von Ursula Kornfeld
„In herzlicher Vorfreude“, schrieb unsere Bundesvorsitzende Gertrud Martin unter die Einladung zur Jahreshauptversammlung in unserer Verbandszeitschrift „Familienarbeit heute“, was schon die gute Grundstimmung im Verband anzeigt. Der Gerok-Raum im Hospitalhof war voll besetzt.
Gertrud Martin eröffnete die Versammlung und las zur Begrüßung einen launigen Text über das Zuhören vor. Als Gast und für die Lesung gegen Ende unseres Treffens wurde Sabine Mänken vorgestellt. Sie ist Mitherausgeberin des Buches „Die verkaufte Mutter“, in dem 21 persönliche Berichte gesammelt sind von Frauen, deren Lebensentwurf als Mütter durch die Politik wenig Anerkennung und Ermutigung erfuhr.
Wiltraud Beckenbach gratulierte Gertrud Martin im Namen des Verbandes zu ihrem 80. Geburtstag. Als Geschenk überreichte sie ein Karikaturenbuch, womit sie bei der Jubilarin ins Schwarze traf.
Nun folgten die Tätigkeitsberichte des Vorstands:
Die Vorsitzende berichtete, die Arbeit sei insgesamt sehr umfangreich für sie geworden, da sie mittlerweile vier „Stellen“ selbst bearbeite. So seien aktuell noch vermehrt Aufgaben bei der Gestaltung und Herausgabe der „Familienarbeit heute“ dazugekommen. Speziell für diese Arbeit werden interessierte Mitarbeiter/innen gesucht.
G. Martin sprach auch an, dass man als Verband mit Schwerpunkt Familie durch den Aufstieg der AfD, die eine ähnliche Familienpolitik vertrete, Gefahr laufe, in die „rechte Ecke“ gedrängt zu werden. Sie dankte Johannes Resch für den immer hilfreichen Gedankenaustausch und die harmonische Zusammenarbeit, ebenso Gudrun Nack, die die Geschäftsstelle im bisherigen Umfang betreut, aus zeitlichen Gründen aber leider nicht mehr im Redaktionsteam mitwirken kann.
Birgit Kelle, stellvertretende Vorsitzende, ließ sich wegen derzeit umfangreicher familiärer Pflichten entschuldigen. Zum Thema AfD riet sie dringend dazu, Abstand zu halten.
J. Resch, u.a. verantwortlich für die Pressearbeit des Verbands, betonte deren positive Entwicklung in der Außenwirkung. Über seinen Verteiler leitet er auch Wissenswertes von anderen Institutionen weiter. Wer darin aufgenommen werden möchte, kann sich an ihn wenden.
G. Martin berichtete, daß unser Verband Abonnent des „frauenpolitischer Dienst (fpd)“ ist, der vierzehntägig Nachrichten verschickt. Auch unsere Stellungnahmen werden dort berücksichtigt.
Noch einmal wurde die Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Benachteiligung beim Elterngeld angesprochen. Die Ablehnung von Beschwerden, die von Familien mit mehreren Kindern eingereicht worden waren, durch beide Gerichte zeige, daß diese sich nicht am GG orientieren. Beim BVerfG wirkten sechs kinderlose Richterinnen an den Urteilen zu der Frage mit, ob Kindererziehung in der Familie wertvoll sei. Resch: „Wir haben keine Urteile bekommen, die Beschwerden wurden gar nicht zur Entscheidung angenommen. Die erste Ablehnung wurde damit begründet, daß die Gleichberechtigung der Frau nur über die Erwerbsarbeit möglich sei, was eine Missachtung der Erziehungsarbeit bedeutet.“
Der Verband führte einen Briefwechsel mit dem Deutschen Frauenrat und dem Bundesforum Männer, die der Meinung sind, dass eine höhere tarifliche Einstufung von Pflege-, Erziehungs- und anderen sozialen Berufen auch eine bessere Wertschätzung der unbezahlten Familienarbeit mit sich brächte. G. Martin dazu: „Diese Auffassung konnten wir nicht unwidersprochen lassen, denn von Wertschätzung allein wird niemand satt. Die Antwort war unbefriedigend.“
Aus der Runde kam die Anmerkung, dass der Staat erheblich mehr zu zahlen habe, sobald besondere Betreuung nötig wird. Der Trend zeige zunehmenden therapeutischen Bedarf. Wichtig sei es, von unserer Seite die Parteien auf das Grundgesetz hinzuweisen und auf soziale Gerechtigkeit zu pochen statt von konservativen Werten zu sprechen.
Lt. G. Martin ist die Beibehaltung der Betreuungsgeldregelung einzufordern, wie in Bayern geschehen, nachdem die Kompetenz dafür den Ländern zugeordnet wurde. Die Koalition in Baden-Württemberg will von diesem Geld den Eltern von Kindergartenkindern im letzten Jahr vor Schuleintritt monatlich je 75,- € von den Gebühren erlassen. „Das ist wieder die altbekannte Masche: Unterstützung gibt’s nur für Fremdbetreuung, nicht für die Elternarbeit. Nachdem ohnehin 95% der Fünf- und Sechsjährigen den Kindergarten besuchen, verpufft das Geld als Mitnahmeeffekt.“
Silke Bürger-Kühn, Beisitzerin, berichtete schriftlich z.B. über das Lokale Bündnis für Familien in Schorndorf und über den Landesfrauenrat, die Hebammensituation, Gewalt in Familien, Schutz für Flüchtlingsfrauen und Kinder, Beseitigung von Kriegsursachen, Rüstungsfirmen in BW und Flüchtlinge in Erwerbsarbeit. Der Landesfrauenrat in BW wolle kein Betreuungsgeld und greife viele Probleme der Frauen nicht auf.
