Fehlende Wahlfreiheit schafft staatlich gewünschten Krippenbedarf

Pressemitteilung des Heidelberger Familienbüros vom 30. März 2007 zur Umfrage des Familiennetzwerkes zum Bedarf an Krippenplätzen
Bund, Laender und Kommunen ruesten sich lautstark fuer den grossen Krippen-Gipfel (siehe HBF-Presseumschau) am kommenden Montag bei der Bundesfamilienministerin. Neben der obligatorischen Streitfrage "Wer soll das alles bezahlen?" werden sich die professionellen Streiter/innen fuer die Familien hoechst unterschiedliche Zahlen zum notwendigen Ausbaubedarf um die Ohren schlagen (HPL).
Die Ministerin strebt eine Versorgungsquote von 30 bis 35 Prozent an. Dafuer seien insgesamt rund 730.000 neue Krippen/Tagesmuetter-Plaetze noetig. Da im Osten die Krippenquote bereits erfuellt ist, muessen diese Plaetze also nur im Westen geschaffen werden. Vor dem Hintergrund von (maximal) 680.000 Geburten im letzten Jahr ist dies eine PISA-Schlusslicht-Rechnung.

Nimmt man den westdeutschen Anteil an den Geburtenzahlen, also rund 585.000 Babys, dann bestünde pro Jahrgang bei einer 30-prozentigen-Versorgungsquote ein Bedarf von 175.000 Plaetzen im Westen. Im ersten Jahr sollten ja die Eltern – dank Elterngeld und weil sie ja auch nach Ansicht der Ministerin wenigstens 12 Monate Zeit fuer ihr Kind haben sollen – die Betreuung selbst uebernehmen. So muss die staatlich organisierter Betreuung erst im zweiten und dritten Lebensjahr angeboten werden – also fuer insgesamt rund 350.000 Kleinkinder. Laut Bundesministerium sind im Westen derzeit rund 121.000 Plaetze fuer Kleinstkinder vorhanden (HPL).
Damit besteht also eine Versorgungsluecke von maximal 230.000 Plaetzen! Daher ist die ministerielle 730.000-Krippen/Tagesmuetter-Zahl bestenfalls ideologisch, aber nicht rechnerisch nachzuvollziehen.

Aber das ist noch nicht alles. Nach einer heute veroeffentlichten REPRAESENTATIVEN UMFRAGE sind die Krippenbedarfszahlen der Bundesfamilienministerin offenkundig Produkt der politisch verursachten Zwangslage vieler Eltern.

Bekanntlich hat gerade die schwarz-rote Bundesregierung den wirtschaftlichen Druck auf Familien massiv erhoeht (z.B. Reduzierung der bezahlten Elternzeit durch das Elterngeld von 24 auf maximal 12 Monate; das Streichungs- und Mehrbelastungpaket fuer Familien von mindestens 8,5 Mrd Euro, vgl. dazu HBF-Beitrag im Berliner TAGESSPIEGEL 2007). Wie deshalb der Bedarf an organisierter Fremdbetreuung bei den Eltern tatsaechlich ist, konnte daher bislang nur geschaetzt werden. Heute hat das FAMILIENNETZWERK DEUTSCHLAND jedoch eine bundesweite, repraesentative UMFRAGE des Meinungsforschungsinstitut IPSOS vorgelegt, die sehr genau Auskunft gibt.

Wuerde die staatliche Subvention fuer eine Krippenplatz von rund 1.000 Euro/Monat an alle Eltern ausbezahlt (vgl. HBF 2007b), dann wuerden sich 69 Prozent aller Eltern dafuer entscheiden, zu Hause zu bleiben und ihr Kind bis zum dritten Lebenjahr selbst betreuen. Verknuepft man diese Zahlung zudem noch mit dem Recht auf eine gesicherte Rueckkehr auf den alten Arbeitsplatz, dann wuerden sogar rund 92 Prozent aller Frauen dieses Angebot annehmen. Bei der Moeglichkeit, familiaere Betreuung und zeitweise Unterstuetzung durch eine Krippe zu kombinieren, wuerden rund 56% ausschliesslich die Betreuung zu Hause nutzen und 38,5% die Kombination aus beidem waehlen. – Diese Daten decken sich teilweise genau mit vergleichbaren, noch umfangreicheren Untersuchungen in der Vergangenheit (vgl. HBF 2004)

Vor diesem Hintergrund waeren alle in der politischen Diskussion befindlichen Bedarfszahlen reine Makulatur. Allerdings hatte das schwarz-rote Regierungsbuendnis ja selbst in seinem Koalitionsvertrag unmissvestaendlich erklaert, was das eigentliche Ziel ihrer "familienpolitischen" Bemuehungen ist: Die Steigerung der Frauen-, genauer gesagt der Muettererwerbsquote entsprechend den europaeischen Vorgaben. (vgl. HBF 2007a)

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