Wahlprüfsteine des Bündnisses „Rettet die Familie“ zur Landtagswahl 2021 in Sachsen-Anhalt

 

Die Linke und die FDP haben auf unsere Fragen nicht geantwortet.

Nachträgliche Anmerkung: Die Linke hat verspätet geantwortet, siehe unten.

1. Familienpolitik und Grundgesetz (GG)

Bereits im 5. Familienbericht (1994, Seite 21) wurde eine „strukturelle Rücksichtslosigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber den Familien“ beschrieben. Das wurde besonders durch unser Rentenrecht begründet, das den wirtschaftlichen Gewinn der Kindererziehung durch die Lohnbindung der gesetzlichen Renten großenteils auf kinderlose Erwerbstätige umlenkt, obwohl die Investitionskosten weiter überwiegend von den Eltern getragen werden müssen. Diese Rücksichtslosigkeit gegenüber Eltern und Kindern wurde seitdem nicht abgebaut, sondern im Rahmen der „Gleichstellungspolitik“ eher noch weiter verschärft. Das führte und führt u.a. zu einer zunehmenden relativen Verarmung von Familien, zu erschwerten Erziehungsbedingungen und einem Geburtenmangel.

• Hält es Ihre Partei für mit dem GG (Art. 6,1) vereinbar, dass Kosten und Wertschöpfung der Kindererziehung so stark auseinanderfallen, wie das zur Zeit der Fall ist, indem die erwerbstätig gewordenen Kinder den kinderlosen Erwerbstätigen, die weniger Kinderkosten getragen haben, in der Regel höhere Renten finanzieren müssen als den eigenen Eltern?

CDU: Die Erziehungsleistungen von Eltern werden durch geringe Beiträge zur Pflegeversicherung, die Wertung entsprechender Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung sowie die eingeführte Mütterrente bereits zusätzlich berücksichtigt. Die CDU wird sich für weitere Verbesserungen einsetzen.

AfD: siehe nächster Punkt
SPD: siehe nächster Punkt
Grüne: siehe letzter Punkt
Freie Wähler: siehe nächster Punkt

• Hält es Ihre Partei für mit dem GG (Art. 6,2) vereinbar, dass der Staat über die gesetzliche Zuerkennung oder Nicht-Zuerkennung staatlicher Leistungen, Eltern in ihrer Entscheidung, wie sie ihre Kinder erziehen, zu beeinflussen versucht, wie das durch die Ausgestaltung des Elterngeldgesetzes und die ausschließliche Finanzierung der Fremdbetreuung geschieht?

CDU: Für uns gilt selbstverständlich die Entscheidungsfreiheit der Eltern. Wir erkennen aber keinen negativen Einfluss, wenn der Staat diejenigen Eltern durch die Mitfinanzierung der Kinderbetreuungskosten in Kindertageseinrichtungen unterstützt, die sich für ein solches Lebensmodell entschieden haben.

AfD: Zweimal nein. Wir fordern in unserem Rentenkonzept, dass Familien für jedes Kind 20.000 Euro Rentenversicherungsbeiträge der Eltern erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Diese Reduktion der Beitragslast unterstützt Familien in einem Abschnitt, in dem die Kosten für die Kinder anfallen sachgerecht und angemessen. Zur zweiten Frage: Wir wollen im Sinne echter Wahlfreiheit und Gleichbehandlung Eltern, die ihre Kinder nicht fremdbetreuen, in einem Umfang unterstützen, der weit über das letztlich gescheiterte Betreuungsgeld von 150 Euro monatlich hinausgeht.

