Zu „Familiäre Leitbilder in Gesellschaft, Justiz und Politik“ (Fh 2011/2)

Leserbrief von Dr. Johannes Resch

Die Beschreibung der gleichnamigen Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll in der Fh1/2011 ist so anschaulich, dass auch ein Nichtteilnehmer gut nachvollziehen kann, wie sie abgelaufen ist.

Bedenklich stimmen muss schon der Titel der Tagung. Sicher hat jede/r Einzelne, jedes Paar und jede gesellschaftliche Gruppe das Recht auf ein „familiäres Leitbild“. Der Politik und erst recht der Justiz ist jedoch die Vorstellung eines „familiären Leitbildes“ vom Grundgesetz her untersagt, denn es überträgt den Familienmitgliedern die primäre Verantwortung dafür, das familiäre Leben und insbesondere die Erziehung der Kinder zu organisieren. – Pflicht des Staates ist es vor allem, die unterschiedlichen „familiären Leitbilder“ zu achten und dabei keines zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Ein Recht zum Eingreifen hat er erst dann, wenn etwa Eltern ihrer Erziehungsaufgabe nicht nachkommen oder nicht nachkommen können oder wenn Streit zwischen Familienmitgliedern zu regeln ist.
Aus der Besprechung von fünf in Bad Boll gehaltenen Vorträgen ist zu entnehmen, dass alle Autorinnen und Autoren erhebliche Mängel bei der heutigen Lage für Familien beschrieben haben. Offensichtlich hat aber nur Elisabeth Stiefel klare Hintergründe aufgezeigt, indem sie unsere Sozialgesetzgebung als Ursache dafür benannte, dass Kinder zu einem „öffentlichen Gut“ ohne entsprechende Entschädigung für die Eltern geworden sind.

Wenn aber nicht ernsthaft nach den Ursachen für Fehlentwicklungen gefragt wird, ist es kein Wunder, dass nur symptomatische Maßnahmen empfohlen werden, die die Situation oft nur komplizieren oder verschleiern. So wirken die in den meisten Vorträgen gemachten Vorschläge in ähnlicher Weise hilflos wie das Herumkurieren an Symptomen, das wir seit Jahrzehnten von allen Bundesregierungen her kennen.

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