Bettschüsselprämie ja – Betreuungsgeld nein ? (Fh 2012/2)

Auszüge aus der Dankrede von Gesa Ebert nach Erhalt des Bundesverdienstkreuzes am 23.04.2012

… Natürlich hatte ich nicht selten das berühmte schlechte Gewissen, weil ich oft mit den Gedanken, aber auch schlicht körperlich abwesend war wegen dieser politischen Arbeit. Das war sicher nicht so viel anders als bei einer erwerbstätigen Mutter, nur unregelmäßiger – und ohne Bezahlung.
Wer konzentriert am Schreibtisch arbeitet, im Laden steht oder in der Schule unterrichtet, kann nicht gleichzeitig das Essen für die Kinder kochen oder ihnen zuhören …
Gelernt habe ich bei dieser Verbandsarbeit sehr viel, von den Kolleginnen, auch von den Frauen, die vor mir tätig waren. Ihnen allen bin ich dankbar.

Wenn ich diese Ehrung unseres Staates auch als Anerkennung der Leistungen des Verbandes der Familienfrauen und -männer insgesamt ansehe, und das tue ich, ist es dann verwegen, daraus den Schluss zu ziehen, dass der Staat die Ziele dieser Organisation nicht als absurd ansieht? Nämlich die Forderung, dass die häusliche Arbeit sowohl für Kinder als auch für alte oder kranke An­gehörige finan­ziell anerkannt wird? Mit Lohn und Rente und mit einem modernisierten, gleichberechtigten Eherecht?

„Rente statt Rosen“ war nicht von ungefähr der Titel eines unserer Flugblätter zum Muttertag.
Ich glaube, dass der Feminismus deshalb seit Jahren auf der Stelle tritt, weil ein Großteil der Frauen sieht, dass ihre Arbeit zuhause politisch gar keine Rolle mehr spielt – das war in den 1980er Jahren anders, zu Zeiten des Müttermanifestes. Heute wird wieder gesagt, das sei keine Arbeit, Es wird wieder behauptet, Haus- und Familienfrauen seien nicht-arbeitende Frauen.

Zurzeit wird ja heftig darüber gestritten, ob Kinder nach dem ersten Geburtstag noch zuhause betreut werden sollen oder dürfen bzw. ob es dafür ein wenig Geld geben darf: das Betreuungsgeld. Es geht um 100 oder 150 Euro im Monat, pro Kind. Auch für die Krippenbetreuung geben die öffentlichen Kassen Geld aus, viel Geld: etwa 1.000 Euro pro Kind und Monat. Die Koalition in Berlin droht an diesem Streit zu zerbrechen. Oder ist das nur Wahlkampf-Getöse?
Zahlungen an die Eltern – das würde zu Fehlanreizen führen, sagen diejenigen, die sich ausschließlich für die Krippenfinanzierung stark machen. Also: Geld nehmen, Kind vernachlässigen, seine Förderung vernachlässigen. Solche Eltern gibt es wohl.
Aber wieso werden alle Eltern unter diesen Verdacht gestellt?

KritikerInnen bezeichnen das Betreuungsgeld als „Herdprämie“. Wer dieses Wort benutzt, will gezielt beleidigen, will andere massiv diskriminieren. Das stellte die Jury fest, die diesen Kampfbegriff schon 2007 zum „Unwort des Jahres“ erklärt hat. Süffisant bringen Politikerinnen und Journalisten das Wort in jeder Verlautbarung unter, nach wie vor, seit Monaten.

Fehlanreize? Gemeint ist damit auch, dass Frauen dann weniger Erwerbsarbeit leis­ten. Solche Bedenken haben dieselben Leute aber bei einer anderen Zahlung für häusliche Arbeit nicht – beim Pflegegeld für alte Menschen. Dieses ist nicht begrenzt auf zwei Jahre wie das Geld für Kinder. Auch Pflege wird hauptsächlich von Frauen übernommen Auch für die Pflege treten Frauen bei der Erwerbs­arbeit kürzer. Auch in der Pflege gibt es Vernachlässigung. Aber gegen das Pflegegeld werden keine Hasstiraden abgelassen. Es wird nicht „Bettschüssel-Prämie“ genannt. Im Gegenteil, es wird befürwortet. Warum wohl … ?
Zum Stichwort Vernachlässigung gäbe es noch viel anzumerken, hier nur dies: Im vergangenen Jahr haben wir alle erfahren, dass Lehrer und Priester in hoch angesehenen Internaten viele Jahre lang Kinder und Jugendliche massiv sexuell benutzt und damit schwer geschädigt haben. Wird deshalb gefordert, alle Internate zu schließen?