SPD: Die SPD steht für eine familienfreundliche Politik und dass Familien die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um nach ihren Vorstellungen leben zu können. Mit der Novellierung des KiföG konnten wir die Elternbeiträge in dieser Legislatur deutlich senken. Wer mehrere Kinder in Kindergarten und/oder Krippe hat, zahlt nur für das älteste Kind. Mit den Mitteln des Gute-Kita- Gesetzes sorgen wir seit 2020 dafür, dass die Beiträge für alle Geschwisterkinder, die Krippe oder Kindergarten besuchen, entfallen, wenn ein Geschwisterkind im Hort betreut wird. Das gut ausgebaute Netz an Kitas stellt einen wichtigen Baustein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar. Erwerbstätigkeit ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel in der Lebenswirklichkeit einer Mehrheit der Bevölkerung. Gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wollen wir für sie verbessern – gerade damit sie mehr Zeit mit den Kindern verbringen können. Auf Bundesebene wollen wir deshalb den derzeitigen Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus zu einer flexiblen, geförderten Elternteilzeit nach dem ersten Lebensjahr eines Kindes ausbauen. Wenn in Paarfamilien beide Elternteile gleichzeitig oder Alleinerziehende etwas weniger als Vollzeit arbeiten, sollen sie zukünftig je zehn Monate ElterngeldPlus erhalten – mindestens 200 und höchstens 900 Euro. Diese Leistung kann so lange genutzt werden, wie auch der Anspruch auf Elternzeit gilt, also bis zum achten Geburtstag des Kindes. Denn auch jenseits des Kleinkindalters brauchen Eltern Zeit für ihre Kinder, sei es bei der Einschulung, weil ein Umzug ansteht oder ein Kind einfach mehr unterstützt werden muss als andere. Grüne: siehe letzter Punkt

Freie Wähler: Die FREIEN WÄHLER stehen für echte Wahlmöglichkeit, welches Familienmodell und welches Modell der Kindererziehung die Eltern für sich wählen wollen. Eltern müssen sich entscheiden können, ob sie ihre Kinder selbst zu Hause betreuen oder ob sie ihre Kinder in die Krippe, Kita oder in den Hort ganztags oder stundenweise bringen wollen. Sie müssen im Rahmen der Gesetze frei über die Gestaltung ihres Familienlebens entscheiden können. Für uns FREIE WÄHLER darf es deshalb auch keine Bevorzugung bestimmter Formen der Kinderbetreuung von staatlicher oder kommunaler Seite geben. Wir wollen ein kinderfreundliches Sachsen-Anhalt.
Kinder sind unsere Zukunft. Sie bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft. Die Qualität der Kinderbetreuungseinrichtungen ist hierbei von besonderer Bedeutung.

2. „Kinderrechte“ ins Grundgesetz?

Aktuell bestehen Bestrebungen, im GG „Kinderrechte“ besonders aufzuführen. Das wird damit begründet, dass die Rechte der Kinder besser geschützt werden sollen. Tatsächlich werden die Rechte der Kinder aber heute besonders durch staatliches Eingreifen eingeschränkt. So wird etwa dem wichtigen Kinderrecht auf elterliche Betreuung durch die einseitige Finanzierung der Fremdbetreuung entgegengewirkt. Insgesamt wirkt sich die Abwertung der elterlichen Erziehungsarbeit im Sozialrecht nicht nur zum Nachteil der Eltern, sondern auch zum Nachteil der Kinder aus. Nach dem bestehenden

GG sind die Eltern die wichtigsten Wahrer der Kinderrechte. Eine besondere Erwähnung im GG könnte den Eindruck vermitteln, als habe der Staat ein stärkeres Eingriffsrecht als nach dem bisherigen Wortlaut.

• Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass das Kinderrecht auf Betreuung durch die Eltern besser verwirklicht wird? Wie soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass eine neue Passage im GG zum Vorwand genommen wird, die Erziehungsarbeit der Eltern noch stärker zu behindern, als das schon bisher geschieht?

CDU: Für uns liegt das Erziehungsrecht natürlich in erster Linie bei den Eltern. Der Staat hat hier grundsätzlich eine unterstützende Funktion. Anders verhält es sich natürlich im Falle der Kindeswohlgefährdung.

