Fh 1+2/2004: Klug und weise – die Eule – Aus unserer Jubiläumsausgabe

Beitragsbild: Verbandslogo Eule

Warum die Eule das Logo unseres Verbands ist und bleibt

Von Anne Happersberger-Lüllwitz und Monika Bunte

Wer in einem vogelkundlichen Buch nachschaut, wird die dhg-Eule von ihrer Gestalt her am ehesten den Ohreulen zuordnen.
Die Eulen dieser Familie reichen von der Waldohreule bis zum Uhu und sind alle große, stattliche Vögel, eindrucksvoll schön, wenn auch nicht bunt gefiedert. Von fast allen heißt es „… in Deutschland seltener Brutvogel“. Da gibt es also schon Parallelen zwischen dem Tierreich und den Menschenmüttern. Man könnte sogar noch witzeln, Mütter wie Eulen jagten bzw. arbeiteten unsichtbar und lautlos. Doch hinter dem dhg-Logo verbirgt sich mehr…

Eulen und MütterDHG Logo Eule 1

Die Eule ist biologisch so ausgerüstet und konstitutionell befähigt, dass sie selbst bei völliger Dunkelheit den totalen Durchblick hat. Sie kann den Kopf um 180° Grad drehen und somit zurückschauen ohne sich umzudrehen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie Symbol der Weisheit ist. Weisheit ist mehr als Intelligenz: Sie vereint Zurückschauen und Vorschauen. Sie ist die Summe von Wissen, Vernunft, Lebenserfahrung und -tüchtigkeit, verbunden mit der Liebe zum und Verantwortung für das Leben.

Wie in kaum einem anderen Beruf können Frauen im Berufsfeld Familienarbeit den Zugang zur Quelle der Weisheit finden. Sie sind dem Leben in seiner Gesamtheit verbunden und verpflichtet: Von der Geburt bis zum Tod. Dabei muss die Familienfrau alles im Blick haben, einerseits die Vergangenheit und Zukunft, andererseits die Gegenwart, in der sie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen muss, sowohl den Haushalt wie die Kinder und die Familie.
Es gibt noch eine Parallele zwischen Eulenvögeln und Müttern: Den einen wird durch Gifteinsätze und Raubbau an Landschaft der Lebensraum beschnitten; den anderen werden durch ausbeuterische Politik die Grundlagen entzogen, die sie benötigen, um ihre Aufgabe erfüllen zu können. Es gibt Initiativen, die Eulenvögel zu schützen zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts. Initiativen zum Schutz der Familienarbeit sind selten.

Altes Symbol der Weisheit

DHG Eule Logo 2

Bezeichnenderweise gilt die Eule als wichtigstes Symbol von Athene/Minerva, der großen Göttin des Altertums. Klugheit und Weisheit sind in ihr personifiziert1. Das gilt vor allem für die Zeit vor der patriarchalen Reduktion der Mythen, die aus der großen Göttin die Zeus-Tochter machen. Viele ursprünglich weiblich-matriarchale Symbole hat sich das Patriarchat zum Zeichen seiner Herrschaft angeeignet.2 Das Sprichwort „Eulen nach Athen tragen“ bedeutet nichts anderes, als etwas, in diesem Fall die Weisheit, dorthin zu bringen, wo es zu Hause ist.

Barbara G. Walker schreibt in „Das geheime Wissen der Frauen“3, dass die Eule bei den Griechen der Athene geweiht war, …“ in ihrer Gestalt als alte, mesopotamische „Augengöttin“, deren starre, eulenartige Abbildung im ganzen mittleren Osten … gefunden wurde. Die Eule war auch das Totemtier von Lilith, Blodeuwedd, Anath und anderen Versionen der dreifachen Göttin des Mondes.“

Geheiligt und verteufelt

Die Symbolik der Eule ist so widersprüchlich wie die „Rolle“ der Frau: geheiligt und verteufelt. Aber nicht die Frau ist teuflisch oder heilig, sondern die theologische, philosophische und psychologisch/medizinische Definition macht sie dazu. Nicht verschwiegen sei, dass das Symbol der Eule in der frühen Kirche (und auch jetzt noch) negativ besetzt wurde, was sich bis heute fortsetzt. Da dieselbe das Tageslicht scheue und nur in der Dämmerung oder des Nachts ausfliege und sich gewöhnlich in alten Gebäuden, Ruinen aufhielte, wird ihr eine dämonische, höllische (infernale) Bedeu-tung zugesprochen. Sie wird zum Symbol der Verwüstung und des Unglücks gemacht. In den Rahmen der Negativliste gehört, dass die Eule auch als Hexenvogel gilt. Die Römer nannten die Eule strix, und Hexe heißt auf italienisch strega. Wir wissen heute, wie aus weisen Frauen Hexen gemacht wurden. Bei großen, einheitlichen Zeichen sind „beide Seiten“ enthalten, die helle und die dunkle, wobei es nur eine interessengeleitete Interpretation ist zu sagen, das Dunkle sei schlecht. Wir wollen die dunkle Seite beleuchten und uns an der hellen erfreuen.

Eigenwillige Frauen

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Abwertend werden eigenwillige Frauen oft als „Eulen“ bezeichnet. In den Schimpfwörtern steckt die ursprüngliche Kraft: Gans, Kuh, Drachen… Wir dhg-Frauen sind eigenwillige Frauen: und deshalb passt die Eule zu uns. Wir sind bewusst eigenwillig: aus Verantwortung und Liebe für das Leben mit dem festen Willen, politisch gegen die Missachtung unserer Kompetenz zu kämpfen.

In der dhg, dem Verband der Familienfrauen und -männer, gibt es Mitglieder, die die Eule an sich und unser Eulenlogo nicht mögen. Ihnen sei gesagt, dass ein Verband sein eingeführtes Logo nicht so ohne weiteres ändern sollte.
Die Eule ist Ausdruck unserer gesellschaftspolitischen Situation und unseres Selbstverständnisses, und sie ist unsere Freundin!

  1. Lexikon der Symbole
  2. Vergl. Carola Meier-Seetaler: „Von der göttlichen Löwin zum Wahrzeichen männlicher Macht“, Ursprung und Wandel großer Symbole, Kreuz-Verlag, Zürich, 1993
  3. Barbara G. Walker: „Das geheime Wissen der Frauen – Ein Lexikon“, dtv München 1996

Sammelleidenschaft und ihre Folgen

„Es gibt keine Zufälle …!“ Auch nicht bei der Auswahl unseres Logos. Frau Dr. Heuer war eine leidenschaftliche Sammlerin von Eulendarstellungen in allen Variationen. Weil der junge Verband ein Logo brauchte, beschloss sie kurzerhand, dass eine Eule zum Erkennungszeichen für die dhg werden solle. Die erste Eule auf einer Veröffentlichung war noch mit der Hand gezeichnet. – So wie der Verband sich veränderte, so wandelte auch die Eule im Lauf von 25 Jahren ihr Aussehen.
hev

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