Offener Brief an die Verbände der Kinder- und Jugendärzte

Beitragsbild: Familie in Armut

Als Vorstand des Verbandes Familienarbeit e.V. – eines parteipolitisch, weltanschaulich und konfessionell unabhängigen Eltern-Verbandes, setzen wir uns seit dessen Bestehen für eine tatsächliche Wahlfreiheit für Eltern ein, damit sie eigenverantwortlich entscheiden können, ob sie ihre Kinder in Krippenbetreuung geben oder zu Hause selbst betreuen wollen.

Wir beobachten seit langem, dass die Familienpolitik die Fremdbetreuung der Kinder mit enormen finanziellen Mitteln fördert, die Betreuung durch die eigenen Eltern dagegen nicht. Gleichzeitig sind die Lebenshaltungskosten für junge Familien besonders in den Großstädten drastisch gestiegen, sodass sich immer mehr Eltern gezwungen sehen, beide in Vollzeit einer außerhäuslichen Erwerbsarbeit nachzugehen und ihre Kinder bereits in einem Alter von unter drei Jahren in eine Gruppenbetreuung abzugeben.  All das steht nach unserer Auffassung in klarem Gegensatz zum in Art. 6 (2) GG verankerten Elternrecht.

Laut einem Artikel in der FAZ vom 12. 12. 2022 hat die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) im Jahr 2012 Fremdbetreuungszeiten für Kinder unter 18 Monaten völlig abgelehnt und für die Altersgruppe zwischen 18 und 36 Monaten Fremdbetreuung nur mit hohen Qualitätsansprüchen und halbtags als sinnvoll erachtet, und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat sich diesen Empfehlungen im Jahr 2019 weitgehend angeschlossen. In demselben FAZ-Artikel werden die negativen Effekte der Fremdbetreuung für unter Dreijährige ausführlich geschildert und als Beleg werden Studien aus den USA (NICHD-Studie) und Kanada (Québec-Experiment) angeführt.

Angesichts dieser Sachlage halten wir es für dringend geboten,

  • die immer noch gültigen Empfehlungen und des BVKJ zur Gruppenbetreuung von Kindern unter drei Jahren wirksam an die Öffentlichkeit zu tragen,
  • den Eltern zu helfen, ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf Erziehung ihrer eigenen Kinder ohne jegliche Benachteiligung wahrnehmen zu können,
  • einen öffentlichen Diskurs über dieses wichtige gesellschaftliche Thema in Gang zu bringen,
  • die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien als oberste Priorität zu betrachten und nicht den Interessen des Arbeitsmarkts nach mehr Arbeitskräften unterzuordnen.
  • die einseitige Finanzierung der Fremdbetreuung zu beenden und die Eigenbetreuung von Kindern unter drei Jahren – entsprechend den Forderungen des Grundgesetzes – in gleichem Umfang zu finanzieren wie einen Krippenplatz (heute ca 1000 €/Monat).

Die Empfehlungen der DGSPJ von 2012 können von immer mehr Eltern kleiner Kinder aus finanziellen Gründen nicht eingehalten werden. Damit dies wieder möglich wird, muss die familiäre Betreuungsarbeit vergleichbar der Krippenbetreuung gefördert werden.  Dies dient dem Kindeswohl, dem Wohl der Familien und dem Gemeinwohl. Eine solche Förderung hätte gleichzeitig den Effekt, die extrem angespannte Gesamtsituation in den Kindertagesstätten zu beheben.

Es ist an der Zeit, den Eltern zu helfen, ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf Erziehung ihrer eigenen Kinder in vollem Umfang wahrzunehmen. Auch die Kinderärzte vor Ort sollten den Eltern Mut machen, die Bedürfnisse ihrer Kinder nach Nähe und Bindung zu erkennen und ihre eigenen Wünsche zur Selbstbetreuung nicht zu verleugnen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Namen unseres Vorstands

Johannes Resch
Verband Familienarbeit e.V.

1     FAZ 07. Dezember 2022; Autoren: Walter Dorsch (Kinder- und Jugendmediziner in München) und Klaus Zierer (Erziehungswissenschaftler an der Universität Augsburg)

Comments

  1. Benjamin Klein schreibt:

    Lieber Verband Familienarbeit,
    herzlichen Dank für diese ausführliche Beschreibung der Situation und Not vieler Familien, der damit verbundenen Forderungen und der Veröffentlichung.
    Ich stimme euch in vollem Umfang zu!
    Ich wüsste gerne, ob ihr diesen Text „nur“ als offenen Brief verfasst habt, oder gibt es irgendwo die Möglichkeit das Anliegen zu unterstützen? Existiert bereits eine Petition zu diesem Thema oder ist sie noch in Planung?
    Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Anliegen mehr Gewicht erhält, wenn es von vielen Familien unterstützt wird.
    Mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen für eure Arbeit,
    Benjamin Klein (3 Söhne)

    • Johannes Resch schreibt:

      Lieber Herr Klein,

      recht vielen Dank für Ihre Zuschrift.
      Gleichzeitig zu unserer Pressemeldung zur Kinderbetreuung hat es auch ein Interview zum gleichen Thema mit dem Kontrafuk gegeben, das wir inzwischen auch auf diese Webseite gestellt haben. Dort können Sie unter der Adresse echo@kontrafunk.de eine Stellungahme abgeben, die wir dann ebenfalls neben anderen Stellungnahmen veröffentlichen können. Eine Petition zum gleichen Thema ist eine gute Idee. Ich werde das unserem Vorstand vorschlagen.
      Im Übrigen: Wenn Sie unsere Ziele befürworten, wäre es doch auch konsequent, unserem Verband beizutreten. Nur als mitgliederstarker Verband können wir auf politischer Ebene Druck ausüben.

      Sie können sich auch auf unserer Webseite weiter informieren oder mich auch gern anrufen (063469890628).

      Beste Grüße
      Johannes Resch, Verband Familienarbeit e.V.
      https://www.familienarbeit-heute.de

    • Johannes Resch schreibt:

      Lieber Herr Klein,
      Sie unterstützen unsere Initiative schon durch Ihre Zuschrift, die ja hier alle lesen können.
      Den Vorschlag für eine Petition werden wir uns zu Herzen nehmen. Erfolgreich werden wir nur sein, wenn wir möglichst dauerhaft aktiv sind. Dazu benötigen wir möglichst viele Mitglieder.Treten Sie doch unserem Verband bei. Je mehr wir uns auf MItglieder stützen könen, desto schlagkräftiger sind wir auf der politischen Ebene.

      Beste Grüße

      Johannes Resch
      Verband Familienarbeit e.V.
      https://www.familienarbeit-heute.de

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