AfD: Die Verankerung von Kinderrechten ins Grundgesetz zielt darauf ab, einen Keil zwischen Kindern und Eltern zu treiben und dem Staat, der dann als Wahrer der Kinderrechte auftritt, den Zugriff auf unsere Kinder zu erleichtern. Das lehnen wir kategorisch ab. Für uns sind die Eltern die besten Verteidiger der Kinderrechte. Es gibt deshalb keinen besseren Weg, die Situation der Kinder zu verbessern als die Rechte der Eltern zu stärken. So fordern wir in unserem Landtagswahlprogramm, Elternrechte in der Landesverfassung zu verankern.

SPD: Wir begrüßen die aktuelle Entwicklung zum Thema „Kinderrechte im Grundgesetz“, die auf Bundesebene geführt wird und werden diese weiterhin konstruktiv im Sinne einer aus Sicht des Kindes und der Eltern guten Lösung begleiten.
Grüne: siehe letzter Punkt

Freie Wähler: Die FREIEN WÄHLER plädieren für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Bereits 1989 hat die Bundesrepublik Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, aber bis heute nicht vollständig umgesetzt. Kinder und Jugendliche sollten als eigenständige Persönlichkeiten auch mit eigenständigen Rechten geschützt werden. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der Chancengleichheit, das Recht auf Bildung und soziale Teilhabe. Auch die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt schützt die Rechte von Kindern bereits explizit. Dabei wird den Eltern das Recht und die Pflicht auf Erziehung nicht abgesprochen, sondern explizit durch die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Art. 11 Abs. 2) geschützt.

3. „Gleichstellungspolitik“

Die Landesregierungen tragen über den Bundesrat auch eine Mitverantwortung für die Bundespolitik. Unter dem Begriff „Gleichstellungspolitik“ versucht die gegenwärtige Bundesregierung den Eindruck zu erwecken, als diene diese der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Tatsächlich wird aber lediglich eine Gleichstellung im Bereich der herkömmlichen Erwerbsarbeit angestrebt. Das führt zu einer weiteren Abwertung der elterlichen Erziehungsarbeit, was die Entstehung einer festen Bindung zwischen Eltern und Kind erschwert. Nach überzeugenden wissenschaftlichen Erkenntnissen belastet eine mangelnde Bindung des Kindes an die Eltern die Entwicklung von Selbstbewusstsein und späterer Lern- und Bildungsfähigkeit. Die einseitige Orientierung am erwerbsfixierten Denken führt zu einer strukturellen Benachteiligung aller Eltern, da die Erziehungsarbeit einen wesentlichen Teil ihrer Lebensarbeitsleistung ausmacht. Auch eine stärkere Einbeziehung der Väter würde an der Diskriminierung der Erziehungsarbeit gegenüber der Erwerbsarbeit nichts ändern, solange deren Honorierung verweigert wird.

Die bestehende Geringbewertung der Erziehungsarbeit ist nicht mehr zeitgemäß, weil deren wirtschaftliche Wertschöpfung (besonders aufgrund des Rentenrechts) nicht mehr allein den Eltern zugutekommt, wie das früher der Fall war, sondern allen Erwerbstätigen.

• Wird sich Ihre Partei für eine Gleichberechtigung der Mütter und Väter auf der Grundlage einer Gleichbewertung von Erziehungsarbeit und herkömmlicher Erwerbsarbeit einsetzen, auch wenn die Kinder länger als das erste Lebensjahr von den Eltern selbst betreut werden?

CDU: Durch unterschiedliche staatliche Unterstützungsleistungen werden die Erziehungsleistungen von Eltern gewürdigt bzw. unterstützt. Eine zusätzliche Finanzierung im Falle, dass keine Kindertageseinrichtungen oder Tagesmütter/Tagesväter in Anspruch genommen werden, sehen wir als nicht realistisch an.

AfD: Selbstverständlich. Wir teilen Ihre Einschätzung in dieser Frage. Eine Lösung könnte in einem sozialversicherungspflichtigem Erziehungsgehalt liegen wie es Christa Müller, die Ex-Frau von Oskar Lafontaine, 2006 gefordert hat, womit sie sich in der Linkspartei aber nicht durchsetzen konnte.

