf unseres Regierungsprogramms hinzuweisen.

FDP: Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erkennen auch wir ein Ungleichgewicht zwischen Beitragszahlern mit und solchen ohne Kindern. In der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde ein Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt. Es ist jedoch Aufgabe des Bundesgesetzgebers, sinnvolle familienpolitische Veränderungen am Rentenversicherungsrecht vorzunehmen.

ÖDP: Ja.

AfD: Die AfD fordert, dass Familien aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit entlastet werden, indem eine Umverteilung im Sinne eines echten Familienlastenausgleichs erfolgt.

Frage: Wenn ja, in welcher Weise können Sie sich das vorstellen?

CDU: Der Staat muss die richtigen Anreize geben, um Familiengründungen zu erleichtern und Leistungen von Familien für unsere Gesellschaft angemessen honorieren. Eine stärkere familienpolitische Komponente im Steuersystem würde das fördern.

Linke: DIE LINKE steht für eine moderne und zukunftsweisende Familienpolitik. Familie ist dort, wo Menschen füreinander soziale Verantwortung übernehmen – unabhängig von Trauschein und sexueller Orientierung. Familienpolitik muss allen Menschen, insbesondere in den bisher unterprivilegierten und unterversorgten Gesellschaftsschichten, ermöglichen, ein gutes und zukunftsangstfreies Leben zu führen. Dafür brauchen wir in der Familienpolitik einen Ausbau der Infrastruktur, eine wirkungsvolle soziale Absicherung und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wollen, dass Frauen und Männer gleichberechtigt Erwerbsarbeit und Familienleben miteinander vereinbaren und aufteilen können. – Dafür braucht es einen besonderen Kündigungsschutz von Eltern, die Förderung beim Wiedereinstieg in den Beruf, die Möglichkeit, bei der Arbeitszeitgestaltung mitzuwirken und den Ausbau von Kinderbetreuung.

ÖDP:

  • Finanzielle Anerkennung und strukturelle Förderung der Familienarbeit (z. B. Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen)
  • Familienfreundliche Arbeitsplatzgestaltung
  • Erleichterung des Wiedereinstiegs in die außerhäusliche Erwerbstätigkeit nach der Erziehungszeit
  • Familiengerechtes Rentensystem (z. B. durch Einführung einer Elternrente) …
  • Kinderkostenausgleich für alle Kinder: Die Gemeinschaft aller Einkommensbezieher finanziert unabhängig von der eigenen Kinderzahl etwa die Hälfte der durchschnittlichen Kinderkosten, bestehend aus einem Grundbedarf für Kinder … und einem Erziehungsgehalt (EZG) als Lohn für etwa die Hälfte der erbrachten Betreuungs- und Erziehungsleistung (gesetzliche Kinderkostenversicherung). – Die restliche Hälfte der gesamten Kinderkosten tragen die Eltern. Als Gegenleistung für diesen Anteil erhalten sie eine Elternrente. …

AfD: … Das Kindergeld ist bis zur Höhe des Regelsatzes für Kinder in Bedarfsgemeinschaften von Arbeitssuchenden anzuheben. Das Ehegattensplitting sollte erhalten, aber zu einem Familiensplitting weiterentwickelt werden, sodass der Steuertarif gemäß der Kinderzahl angepasst und der sozialen Lage der Familien gerecht wird. Sowohl die Beiträge zur Sozialversicherung als auch die Sozialleistungen müssen gerechter verteilt werden: Der unterschiedliche Beitragssatz für Eltern und Kinderlose zur gesetzlichen Pflegeversicherung kann nur ein Einstieg sein und ist auf die anderen Zweige der Sozialversicherung zu übertragen. Ferner muss die Erziehungsleistung stärker auf die Rente angerechnet werden. Daher ist das dritte Anrechnungsjahr bei der „Mütterrente“ für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, umgehend einzuführen.“ „Zudem müssen Familien durch bedarfsgerechte direkte Transferleistungen zielgerichteter als bisher gefördert werden.