Ute Steinheber, Beisitzerin, firm in Französisch und Englisch, hält für den Verband die Kontakte zu den familienpolitischen Vereinigungen auf EU-Ebene, bei denen wir Mitglied sind. Sie berichtete über ihre Teilnahme an den Versammlungen von MMM und F.E.F.A.F.
Gudrun Nack stellte ein Diagramm der Mitgliederentwicklung bis 2016 vor. Dieses Jahr gab es 6 Austritte und 3 Eintritte. Ulrike Rau, Schatzmeisterin, referierte den Kassenbericht 2015. Sie betonte, es werde sehr gut gewirtschaftet. Oft würden abgerechnete Auslagen zurückgespendet. Frau Mänken stellte die Frage nach Fundraising. Dazu meinte J. Resch, dafür müsse ein konkreter Spendenzweck vermittelt werden. Kassenprüferin Anne Pfeiffer berichtete, die Kassenprüfung durch sie und Ursula Kornfeld habe keine Beanstandung ergeben. Schatzmeisterin und Gesamtvorstand wurden einstimmig entlastet.
Als Übergang zur Vesperpause las G. Martin einen Beitrag aus DIE ZEIT vor: In den USA gebe es jetzt Lollys aus (chemisch erzeugter) Muttermilch. Dabei gälten die USA als dickste Nation der Welt.
Anschließend standen die Anträge zur Diskussion:
Der Verband Familienarbeit e.V. ist als Mitveranstalter der DEMO für ALLE genannt, die sich gegen die Frühsexualisierung der Kinder in Kita und Schule wendet und dabei viel Gegenwind „von links“ erfährt. Das Ziel der Demos ist, das grundgesetzlich festgeschriebene Erziehungsrecht der Eltern einzufordern. Unser Verband kritisiert die Einflussnahme einer Lobbygruppe auf die Gestaltung der Lehrpläne in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern im Sinne der sexuellen Frühaufklärung der Kinder z.B. um über vielfältig mögliche, abweichende geschlechtliche Orientierungen aufzuklären und um dafür Toleranz und Akzeptanz einzufordern. Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) hat den Bildungsplan mitentwickelt.
In der Folge der Demos wurde auch uns, wie allen Mitveranstaltern, Rechtslastigkeit vorgeworfen. Aus unserer Runde kam nun die Aufforderung, unseren Verband aus der Liste der Veranstalter streichen zu lassen, weil das Thema nicht unser Kernthema sei. Eine Abstimmung dazu ergab eine Mehrheit für den Auftrag an den Vorstand, entsprechend tätig zu werden.
Eine weitere Diskussion entspann sich nochmal zum Thema Wahlprüfsteine: Alle Parteien, die an den Wahlen teilnahmen, wurden zur Familienpolitik angefragt, außer der NPD. Im Programm der AfD war nichts zu finden, was gegen das Grundgesetz verstieße. „Die Freiheit in der Demokratie ist wichtig und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Meinungen gehört zur Demokratie“, so Resch. Er. bekam großes Lob für die Wahlprüfsteine, für seine seriöse Arbeit und seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit.
Mit dem letzten Antrag kam die gesetzliche Unterhaltspflicht der Kinder für pflegebedürftige Eltern auf den Tisch: „Wenn die Pflege im Heim ansteht, kommt der Staat auf die Kinder zu. Mit dieser Regelung sind wir die einzigen in Europa“, monierte die Antragstellerin und wünschte, unser Verband solle sich dazu kundig machen und dagegen aktiv werden. Eine anwesende Familienfrau brachte ihren persönlichen Bericht ein: Sie ist Mutter von 3 Kindern und pflegt ihre Mutter bei sich daheim. Sie erzählte aus ihrem Alltag und von dem ungerechten System der Renten-, Kranken- u. Pflegeversicherung. Die Heime hätten eine tolle Lobby, allen voran die Ev. Heimstiftung. „Familien, die pflegen, haben keine Lobby. Es wird Stimmung gemacht und Einfluß genommen, und es wird nicht zur Sprache gebracht, daß das System ungerecht ist und daß es im Heim eine geringere Lebenserwartung gibt. Das ist statistisch belegt.“
Zudem sei es für sie schockierend, sich dauernd rechtfertigen zu müssen, weil sie ihre Mutter pflegt oder sie werde bedauert, oder aber werde behauptet, ihre Mutter hätte es besser im Heim. Es sei ein starker Wertewandel da, auch im Pflegebereich: “Daheim wird Tolles unentgeltlich geleistet, wie bei der Kindererziehung, und die Menschen, die daheim sind, zahlen für die mit, die im Heim sind. Ein Erziehungs- und Pflegeeinkommen gehört zur sozialen Gerechtigkeit.“
Das neue Vorstellungsfaltblatt unseres Verbands lag druckfrisch aus. Es soll möglichst dem neuen Fh-Heft beigelegt werden.
Persönlich staune ich immer wieder und bin sehr dankbar dafür, wieviel sich an ehrenamtlicher Arbeit im politischen und persönlichen Bereich für die Familien zeigt. Ich sehe es als eine gute Vision, dass Deutschland vielleicht einmal eine gerechte Familienpolitik haben wird, die auf die ganze Welt als vorbildlich ausstrahlen könnte. Meine kleine Werbung für die Familien: Wenn ich unterwegs bin und ins Gespräch komme, gebe ich bei Interesse an der Arbeit unseres Verbands einen kleinen gelben Zettel mit der Internetadresse weiter. Die Vordrucke lagen vor einiger Zeit der Fh bei.