dhg-Resolution, verabschiedet auf der JHV am 28.09.1991 in Düsseldorf
Für den Schutz des Lebens:
Lohn für Familienarbeit statt Strafverfolgung bei Abtreibung
Wir als soziale Interessenvertretung der Hausfrauen wollten bisher eine allgemein verbindliche Aussage zum § 218 nicht treffen, weil uns bekannt ist, dass im Kreis der Mitglieder ganz unterschiedliche Meinungen hierzu vorhanden sind.
Wir sehen uns auf Grund der intensiven Diskussion zum Strafparagraphen 218 dennoch veranlasst, Stellung zu nehmen, und haben hierzu auf der Jahreshauptversammlung am 28. September 1991 in Düsseldorf eine Resolution verabschiedet, die den Minimalkonsens des dhg Vorstandes darstellt:
Die DEUTSCHE HAUSFRAUENGEWERKSCHAFT e.V. (dhg) vertritt die Interessen derjenigen, die die Folgen des „Ja zum Kind“ kennen und tragen. Die dhg vertritt Familienhausfrauen. Wir halten es für ein Gebot der Gerechtigkeit, dass bezüglich des Straf-Paragraphen 218 die Stimmen der Mütter mit ihren Erfahrungen ein stärkeres Gewicht erhalten. In unseren Gesetzgebungs- und höchsten Rechtsprechungsorganen sind sie bisher kaum vertreten.
Wir erinnern daran: Jegliches Leben ist schützenwert, nicht nur das Ungeborene. Aus Verantwortung und Liebe für die durch uns geborenen und großgezogenen Kinder und Kindeskinder fordern wir Frauen und Männer der dhg vom Parlament und den Regierenden sowie allen anderen Mitgliedern unserer Gesellschaft DEN SCHUTZ DES LEBENS – DIE VORAUSSETZUNG DES LEBENS zu gewährleisten:
– soziale Gerechtigkeit insbesondere für Mütter, deren Arbeitsleistung bisher zum Nulltarif genommen wurde
– Schutz der Natur
– Ausstieg aus lebensbedrohenden Technologien. Zu Forschungszwecken wird sogenanntes „fötales Material“ erzeugt, während die Abtreibung als Mord bezeichnet wird.
Sich für den Schutz des ungeborenen Lebens einzusetzen, muss vor allem heißen, menschenwürdige, tragbare Lebensbedingungen für diejenigen durchzusetzen, durch die Leben sich entwickelt, die es gebären und großziehen. Abtreibung ist ein Indiz dafür, dass dies in unserer Gesellschaft nicht gewährleistet ist. Das Ja zum Kind darf nicht mit dem Verlust der Eigenständigkeit bezüglich des Einkommens und der sozialen Sicherung bestraft werden und zu einem nahezu rechtlosen Status führen. Gönnerhafte staatliche Almosen, sogenannte Hilfen, wie das jetzt beschlossene Familiengeld, sind keine Voraussetzung für ein selbstverantwortliches und mündiges Leben mit Kindern.
Deshalb fordern wir:
– einen den Erwerbstätigen gleichwertigen sozialen Status für nicht erwerbstätige Mütter durch Gleichstellung der gesellschaftlich unentbehrlichen Familienhausarbeit mit der Erwerbsarbeit mit allen finanziellen und sozialrechtlichen Konsequenzen.
– Recht auf Beratung und Unterstützung nicht nur bei Schwangerschaft und Geburt, sondern auch bei der Erziehung.
– Anerkennung der in der Familie erworbenen Qualifikation bei weiteren beruflichen Tätigkeiten.
– Handlungskonzepte zur gesellschaftspolitischen Einbeziehung von Müttern mit ihren Erfahrungen.
– Stärkung des sozialen Bewußtseins und der Erziehungsverantwortung von Vätern.
– Erziehung zur sexuellen Verantwortung,
– Vergewaltigung in der Ehe als Straftatbestand.
Eine Gesellschaft ist krank, in der Mütter sich unproduktiv fühlen müssen, wenn sie die Erztehungs- und Pflegearbeitfür ihre Kinder selbst leisten; in der ihre Würde und Entscheidungskompetenz ihnen aberkannt werden; in der sie – oft nachdem schon der Geschlechtsverkehr erzwungen worden ist – zur Mutterschaft gezwungen werden können und dann mit dieser umfangreichen, verantwortungsvollen Aufgabe allein gelassen werden. Dies zeugt letztlich von tiefster Lebensverachtung und hat mit Lebensschutz im Sinne des Schutzes der gesamten Person von Mutter wie auch Kind wenig zu tun.
Es kann nicht darum gehen, Abtreibung zu bestrafen, sondern nur darum, alles Notwendige für eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Mütter und Kinder zu tun. Und dies sollte mit mindestens dem gleichen Engagement und finanziellem Einsatz geschehen, wie es für eine Vielzahl von mehr oder weniger gemeinnützigen Projekten wie neue Technologien und Forschung verschiedenster Art praktiziert wird.
Die DEUTSCHE HAUSFRAUENGEWERKSCHAFT fordert für den SCHUTZ DES LEBENS:
LOHN FÜR HÄUSLICHE ERZIEHUNGS- UND PFLEGEARBEIT statt Strafverfolgung bei Abtreibung.
Quelle: dhg Rundschau 4/91