3. Schullandschaft in Baden-Württemberg
Die grün-rote Landesregierung hat mit der Einführung der Gemeinschaftsschulen einen Paradigmenwechsel in Baden-Württemberg hin zu einem integrativen Schulsystem eingeleitet. Künftig soll es im Sekundarbereich nur noch ein Zwei-Säulen-Modell aus Gemeinschaftsschulen und Gymnasien geben. Allerdings haben sich viele Realschulen und Gymnasien dem Trend zur Gemeinschaftsschule weitgehend verweigert.

Fragen: Wird Ihre Partei den Realschulen und Gymnasien im Land weiterhin pädagogischen Freiraum geben? Werden sie mit gleichviel Ressourcen ausgestattet, wie die Gemeinschaftsschulen? Welche Rolle sollen künftig Haupt-, Werkreal-, Realschulen und Gymnasien im Verhältnis zur bisher favorisierten Gemeinschaftsschule spielen?

CDU: Wir stehen für ein Bildungssystem, das Chancen zulässt, das unterschiedliche Stärken fördert und das eine hohe Durchlässigkeit garantiert. Kurzum: Wir stehen für ein differenziertes Bildungssystem. Wir wollen eine hohe Durchlässigkeit zwischen den Schularten – getreu dem Motto „kein Abschluss ohne Anschluss“. – Wir wollen die hohe Qualität der anerkannten und leistungsstarken Realschule erhalten. Mit dem Angebot des Hauptschulabschlusses allein ist es nicht getan: Die Schülerinnen und Schüler müssen gezielt auf den jeweiligen Abschluss vorbereitet werden. Das grün-rote Konzept zur Weiterentwicklung der Realschule lässt die äußerlich differenzierte Vorbereitung auf die unterschiedlichen Abschlüsse vermissen! … – Wir lehnen entschieden die Benachteiligung der Realschule, des Gymnasiums sowie der weiteren differenzierten Schularten gegenüber der Gemeinschaftsschule ab. Es gilt insbesondere eine gerechte Balance in der Zuweisung von Lehrerstellen und Sachmittelzuschüssen herzustellen. Grün-Rot bevorzugt noch immer in absolut ungerechtfertigter Art und Weise ihr Lieblingskind Gemeinschaftsschule. Wir stehen für einen fairen Wettbewerb der Schularten auf Augenhöhe. – Haupt- und Werkrealschulen sollen auch künftig bestehen bleiben können, sofern sie von den Eltern gewünscht und ihre Kinder dort angemeldet werden. Die Lehrerinnen und Lehrer leisten auch an dieser Schulart eine exzellente Arbeit und bereiten die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf das künftige Berufsleben vor.

SPD: Es gibt in Baden-Württemberg keinen Beschluss einer Regierungsmehrheit für ein Zwei-Säulen-Modell nur aus Gemeinschaftsschulen und Gymnasien im Sekundarbereich I.Das Konzept des Zwei-Säulen-Modells der grün-roten Landesregierung können Sie hier einsehen:
http://www.km-bw.de/site/pbs-bw-new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/KM-Homepage/Realschule/GMSundRS.pdf
Um als Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg zugelassen zu werden, bedarf es eines Antrags des Schulträgers mit Zustimmung der Schulkonferenz sowie einer positiven Auswahl durch das Kultusministerium.

