An die ehemalige Familienministerin Dr. Kristina Schröder
Villingen, 28.10.2013
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
liebe Frau Dr. Schröder,
seitdem Sie das Amt der Familienministerin bekleideten, verfolgten wir vom Verband Familienarbeit Ihr Tun mit großem Interesse. Immer mehr entstand bei uns der Eindruck, Sie säßen sehr ungemütlich eingeklemmt zwischen den Stühlen, die Ihre Vorgängerinnen, Renate Schmidt und Ursula von der Leyen, für Sie aufgestellt hatten. Die Tatsache, dass Sie während Ihrer Amtszeit Mutter wurden, ließ bei uns die Hoffnung keimen, Sie wüssten dadurch auch die politische Bedeutung dieser Statusänderung im Leben einer Frau besser zu beurteilen als all die vielen „kinderfreien“ Frauen, die in Politik und Medien fröhlich mitreden wie der sprichwörtlich „Blinde von der Farbe“. Die Arroganz, mit der diese Personen erwarten, dass ihre ideologisch unterlegten Meinungen zur familienpolitischen Staatsreligion erhoben würden, ist atemberaubend.
Nun haben Sie beschlossen, Ihren Sitz zu räumen, zugunsten Ihrer Familie. Obwohl in Ihrem Fall nicht mal – wie bei vielen Normalfamilien – das Geld eine Rolle spielt, wenn echte Wahlfreiheit nicht besteht, zogen Sie die Konsequenz aus der Erkenntnis: „Ich brauche mehr Zeit, um für mein Kind da zu sein“. Sie haben diese Erkenntnis mutig an die Öffentlichkeit getragen und müssen dafür viel Häme einstecken. Die so einfache Wahrheit, dass ein Kleinstkind eine täglich mehrstündige Anwesenheit seiner wichtigsten Bezugsperson, normalerweise der Mutter, braucht, um sich körperlich, geistig und seelisch gesund zu entwickeln, soll nicht mehr gelten. Der Euphemismus „Vereinbarkeit“ suggeriert eine Gleichgewichtung von Berufs- und Familienarbeit, meint aber immer unverblümter die Vollzeit-Erwerbsarbeit beider Eltern bei entsprechend früher und umfassender Fremdbetreuung der Kinder. Das diesbezügliche Zitat aus Ihrem Spiegel-Interview: „… Wir sollten bei der Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf ehrlicher sein“, spricht uns aus dem Herzen.
Auf die Gefahr hin, dass unser Lob als „von der falschen Seite“ kommend interpretiert werden wird, möchten wir damit in aller Form die Anfrage verbinden, ob Sie sich vorstellen könnten, Mitglied im Verband Familienarbeit zu werden.
Gerne hören wir von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Gertrud Martin
Vorsitzende des Verbands Familienarbeit e.V.
Dr. Kristina Schröder MdB
und Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend antwortet
Berlin 13. November 2013
Sehr geehrte Frau Martin,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Oktober 2013. Über die offenen Worte und Ihre freundliche Einladung, Mitglied im Verband Familienarbeit zu werden, habe ich mich sehr gefreut.
Ich teile Ihre Überzeugung, dass es nicht ausreicht, durch den Ausbau der Kinderbetreuung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Familienpolitik soll Menschen dabei unterstützen, so zu leben, wie sie selbst als Paar und als Familie leben wollen. Mütter und auch Väter, die sich Zeit für familiäre Fürsorgeaufgaben nehmen wollen, brauchen dazu insbesondere ein familienfreundliches Arbeitsumfeld, aber auch finanzielle Unterstützung, wie etwa durch Elterngeld und Betreuungsgeld. Für diese Politik der Wahlfreiheit und für gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber unterschiedlichen familiären Lebensmodellen habe ich mich als Bundesministerin eingesetzt.
Dennoch bitte ich um Verständnis, dass es mir wegen zahlreicher anderer, bereits bestehender Mitgliedschaften insbesondere in meinem Wahlkreis Wiesbaden nicht möglich ist, dem Verband Familienarbeit beizutreten. Ich lege Wert darauf, mich in Organisationen, denen ich als Mitglied angehöre, auch persönlich einzubringen. Mit Blick auf mein begrenztes Zeitbudget sehe ich dafür leider keine Möglichkeit.
Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
gez. Kristina Schröder