SPD: Siehe nächster Punkt

Grüne: siehe letzter Punkt

Freie Wähler: Die FREIEN WÄHLER stehen für echte Wahlmöglichkeit, welches Familienmodell und welches Modell der Kindererziehung die Eltern für sich wählen wollen.

4. Honorierung der elterlichen Erziehungsarbeit

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21. Juli 2015 die Zuständigkeit für ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in einer Krippe oder bei einer staatlich anerkannten Tagesmutter betreuen lassen, den Ländern zugeordnet. Damit liegt es im Verantwortungsbereich der Länder, die bisherige Diskriminierung selbst betreuender Eltern abzubauen.

• Wird sich Ihre Partei im Landtag dafür einsetzen, dass eine finanzielle Gleichberechtigung von Eltern, die ihre U3-Kinder selbst betreuen, verwirklicht wird, um eine echte Wahlfreiheit herzustellen?

CDU: Siehe vorherige Frage. Die Einführung von zusätzlichen staatlichen Leistungen für diesen Personenkreis sehen wir als unrealistisch.

AfD: Auf jeden Fall! Ein Landeselterngeld, das jenen Eltern ausbezahlt wird, die ihre Kinder zuhause betreuen und der Summe entspricht, die von der Allgemeinheit aufgewendet werden müsste, um das Kind in einer staatlichen Institution zu betreuen, wäre nicht nur gerecht und ein Beitrag zu echter Wahlfreiheit, sondern würde auch zur Entlastung der Kindertagesstätten beitragen.

SPD: Gleichstellung bedeutet für uns die gleichberechtige Verteilung von Sorge- und Familienarbeit von Eltern sowie die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbsarbeit. Wahlfreiheit heißt für uns auch, dass Politik ermöglichen muss, dass berufstätige Mütter wieder ihrem Job nachgehen können. Wir begrüßen die Unterstützung von jungen Familien und begrüßen die Reform des Elterngeldes. Fürsorgearbeit wird überwiegend von Frauen geleistet. Wir treten auch deshalb dafür an, dass Familien mehr Zeit füreinander haben, dass es einfacher wird, Erwerbs- und Sorgearbeit gerechter zwischen allen Geschlechtern aufzuteilen und dass Alleinerziehende besser unterstützt werden. Wir wollen auf Bundesebene zwei Wochen Elternschaftszeit direkt nach Geburt eines Kindes für Väter, eine Familienarbeitszeit, die dauerhafte Ausweitung der erhöhten Kinderkrankentage sowie kurzzeitigen Betreuungsbedarf über das „Elterngeld akut“ abfedern.

Grüne: siehe letzter Punkt

Freie Wähler: Wir werden uns für eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. Bestehende Arbeitszeitmodelle müssen an die Bedürfnisse von Familien angepasst werden. Hier wollen wir fördernd und unterstützend tätig werden.

5. Elterngeldgesetz

Über den Bundesrat entscheiden die Länder auch mit über die Bundespolitik, wozu das Elterngeldgesetz gehört. Die Lohnorientierung des Elterngeldes („Lohnersatzfunktion“) entwertet die Kinderbetreuung zur Nichtarbeit analog von Krankheit und Arbeitslosigkeit. Diese Abwertung scheint das uralte, aber unberechtigte Vorurteil einer Minderwertigkeit der traditionell von Frauen geleisteten Betreuungsarbeit zu bestätigen und verstärkt es sogar. Das schadet vor allem den Eltern, die vor einer Geburt bereits ältere Kinder betreuten und den jungen, noch in Ausbildung befindlichen Eltern (z.B. Studenten), weil sie vor der Geburt keinen oder nur geringen Lohn hatten.

• Wird sich Ihre Partei im Bundesrat für eine Beseitigung der sich aufgrund des Elterngeldgesetzes ergebenden Diskriminierung von Mehr-Kind-Eltern und von jungen Eltern einsetzen?

CDU: Wir verweisen auf die beiden Antworten zuvor. Wir sehen hierfür keine politischen Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat.