FDP: Wir setzen uns dafür ein, dass der zurzeit erarbeitete Bildungsplan der einzelnen Schule mindestens so viel Gestaltungsfreiheit lässt wie die aktuell gültigen Bildungspläne. Die FDP hält einen eigenen Bildungsplan für jede Schulart beziehungsweise für jeden Bildungsgang für notwendig. – Wir wollen allen Schulen bzw. ihren Schulträgern und den Bildungsregionen die Freiheit geben, die jeweilige Schulform in eigener Verantwortung auszugestalten bzw. zu Verbundschulen zusammenzufassen. Sie können insbesondere bestehende Haupt-/Werkrealschulen und Realschulen fortführen oder Verbundschulen aus Haupt-/Werkrealschulen und Realschulen bilden, d. h. Haupt-/Werkrealschulbildungsgang und Realschubildungsgang unter einem Dach führen. – Wir wollen die finanzielle Privilegierung der Gemeinschaftsschule beenden und stattdessen faire Wettbewerbsbedingungen für alle Schularten schaffen. – Wir wollen das Gymnasium in seinem Bestand erhalten und stärken. Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Schularten wie beispielsweise einen Einheitsbildungsplan, ein sogenanntes „Abschulungsverbot“ oder eine Niveauabsenkung der gymnasialen Oberstufe beziehungsweise des Abiturs lehnen wir entschieden ab beziehungsweise wollen wir rückgängig machen. – Nach Auffassung der FDP nimmt der grün-rote Entwurf für einen einheitlichen Bildungsplan über alle Schularten hinweg bewährten Schularten wie dem Gymnasium, der Realschule oder der Haupt-/Werkrealschule das besondere Profil. Den Schularten wird indirekt die Existenzberechtigung abgesprochen und somit einer Einheitsschule der Boden bereitet. Wir lehnen es ab, dass die Gemeinschaftsschule mithilfe des Einheitsbildungsplans zum Maßstab aller Schularten wird, obwohl die Gemeinschaftsschule keine Klassen oder Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus kennt und bislang ihre Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen hat.

Linke: Die LINKE tritt für einen qualitativ hochwertigen Ausbau der Gemeinschaftsschulen ein und fordert den schrittweisen Abbau des gegliederten Schulsystems durch gemeinsames Lernen bis zur 10. Klasse in rhythmisierten Ganztagsschulen mit einer ausgewogenen Verteilung des Unterrichts auf den Vor- und Nachmittag. Die Zulassung von Gemeinschaftsschulen ist ein wichtiger Erfolg der Landesregierung, den wir begrüßen, aber für ungenügend halten, da sie nicht verbunden ist mit einem Entwicklungskonzept aller Schularten.

ÖDP: Die beiden ersten Fragen beantworten wir mit „Ja“. – Angesichts der demographischen Entwicklung können Gemeinschaftsschulen vor allem zur Erhaltung wohnortnaher Schulstandorte im ländlichen Raum sinnvoll sein. Die ÖDP favorisiert jedoch die Gemeinschaftsschule nicht, sondern möchte alle anderen Schularten nach Möglichkeit ebenfalls erhalten.

AfD: Die AfD bekennt sich uneingeschränkt zur Realschule, sie will diese Schule „erhalten und ausbauen“. Gleichzeitig widersagt sie „allen Tendenzen zur Abschaffung des Gymnasiums“. Die AfD fordert die „sofortige Beendigung der finanziellen Bevorzugung der Gemeinschaftsschule gegenüber Realschulen und Gymnasien“. Jede „ideologische Indoktrination“ der schulischen Bildung lehnt die AfD kategorisch ab. – Die AfD steht für den Erhalt des mehrgliedrigen Schulsystems. Neben Realschule und Gymnasium soll auch die Werkrealschule erhalten werden, indem ihr „berufspraktisches Profil“ gefördert wird. Grundlage für das gegliederte Schulwesen muss die „Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung“ sein.

Frage: Wie wird künftig auch im ländlichen Raum ein flächendeckendes, wohnortnahes schulisches Angebot gewährleistet?

CDU: Wir wollen auch in Zukunft ein flächendeckendes und wohnortnahes schulisches Bildungsangebot im ländlichen Raum erhalten. Die Gemeinschaftsschule, die gleichermaßen auf Hauptschulabschluss, Mittlere Reife und Abitur vorbereiten will, kann nicht das einzige Angebot für den ländlichen Raum sein. Wir wollen, dass auch künftig Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum eine Realschule bzw. ein Gymnasium besuchen können.

