Die negativen Folgen der Krippenbetreuung waren schon in der DDR bekannt

Beitragsbild: Vater mit Babytochter

In der neueren Literatur gibt es viele Berichte, die sich kritisch mit der Betreuung von U3- Kindern in Kinderkrippen auseinandersetzen (1). Eine ganze Reihe von Studien kommt zum Ergebnis, dass eine frühe, wenn auch nur vorübergehende Trennung von den Eltern sich in der Regel nachteilig für die Kinder auswirkt. Die feste Bindung an erwachsene Bezugspersonen, in der Regel den eigenen Eltern, werde dadurch erschwert. Mangelhafte Bindung erschwere wiederum die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls, was sich ungünstig auf das spätere Lernverhalten und den Lernerfolg in der Schule auswirke.

Von den Befürwortern der aktuellen Krippenpolitik wird meist eingewendet, das seien Untersuchungen aus einer vorgefassten kritischen Haltung gegenüber den Kinderkrippen heraus. Diese seien daher nicht wirklich objektiv.

Kaum beachtet wurden jedoch bisher in dieser Auseinandersetzung Ergebnisse von Studien aus der früheren DDR, wo es die Kinderkrippen schon seit 1950 gab. Bei diesen Untersuchungen kann keine vorgefasste kritische Einstellung angenommen werden, stand doch auch das Bildungssystem einschließlich der dortigen Forschung unter dem Einfluss einer positiven Beurteilung der Krippen.

Allerdings gab es auch in der DDR Wissenschaftler, die entgegen den staatlichen Vorgaben eine eigene Sicht bewahrten. Die Krippengeschichte der DDR wurde erst jetzt systematisch aufgearbeitet (2). So kam die Doktorandin Karin Hortmann 1984 aufgrund ihrer Untersuchungen zum Ergebnis, dass dreijährige „Familienkinder“ bei der sprachlichen Entwicklung den gleichaltrigen „Krippenkindern“ überlegen seien (3). Das widersprach der offiziellen Auffassung in der DDR und durfte deshalb nicht veröffentlicht werden. Es ist aber in den jetzt zugänglichen Originalarbeiten nachzulesen. Hortmann beschreibt auch eine hohe Korrelation zwischen Sprachentwicklung von Dreijährigen und dem Schulerfolg am Ende der 1. Klasse. Das lässt an die im IQB-Bericht 2021 beschriebene Verschlechterung der Leistungen von Viertklässlern seit 2011 denken (5), die nach der „Krippenoffensive“ ab etwa 2003 zunehmend in ihren ersten Lebensjahren in Krippen betreut wurden.page1image54233728

Selbst die Altkommunistin, Dr. Eva Schmidt-Kolmer, eine führende Vertreterin der Krippenpolitik, forderte in der Anfangszeit der DDR „den Rückstand in der körperlichen wie psychischen Entwicklung der Krippenkinder im Vergleich mit zu Hause aufgewachsenen Kindern zu überwinden“ (6). Sie sah das Problem also nicht in der Krippenbetreuung selbst, sondern meinte, den Rückstand der Krippenkinder beheben zu können, was sich freilich als Illusion herausstellte. Das ideologische Ziel einer Frauenerwerbsarbeit in Vollzeit erschien wichtiger als das Kindeswohl – eine klare Parallele zur Gegenwart.

Der Verband Familienarbeit e.V. lehnt Kinderkrippen nicht grundsätzlich ab, sondern fordert, dass die Betreuung von U3-Kindern durch die Eltern in gleichem Maße honoriert wird wie in einer Kinderkrippe. Die durchschnittlichen vom Staat getragenen Kosten eines Krippenplatzes, sollten auch die selbstbetreuenden Eltern erhalten, um ihnen eine echte Wahlfreiheit zu ermöglichen. Die gegenwärtig einseitige Subventionierung der Fremdbetreuung halte wir mit Art. 6 (2) unseres Grundgesetzes für unvereinbar.