Geht es wirklich um die Kinder? Anders gefragt: Würde wohl ein einjähriges Kind von sich aus in eine Krippe gehen, in eine Krippe krabbeln? Es geht mir nicht darum, Betreuungs-Einrichtungen für Winzlinge ganz abzulehnen (wir reden ja nicht vom Kindergarten). Ich halte es aber für fatal, Krippen zu glorifizieren, wie das derzeit geschieht.
Mit dem Thema Krippe und Betreuungsgeld hat sich mein Verband intensiv befasst und Stellungnahmen dazu erarbeitet und sie an Politik und Medien geschickt. Sie wurden meines Wissens von keiner Zeitung aufgegriffen; sie werden ignoriert.

Als eine „Glanzleistung des Patriarchats“ bezeichnete vor vielen Jahren die Rechtsanwältin Barbelies Wiegmann diese Absurdität, dass Frauen, die mehrere Kinder erziehen, einen großen Haushalt stemmen, alte Familienmitglieder jahrelang pflegen, diesen Sprach-Unsinn übernommen haben und sogar über sich selbst sagen: Ich arbeite nicht.
Hausfrauen arbeiten also angeblich nicht, während erwerbstätige Frauen sich als doppelt belastet bezeichnen? Hier stimmt doch etwas nicht. Denn wer Familienfrauen und -männer als Nicht-Arbeitende ansieht, behauptet ja damit, zuhause sei gar nichts zu tun. Wenn das so ist, gibt es auch für erwerbstätige Mütter zu Hause nichts zu tun. Wenn also die Familienarbeit gar keine Arbeit ist, dann kann es auch keine Doppelbelastung geben !!!
Das Thema häusliche Kindererziehung, das von der offiziellen Frauenbewegung, also dem Mainstream-Feminismus (man kann ihn auch Schwarzer-Feminismus nennen) ausgeblendet, ja richtig bekämpft wird, auch vom Deutschen Frauenrat bekämpft wird, ist mir ein Herzensanliegen.

Ich rechne mich mit meinem Verband sehr wohl zur Frauenbewegung. Aber wir haben nicht diesen eingeschränkten Begriff von Emanzipation, der jegliche Erwerbsarbeit, und sei sie noch so schlicht, als Befreiung ansieht, aber die Arbeit von Familienfrauen und Hausmännern als Hobby einstuft.
Auch Mütter wollen verständlicherweise in ihren erlernten Berufen arbeiten, und das sollen sie auch. Aber ganz sicher wollen nicht alle mit kleinen Kindern vollzeit­erwerbstätig sein, wenn der Partner seine Erwerbsarbeit nicht reduziert. Darum geht es.

SOFORTMASSNAHMEN
Und es geht darum, den zuhause arbeitenden Elternteil besser zu stellen. Dies kann mit einigen ersten bedeutenden Schritten vorangebracht werden, die den Staat kein Geld kosten.
1. Bei Ehepaaren dürfte das Steuersplitting nur angewendet werden, wenn beide gleichberechtigt über das Einkommen verfügen – rechtlich ist das bislang nicht gegeben – , denn das Splitting basiert auf der Erwerbsgemeinschaft Ehe. Wenn der Gesetzgeber hier nicht endlich tätig wird, ist eine Klage von Betroffenen denkbar.
2. Die Aufteilung der Rentenanwartschaften bei Ehepaaren muss auch bei bestehender Ehe die Regel werden (je hälftig für die Zeit der Ehe). Heute ist das nur bei der Scheidung möglich oder als Wahlmöglichkeit bei jungen Ehen. Die heutige finanzielle Abhängigkeit der familientätigen Person vom erwerbstätigen Ehepartner – die ja kein Naturgesetz ist, sondern vom Gesetzgeber geschaffen wurde – ist durch nichts gerechtfertigt. Sie muss aufgehoben werden! Das kann schnell erfolgen.
Unsere Vorschläge dazu liegen vor.

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