ÖDP: Schulverbünde, Gemeinschaftsschule, jahrgangsübergreifende Klassen …

AfD: Die AfD plant keine Schulschließungen im großen Stil. Das Land muss die Kosten der Gemeinden für ihre Schulen ersetzen. Wo ein Schulbesuch am Wohnort nicht möglich ist, bedarf es einer „elternanteilfreien Schülerbeförderung.

Frage: Gibt es in Ihrer Partei Pläne, die Pflicht-Ganztagsschule einzuführen?

CDU: Wir wollen ein familienfreundliches und flexibles Ganztagsangebot mit einer echten Wahlfreiheit für die Eltern. Daher messen wir dem Gelingen eines Ganztagsangebots, welches den Bedürfnissen vor Ort entspricht, einen hohen Stellenwert bei. Die Orientierung am Elternwunsch muss für den weiteren Ausbau der Ganztagesangebote maßgeblich sein. Eltern sollen dabei frei zwischen der sogenannten offenen oder der gebundenen Form wählen können. Niemand darf gezwungen sein, sein Kind in eine Ganztagsschule schicken zu müssen. – Die ergänzenden Angebote wie Hort, verlässliche Grundschule und Ferienbetreuung müssen mit dem Ganztagsangebot verzahnt werden. Kleinen Grundschulen soll ermöglicht werden ein gemeinsames Ganztagsangebot auch mit benachbarten weiterführenden Schulen bzw. Schulträgern oder ein jahrgangsübergreifendes Angebot organisieren zu können. Es sollen möglichst viele standortindividuelle Lösungen realisiert werden. Dazu sollen die Schulen gemeinsam mit dem Schulträger kreative und standortspezifische Lösungen entwickeln können.

ÖDP: Wir sind gegen eine verpflichtende Ganztagsschule, es sei denn in der Gestalt einer Gemeinschaftsschule, die von der Kommune und den beteiligten Interessengruppen (Schulkonferenz, Eltern, Arbeitgeber, Kirchen …) als schulorterhaltende Schule ins Auge gefasst wird.

AfD: Die AfD will nicht, dass Kinder in die Ganztagsschule gezwungen werden. Wir fordern neben den Ganztagsschulen auch weiterhin Halbtagsschulen und Schulen mit wenig Nachmittagsunterricht für alle Kinder in erreichbarer Entfernung. Verbindliche Ganztageseinrichtungen für alle Kinder lehnen wir ab, da sie in die Elternrechte eingreifen und private Freizeitaktivitäten (Sport, Instrumentalunterricht etc.) stark einschränken.

4. Bildungsplan 2016
Das Bildungsplan-Vorhaben der Landesregierung hat die Bürger in Baden-Württemberg polarisiert. Das führte zumindest zu einigen vorläufigen Rückziehern (Überprüfung von Kompetenzformulierungen, Zurückdrängung des Einflusses nichtpädagogischer Lobbygruppen, Beachtung verfassungsrechtlicher Bedenken, Verschiebung um ein Jahr).

Frage: Wie will Ihre Partei sicherstellen, dass die freie Äußerung abweichender Meinungen nach Art. 5 GG gewahrt bleibt und nicht über den schulischen Pflichtstoff unkontrollierbar manipuliert wird?