AfD: Ja! Wir streben die Rückkehr zu einem von Vorerwerbszeiten und Einkommen unabhängigen Elterngeld an, das als Erziehungsgehalt jenen Elternteilen ausgezahlt wird, die sich der Erziehung der Kinder widmen.

SPD: Wir begrüßen und unterstützen die von Bundesfamilienministerin Giffey angestoßene Reform des Elterngeldes ausdrücklich. Das Elterngeld wird dadurch flexibler, partnerschaftlicher und einfacher. Eltern werden so unterstützt, Familienleben und Beruf noch besser vereinbaren zu können. Grüne: Aufgrund des Sachbezugs der Fragen eins bis sechs antworten wir wie folgt: Alle Fragen des Bündnisses „Rettet die Familien“ formulieren die Forderung die Erziehungsarbeit der Eltern besser anzuerkennen und zu ermöglichen. Grundsätzlich halten wir weder die Forderung die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen noch das allgemeine Ziel einer Gleichstellung der Geschlechter als Widerspruch zum Wert der Familie und dem Wert der Erziehungsarbeit. Diese Anliegen gegeneinander auszuspielen schadet im Grunde der Familienpolitik, weil es Gräben aufreißt, die nicht Not tun. Vielmehr fordern wir sowohl Kinderrechte ins Grundgesetz, die Gleichstellung der Geschlechter wie auch die Anerkennung der Teilhaberechte aller Kinder durch eine Kindergrundsicherung. Eine Kindergrundsicherung ist im Grünen Verständnis ein Anspruch eines jeden Kindes unabhängig vom Einkommen der Eltern (im Unterschied zum von ihnen kritisierten Elterngeld). Es soll möglichst das Existenzminimum des Kindes decken und soziale Teilhabe damit absichern. Ohne Bedürftigkeitsprüfung wie im Bereich des SGB II. Durch eine solche allgemeine Kindergrundsicherung wäre mittelbar auch die Erziehungsarbeit der Eltern über das erste bzw. dritte Lebensjahr der Kinder hinaus gestärkt, weil materielle Notwendigkeiten zur Aufnahme einer (Vollzeit-)Erwerbsarbeit zu Lasten der Erziehungsarbeit weit weniger stark ausgeprägt werden. Die Teilhabesicherung von Kindern wäre mit einer Kindergrundsicherung damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und würde auch zu einem weiteren Ausgleich zwischen kinderlosen Personen und Familien beitragen.

Freie Wähler: Prinzipiell erachten wir das Elterngeldgesetz nicht als diskriminierend. Das Elterngeld gleicht das fehlende Einkommen der Eltern aus, wenn diese ihre Kinder betreuen. – Problematisch bleibt die Fragestellung der gerade in Sachsen-Anhalt hohen Kinderarmut. Es bedarf einer effektiven Kindergrundsicherung um diese Problematik wirksam entgegenzutreten. Diesbezüglich können wir uns vorstellen über entsprechende Bundesratsinitiativen tätig zu werden.

 

Antwort der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt auf die Wahlprüfsteine des Bündnisses „Rettet die Familie“

  1. Familienpolitik und Grundgesetz (GG)

Hält es Ihre Partei für mit dem GG (Art. 6,1) vereinbar, dass Kosten und Wertschöpfung der Kindererziehung so stark auseinanderfallen, wie das zur Zeit der Fall ist, indem die erwerbstätig gewordenen Kinder den kinderlosen Erwerbstätigen, die weniger Kinderkosten getragen haben, in der Regel höhere Renten finanzieren müssen als den eigenen Eltern?

Für DIE LINKE kommt es darauf an, eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft zu gestalten, Familien bestmöglich zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienleben zu verbessen und Kinder- und Altersarmut zu verhindern. Die Unterstützung von Kindern und Familien auf der einen und die gesetzliche Rentenversicherung auf der anderen Seite der Lebensspanne müssen noch viel stärker als solidarische Umlagesysteme ausgestaltet werden, sie dürfen aber nicht gegeneinandergestellt oder gegeneinander aufgerechnet werden.