 

Quellen:

  1. (1)  Rainer Böhm, Dr. „Die dunkle Seite der Kindheit“, FAZ 2012 https://www.fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de/wp-content/uploads/2012/04/FAZ-2012-04-04-Die-dunkle-Seite-der-Kindheit_Essay-Boehm.PDF
  2. (2)  Florian von Rosenberg, „Die beschädigte Kindheit, Das Krippensystem der DDR und seine Folgen; Verlag C.H. Beck, 2022
  3. (3)  Hortmann, Karin; Zur Diagnostik des sprachlichen Entwicklungsstandesdreijähriger Kinder“; Dissertation, 1984, Humboldt-Universität Berlin S. 146
  4. (4)  Ebenda S. 150
  5. (5)  IQB-Bildungstrend 2021 – erstellt vom „Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ der Humboldt-Uni Berlin
  6. (6)  Von Rosenberg (siehe oben), S. 165

Comments

  1. Lena schreibt:

    Es ist richtig, dass es Eltern gibt, die es sich leisten können ihre Kinder selbst zu betreuen und es auch gut hinbekommen. die die es sich nicht leisten können, haben keine Wahlmöglichkeit. Das ist ein Unding.

    Die Pädagogik hat sich gewandelt und besonders die Bindung ist in Fokus geraten. Gute Kindergärten oder Tagesstätten, achten sehr auf eine guten Bindungsaufbau und auf eine langsame Eingewöhnung. Die aktuelle Lage in vielen Tagesstätten mit Personalmangel kann das gute Bindungsverhältnis aber kaum mehr leisten. Es ist eine Schande, dass viel Geld pro Kind für diese mangelhafte Betreuung bereitwillig gezahlt wird, aber für Eltern dies nicht ermöglicht wird. Schaut man sich die Zahlen an könnte viel Leid und Geld gespart werden, wenn Eltern finanziell gut unterstützt werden würden. ich gehe sogar soweit zu sagen, dass viele Heimplätze nicht belegt werden mussten, wenn Familien ein Viertel der Kosten, die so eine Unterbringung kostet, zur Verfügung hätten* davon ausgenommen sind Suchtmittel abhängige, Gewalttätige, mißhandelnde, vernachlässigende Eltern.
    Genau diese Dinge müssten dann bei finanzieller Unterstützung durch soziale Dienste überprüft werden können. Das ist wichtig, denn leider gibt es auch diese Eltern die Bindung nicht aufbauen können und für diese Kinder muss es eine frühzeitige Hilfe geben und für diese Kinder ist ein Kita-Platz oft ein großer Gewinn für die Entwicklung und manchmal sogar lebensrettend.

    • Johannes Resch schreibt:

      Sicher ist es ein Undig, dass die Krippenbetreuung höher subventioniert wird als die elterliche Betreuung. Das wollen wir ja ändern. Grundsätzlich ist es sicher möglich, dass ein KInd auch eine Bindung zu einer Erzieherin entwickelt. Nur ist das eben in der Regel bei den Eltern wesentlich leichter möglich. Unter besonderen Bedingungen (z.B. süchtige Eltern) mag eine Bindung zu einer Erzieherin sogar leichter möglich sein als zu den eigenen Eltern. Aber das sind Ausnahmefälle.

  2. Edgrar Reinbold schreibt:

    Für die Erziehungsbedingungen sind zu allererst die Einstellungen der erwachsenen Volksvertretungen und Bürger*innen ausschlaggebend! Der Wert des Menschen, der Werteansatz, den man den Kindern beimisst, spielt dabei die größte Rolle! Wir sehen an dem Umgang mit Ungeborenen, also mit denen die auf Fürsprecher angewiesen sind eine starke Veränderung, was der Wert des Lebens angeht.
    Wenn die Menschen verlernen was sie vor ihrem Schöpfer Wert sind, oder von menschlichen Ambitionen abgelenkt werden, dann tritt eine Relativierung ein, die sich zwangsläufig auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit den jeweiligen Unterstützungsmöglichkeiten auswirkt!
    Die Rückbesinnung auf den Schöpfer ist die Hauptquelle für einen adäquaten Lebenswert und den Wert der Schöpfung.

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