CDU: Wir treten für ein Menschenbild im Bildungsplan und an der Schule ein, das mehr als Selbstentfaltung, Respekt und Anerkennung des Anderen will. Es bedarf daneben nämlich auch der Vermittlung von Gemeinschaftsfähigkeit und Solidarität mit anderen Menschen. Der Bildungsplan muss auch künftig die Möglichkeit der Entfaltung in Freiheit bieten. In der Grundschule sind behutsam erste Grundlagen von Geschlecht und sexueller Orientierung zu legen. Wir wollen dabei an der erfolgreichen Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Schule festhalten, insbesondere wenn es um besonders schutzbefohlene Kinder im Grundschulalter geht. Insbesondere im Bereich der Grundschule ist in besonderem Maße darauf zu achten, dass ein Bildungsplan nicht dazu genutzt werden kann, den Schülerinnen und Schülern fremde Meinungen im Unterricht überzustülpen.

FDP: Wir sind überzeugt davon, dass eine fundierte Bildung und Ausbildung die entscheidende Basis für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung in einer freien Gesellschaft darstellt. Deshalb sollte ein Bildungsplan aus Sicht der FDP vor allem das Ziel verfolgen, jeden jungen Menschen zu Mündigkeit, kritischem Denken und eigenverantwortlichem Handeln zu befähigen. Eine ideologische Vereinnahmung des Bildungsplans lehnen wir entschieden ab.

Linke: Wenn Bildung und Schule einen Zugang zu Demokratie vermitteln wollen, müssen sie selbst demokratisch aufgebaut sein. Wir stehen für den Ausbau der Selbstverwaltung im Bildungswesen. Auf Landesebene streben wir einen Landesschulrat an.

ÖDP: Das Recht auf Meinungsfreiheit (GG Art. 5) ist Bestandteil der Freien Demokratischen Grundordnung Deutschlands, gegen die kein Bildungsplan verstoßen darf. Insofern ist diese Frage gegenstandslos.

AfD: Im Bezug auf den Bildungsplan 2016 fordert die AfD z.B. manipulative Schulbücher „für den Gebrauch an öffentlichen Schulen nicht zuzulassen“ und dass „der Sexualkundeunterricht in der Schule in keinem Fall von Lobbygruppen durchgeführt werden darf.“ Außerdem hat sich die AfD als erste Partei und seither durchgehend bei den Demos gegen den Bildungsplan engagiert. Wir werden die Meinungsfreiheit auch weiterhin umfassend verteidigen.

Frage: Wie will Ihre Partei sicherstellen, dass an Schulen das Primat der Wissenschaftlichkeit gegenüber politischem Aktivismus Geltung erhält?

CDU: Uns ist eine hohe Fachlichkeit des Bildungsplans von großer Wichtigkeit. Schülerinnen und Schüler müssen die Chance bekommen, ein Wissen aufbauen zu können, das auf wissenschaftlich fundierten Kenntnissen basiert. Aus diesem Grund sehen wir die Leitperspektiven, die praktisch einen eigenen Bildungsplan über dem Bildungsplan bilden, noch immer sehr kritisch. Nach unserer Auffassung sind diese völlig überflüssig; ihre fachlichen Inhalte gehören in die eigentlichen Bildungspläne integriert.

FDP: Eine konsequente Anwendung des „Beutelsbacher Konsens“ für den Gemeinschaftskundeunterricht mit einem „Überwältigungsverbot“, wonach die Lehrkraft die Schüler nicht mit seiner Meinung überwältigen darf, und einem „Kontroversitätsgebot“, wonach die Lehrkraft in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierte Themen auch im Unterricht kontrovers darstellen muss, halten wir für das wirksamste Mittel gegen Indoktrination. – Die beabsichtigte nivellierende Wirkung des grün-roten Einheitsschulstrebens wird insbesondere im Bereich der Naturwissenschaften am Gymnasium deutlich. Die Zusammenlegung von Biologie und Naturphänomenen zu einem Fächerverbund nach einem einheitlichen Muster über alle Schularten hinweg verwässert das hohe Niveau der einzelnen Fächer.