DIE LINKE will u.a. den Elterngeldanspruch auf 12 Monate pro Elternteil (bzw. 24 Monate für Alleinerziehende) verlängern und den Mindestbetrag des Elterngelds auf 400 Euro und beim Elterngeld Plus entsprechend auf 200 Euro anheben. Außerdem fordert DIE LINKE, dass das Elterngeld nicht auf Transferleistungen angerechnet wird. Seit 2011 wird Elterngeld zum Beispiel auf Hartz IV angerechnet. Insbesondere Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, sind seitdem von der Leistung ausgeschlossen.

Wir fordern Arbeitszeitmodelle, die es Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, die sich lediglich an betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten Zeitautonomie und eine Erwerbsarbeit, die zum Leben passt und sich an die Anforderungen der unterschiedlichen Lebensphasen anpassen kann. Dazu zählen Homeoffice und Teilzeitarbeit. Eltern brauchen besonderen Kündigungsschutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Kinderkrankentage befristet bis Ende 2021 für gesetzlich versicherte Elternteile um zehn weitere Tage je Kind und für Alleinerziehende um zusätzlich zwanzig Tage je Kind verlängert. Wir wollen eine dauerhafte Verlängerung der Kinderkrankentage. Dies muss auch für Beschäftigte in Mini- und Midijobs, Soloselbstständige und Freiberufler*innen gelten. Außerdem wollen wir eine zusätzliche bezahlte Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt eines Kindes.

DIE LINKE fordert familienfreundliche Steuermodelle statt Ehegattensplitting. Das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum soll zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartner*innen übertragbar sein.

DIE LINKE spricht sich für dafür aus, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht nur für familienrelevante Verbrauchsartikel gelten soll, sondern auch bei Dienstleistungen für Kinder greifen soll. Wir begrüßen sehr, dass Hygieneartikel für Frauen seit 2020 nur noch mit 7 % Umsatzsteuer belegt werden, und fordern, dass dieser ermäßigte Umsatzsteuersatz endlich auch für apothekenpflichtige Arzneimittel sowie Verhütungsmittel gelten soll. Die Senkung des Umsatzsteuersatzes auf all diese Produkte bedeutet eine sofortige Entlastung von Familien und kommt in erster Linie den am wenigsten Begüterten zugute.

Um eine gleichmäßigere Entlastung aller Familien zu gewährleisten, wollen wir nicht das Steuerrecht bemühen, sondern fordern gemeinsam mit Sozialverbänden und Gewerkschaften eine Kindergrundsicherung. Diese soll bei 630 Euro für die ärmsten Kinder beginnen und je nach Einkommenssituation auf mindestens 328 Euro abgeschmolzen werden. Mit der Kindergrundsicherung schaffen wir das bestehende bürokratische, restriktive und intransparente soziale Sicherungssystem für Kinder einkommensarmer Familien ab. Sie wird weder beim Bezug von Sozialleistungen noch innerhalb des Steuerrechts als Einkommen der Eltern oder anderer Haushaltsangehöriger angerechnet.

Hält es Ihre Partei für mit dem GG (Art. 6,2) vereinbar, dass der Staat über die gesetzliche Zuerkennung oder Nicht-Zuerkennung staatlicher Leistungen, Eltern in ihrer Entscheidung, wie sie ihre Kinder erziehen, zu beeinflussen versucht, wie das durch die Ausgestaltung des Elterngeldgesetzes und die ausschließliche Finanzierung der Fremdbetreuung geschieht?

Ja, DIE LINKE hält die genannten Punkte für grundgesetzkonform. Die Frage, ob Elterngeld beantragt wird oder nicht, hat primär nichts mit der Frage zu tun, wie Eltern ihre Kinder erziehen, sondern soll Eltern – wenn gewünscht – Freiräume ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können. Allen Eltern steht die Entscheidung frei, wie lange sie ihr Kind häuslich betreuen wollen.

