von Wiltraud Beckenbach
Die „Erfinderin“ des Muttertages war die Amerikanerin Ann Jarvis. Die Idee dazu hatte sie 1905 nach dem Tod ihrer Mutter. Bereits 1907 wurde er in Virginia und Philadelphia als Ehrentag für alle Mütter gefeiert.
1914 – am Vorabend des Ersten Weltkrieges – erklärte der amerikanische Präsident Thomas Woodrow Wilson den zweiten Sonntag im Mai zum Feiertag.
Wegen der schnell um sich greifenden Kommerzialisierung des Muttertages versuchte Ann Jarvis bis zu ihrem Tod gerichtlich dagegen vorzugehen. Es war vergeblich. Sie starb arm und erblindet in einem Heim, welches pikanterweise gerade vom Blumenhandel, der Branche, gegen die sie immer gekämpft hatte, finanziert wurde.
In Deutschland wurde der Muttertag am 13. Mai 1923 eingeführt. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass der damalige Initiator – ein gewisser Rudolf Knauer – Vorsitzender des Verbandes der Blumenhändler war. Er hatte mit sicherem Instinkt erkannt, was heute noch Gültigkeit besitzt: Der Muttertag ist der Tag der Blumensträuße, Cremetorten und Parfümfläschchen.
Ich persönlich sehe die Vermarktung des Muttertages mit Ärger und kann den Widerstand von Ann Jarvis gut verstehen. Wer das ganze Jahr über – und hier schließe ich vor allem unsere Politikerinnen und Politiker mit ein – die Leistung der Mütter nicht wahrnimmt, sollte das an diesem Tag auch nicht tun. Solch ein Muttertag ist eine überflüssige Alibiveranstaltung zur Beruhigung des schlechten Gewissens. Mit einem 20-Euro-Strauß gelte ich nicht die unzähligen Arbeitsstunden in der Familie ab. Wer dagegen das ganze Jahr über den Wert dieser Arbeit – ein Wert für die gesamte Gesellschaft – vor Augen hat, braucht keinen Muttertag. Er oder sie wird sich dann dafür einsetzen, dass Erziehungsarbeit der Erwerbsarbeit gleichgestellt wird und Mütter bzw. Väter endlich eine leistungsgerechte Bezahlung erhalten, bzw. im Alter ausreichend versorgt sind. Freilich kostet das mehr als einen Blumenstrauß.