Linke: Die Unterstellung, politischer Aktivismus habe Vorrang gegenüber der Wissenschaftlichkeit an den Schulen, teilen wir nicht. Schulischen Pflichtstoff gab es in Form von Lehrplänen schon immer. Das stellt auch keine Einschränkung der freien Meinungsäußerung dar, sondern definiert wichtige Themen, die als Allgemeinbildung allen Schülerinnen und Schülern vermittelt werden sollen.

ÖDP: … indem wir uns der Sachlichkeit verpflichten und es nicht zulassen, dass bloße Meinungen in den Rang der Wissenschaftlichkeit erhoben werden. Wissenschaftlichkeit und Einseitigkeit schließen sich in der Regel aus. Die Frage nach dem Aktivismus ist insofern gegenstandslos, als dieser an Schulen keinen Ort hat; andererseits darf man Schülerinnen und Schülern politisches Engagement nicht untersagen. Die Verpflichtung zur politischen und weltanschaulichen Neutralität der Lehrkräfte hat nämlich den juristischen und pädagogischen Sinn, die persönliche politische und weltanschauliche Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.

AfD: Zum Einen muss die Wissenschaftlichkeit in der Lehrerausbildung hochgehalten werden. Die Autonomie der Hochschulen muss gestärkt werden. Zum Anderen fordern wir das pseudowissenschaftliche Gender Mainstreaming abzuschaffen. Wir werden weitere ideologische, politisch geprägte Einflussnahmen beobachten und genauso entschieden dagegen vorgehen.

5. Sexualpädagogik in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen
Die Aufnahme des für alle Altersstufen verbindlichen Prinzips „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in den Bildungsplan hat im Jahr 2014 zu heftigen Protesten geführt. Besonders die Absicht, das o.g. Prinzip fächerübergreifend durchzusetzen, entzieht den Eltern die Kontrolle darüber, ob die Intimspäre ihrer Kinder gewahrt bleibt.

Frage: Wie steht Ihre Partei dazu, die „Sexualpädagogik der Vielfalt“ in den Sexualkundeunterricht der Schulen aufzunehmen?

CDU: Unsere Kinder sollen zu vorurteilsfreien Menschen erzogen werden, die in ihrem Leben freie Entscheidungen und Meinungen entfalten können. Toleranz gegenüber allen Menschen, die anders sind als man selbst, die auf Grund ihrer Herkunft, einer Behinderung, ihrer sexuellen Ausrichtung oder anderer Gründe Diskriminierung ausgesetzt sind. Um dies zu erreichen, bedarf es einer weltoffenen und werteorientierten Bildung. Diese Aufgabe muss die Schule gemeinsam mit Familien und der Gesellschaft übernehmen. Wichtig ist hierbei, dass kein Zwang besteht, sondern der Gesellschaft die Möglichkeit gegeben wird, sich auf der Grundlage der geltenden Werteordnung zu entwickeln. Die Vermittlung durch Lehrkräfte und Erzieher/-innen muss mit Hilfe von Fortbildungsmaßnahmen und Handreichungen vorbereitet sein. – Der Sexualkundeunterricht im Fach Biologie hat sich bewährt. In verschiedenen Beratungen mit der Landesregierung konnte uns bislang auch nicht der fachliche Mehrwert der Leitperspektive „Toleranz und Vielfalt“ gegenüber dem Bildungsplan 2004 aufgezeigt werden.

FDP: Seitens der FDP halten wir die primäre Verortung des Themenkomplexes „Sexualität“ im Fach Biologie der Klassenstufe 7/8, wie es in den aktuell gültigen Bildungsplänen ebenso wie in den Entwürfen für die zukünftigen Bildungspläne vorgesehen ist, für angemessen.