Darüber hinaus finanziert der Staat mit Kindertagesstätten bzw. Tagesmüttern ein Angebot für die Eltern zur Kinderbetreuung, das diese annehmen können. Für DIE LINKE sind Kindertagseinrichtungen Orte frühkindlicher Bildung, deren Besuch durch die Kinder für die Eltern grundsätzlich beitragsfrei erfolgen soll.

  1. „Kinderrechte“ ins Grundgesetz?

Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass das Kinderrecht auf Betreuung durch die Eltern besser verwirklicht wird? Wie soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass eine neue Passage im GG zum Vorwand genommen wird, die Erziehungsarbeit der Eltern noch stärker zu behindern, als das schon bisher geschieht?

Eine Behinderung der Erziehungsarbeit von Eltern, wie in der Frage unterstellt, wird von uns so nicht gesehen. Schon gar nicht durch Regelungen im Grundgesetz. DIE LINKE streitet dafür, die Rechte von Kindern stärker in der Verfassung auszugestalten und zu verankern. Hier stehen für uns u.a. der Schutz vor Armut und körperlicher und psychischer Unversehrtheit und die Rechte auf eine gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen im Zentrum.

  1. „Gleichstellungspolitik“

Wird sich Ihre Partei für eine Gleichberechtigung der Mütter und Väter auf der Grundlage einer Gleichbewertung von Erziehungsarbeit und herkömmlicher Erwerbsarbeit einsetzen, auch wenn die Kinder länger als das erste Lebensjahr von den Eltern selbst betreut werden?

Erwerbsarbeit, Familienarbeit und gesellschaftliches politisches Engagement sind gleichermaßen wichtige Bereiche gesellschaftlicher Arbeit. DIE LINKE streitet für ein Grundeinkommen, dass den Einsatz der Menschen für die Gesellschaft außerhalb der Erwerbsarbeit honoriert und Freiräume für Engagement schafft.

  1. Honorierung der elterlichen Erziehungsarbeit

Wird sich Ihre Partei im Landtag dafür einsetzen, dass eine finanzielle Gleichberechtigung von Eltern, die ihre U3-Kinder selbst betreuen, verwirklicht wird, um eine echte Wahlfreiheit herzustellen?

Das Land investiert bereits heute in großem Umfang in das Kinderbetreuungssystem mit einem bundesweit noch immer einmalig ausgestalteten Rechtsanspruch. DIE LINKE konzentriert sich darauf, den Rechtsanspruch wieder auf 10 Stunden täglich für alle Kinder auszuweiten, die Betreuungsrelationen und die Arbeitsbedingungen für die Erzieher*innen deutlich zu verbessern, um so die Betreuungsqualität in den Einrichtungen zu steigern und die Elternbeiträge abzuschaffen. Hier ist eine Verdopplung der bisher eingesetzten Mittel aus dem Landeshaushalt erforderlich, von dem alle Kinder und alle Eltern profitieren können. Versuche, auf Landesebene eine finanzielle Gleichbehandlung von Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen, über ein Landeserziehungsgeld herzustellen, sind dagegen gescheitert. DIE LINKE verfolgt einen solchen Weg daher nicht.

  1. Elterngeldgesetz

Wird sich Ihre Partei im Bundesrat für eine Beseitigung der sich aufgrund des Elterngeldgesetzes ergebenden Diskriminierung von Mehr-Kind-Eltern und von jungen Eltern einsetzen?

DIE LINKE sieht Eltern, die während des Elterngeldbezugs erneut Kinder bekommen, bei der dann verlängerten Elterngeldzahlung nicht benachteiligt, da stets auf die letzten 12 Monatseinkommen aus Erwerbstätigkeit zurückgegriffen wird und die Elterngeldmonate nicht in die Berechnung aufgenommen werden. Da es sich beim Elterngeld um eine Lohnersatzleistung handelt, bildet das Einkommen die Basis für eine Lohnersatzleistung, nicht die Lohnersatzleistung selbst.

 

 

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