Linke: Wissen über unterschiedliche sexuelle Orientierungen muss altersgemäß Thema des Unterrichts sein. Die Wertschätzung von Vielfalt soll im Schulgesetz als Bildungsziel verankert werden. Dazu bedarf es regelmäßiger Weiterbildungen der Lehrkräfte, spezieller Unterrichtsmaterialien, einer Überarbeitung der Schulbücher und geschulter AnsprechpartnerInnen, die ein Klima der Vielfalt fördern. Hierfür beispielhaft ist das durch DIE LINKE initiierte Maßnahmenpaket des rot-roten Berliner Senats „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und die Akzeptanz der sexuellen Vielfalt“ aus dem Jahr 2009.

ÖDP: Die ÖDP ist für eine in jeder Hinsicht sachliche und neutrale Information.
Sie ignoriert nicht, dass sexuelle Vielfalt in der Bundesrepublik inzwischen eine gesellschaftliche Tatsache ist. Zwar leben die meisten Kinder nach wie vor in Familien, aber daneben gibt es andere Formen von Liebe und Gemeinschaft sowie transsexuelle Phänomene. Diese Realität kann in der Schule, die auf das Leben vorbereitet, nicht ausgeblendet bleiben. Die ÖDP hält jedoch das Thema im Unterricht nur dort für angemessen, wo es vom Inhalt her nahe liegt: z. B. in Ethik oder Religion, in Biologie, bei der Behandlung von Literatur oder Werken der Bildenden Kunst. Inzwischen ist es wichtiger geworden, den Schülerinnen und Schülern die Bedingungen für das Gelingen familiärer Beziehungen im klassischen Sinn als Querschnittsthema insgesamt zu vermitteln.

AfD: Wir fordern eine sofortige Zurücknahme des grün-roten Bildungsplanes. Die ideologische Indoktrination ist sofort zu beenden. Die AfD möchte die Schüler und Kindergartenkinder vor dieser bewussten Irreführung schützen. Sexualkundeunterricht sollte altersgerecht erfolgen, der Frühsexualisierung ist gegenzusteuern.

Frage: Wie steht Ihre Partei zum bestehenden Aktionsplan „Für Akzeptanz und gleiche Rechte“? Soll dieser zurückgenommen, weitergeführt oder weiter ausgebaut werden?

SPD: Das Prinzip „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ war niemals Bestandteil des Bildungsplans in Baden-Württemberg; vielmehr wurde ein internes Arbeitspapier mit dieser Formulierung öffentlich, dessen Inhalte bewusst fehlinterpretiert wurden.

FDP: Damit die zukünftigen Bildungspläne wieder zweifelsfrei vom Toleranzbegriff des Grundgesetzes und somit von einem gesellschaftlichen Konsens getragen werden können, wollen wir die von der grün-roten Landesregierung neu eingeführten Leitperspektiven streichen. Ihre Auswahl erscheint mehr oder weniger willkürlich, sie machen den Bildungsplan unnötig kompliziert und haben erheblichen Anteil daran, dass der Bildungsplan wie oben beschrieben in den Verdacht der einseitigen ideologischen Vereinnahmung geriet. –
Was den Aktionsplan angeht, sollte darauf hingewiesen werden, dass er zwar in Sitzungen mit dem LSBTTIQ-Netzwerk und allen Fraktionen erarbeitet, bei der Verabschiedung aber das Parlament nicht einbezogen wurde. Dies ist sehr bedauerlich, denn damit wurde die Chance vergeben, den Aktionsplan auf eine breite demokratische Grundlage zu stellen und alle Seiten einzubeziehen. Wir werden die weitere Ausführung des Aktionsplans inhaltlich begleiten. Unsere Grundsätze sind dabei der Einsatz für eine offene und tolerante Gesellschaft mit der Würde des Menschen als Mittelpunkt.

ÖDP: Wir halten einen sachlichen und unaufgeregten Umgang mit dem Aktionsplan für erforderlich. Die einzelnen Ziele sollen auf ihre Notwendigkeit überprüft werden.

AfD: Die AfD positioniert sich klar gegen Gender Mainstreaming und damit auch gegen den Aktionsplan, da der Aktionsplan „das Bestreben der Landesregierung zeigt, Gender Mainstreaming in allen Lebensbereichen umzusetzen.“ Stattdessen sollte lieber „der Wert von Ehe und Familie dargestellt“ werden.

Frage: Wie steht Ihre Partei zum Zugang von schulfremden Referenten zum Schulunterricht (Verbraucherschutz, Wirtschaft, Gewerkschaften, LSBTTIQ u.a.)?

CDU: Grundsätzlich beleben externe Referenten den Schulalltag und können die praktische Erfahrungen mit dem in der Schule vermittelten theoretischen Wissen verknüpfen, so dass die Schülerinnen und Schüler in hohem Maße davon profitieren können. Allerdings muss sichergestellt sein, dass deren Beiträge mit den Bildungsplänen kompatibel sind, Schüler/innen nicht überwältigt werden und zudem deren Sachinformation mit der Gesamtthematik des jeweiligen Fachs in geeigneter Art und Weise verknüpft wird.

FDP: Grundsätzlich wollen wir den Lehrkräften keine Vorschriften hinsichtlich des Einsatzes von externen Sachverständigen im Unterricht machen, sondern vertrauen darauf, dass diese ihre Entscheidungen auf fachlicher Grundlage sorgfältig abwägen.

Linke: Bildung ist Friedenserziehung. Die Regierungsparteien haben versprochen, den Kooperationsvertrag zwischen dem Kultusministerium und der Bundeswehr zu kündigen. Dieses Versprechen wurde gebrochen und 2014 wurde sogar eine neue Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Jugendoffiziere und Karriereberaterinnen und –berater sowie Rüstungskonzerne und deren Lobbyisten haben auf Schulen und Schulhöfen nichts zu suchen.

ÖDP: Die ÖDP lehnt Lobbyisten als Referenten in der Schule ab.

AfD: Der Sexualkundeunterricht in der Schule darf in keinem Fall von Lobbygruppen durchgeführt werden. Die AfD wird sich auch gegen die Indoktrination der Kinder durch andere Lobbygruppen stellen.

Frage: Wie steht Ihre Partei zum verfassungsmäßigen Recht der Eltern auf Information und Mitsprache bei der Sexualerziehung?

CDU: Die Sexualerziehung in der Schule muss stets in unmittelbarem Einklang mit dem verfassungsmäßig garantierten Erziehungsrecht der Eltern stehen. Dabei gilt es insbesondere auch den Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Gerade für Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter besteht eine besondere Verantwortung.

FDP: Da das Grundgesetz die Aufgabe der Erziehung an erster Stelle den Eltern zuweist, besitzen sie ein Informations- und Mitspracherecht hinsichtlich der Geschlechtserziehung ihrer Kinder im Unterricht – eine Regelung, die aus unserer Sicht vor allem zwecks Abstimmung zwischen Elternhaus und Schule unbedingt beizubehalten ist. Die entsprechende Informationspflicht der Schule ist gemäß den geltenden Richtlinien des Kultusministeriums zur Familien- und Geschlechtererziehung in der Schule „rechtzeitig und umfassend“ zu erfüllen.

ÖDP: Wir wollen den Eltern weiterhin dieses Recht einräumen.

AfD: Die AfD verpflichtet sich in ihrem Wahlprogramm auf das Grundgesetz und die Landesverfassung von Baden-Württemberg. Hier seien insbesondere „Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 12 Abs. 2 LVBW“, aber auch Art. 15 Abs. 3 LVBW genannt. Daraus wird deutlich, dass es „das Recht und die Pflicht der Eltern ist, für ihre Kinder zu sorgen. Der Staat darf sich nur in begründeten Ausnahmefällen in familiäre Angelegenheiten einschalten“, nicht jedoch Elternrechte beschneiden. Nicht umsonst müssen Eltern vor der Sexualerziehung informiert werden; sie sollten allerdings auch ein Mitspracherecht haben.