Wahlprüfsteine für die Bundestagswahl am 24. September 2017

Als Bündnis „Rettet die Familie“, zu dem unser Verband gehört, bemerken wir seit einiger Zeit, dass familienpolitische Fragestellungen in der politischen Diskussion einschließlich der Wahlkämpfe immer mehr in den Hintergrund gedrängt oder gar nicht mehr behandelt werden. In den Wahlprogrammen werden meist nur Nebenaspekte der Familienpolitik angesprochen. Auch in den „Wahlomaten“ der letzten Landtagswahlen ging es mehr um eine Ausweitung der Krippenbetreuung von Kleinkindern im Interesse der Wirtschaft als um das Kindeswohl und die Rechte der Eltern.

Tatsächlich sind in den familienpolitischen Konzepten der bisherigen Bundestagsparteien kaum noch Unterschiede erkennbar. Alle sind für eine finanzielle Bevorzugung der Kinderbetreuung außerhalb der Familie und eine entsprechende Benachteiligung von Eltern, die ihre Kleinkinder selbst betreuen wollen. Auch die jetzt schon seit Jahrzehnten bestehende Enteignung und Diskriminierung der Eltern insbesondere durch unser Rentenrecht kommt im Bundestag nicht mehr zur Sprache. Vor diesem Hintergrund erschien es uns erforderlich, die zur Wahl antretenden Parteien direkt auf die im Wahlkampf vernachlässigten Themen anzusprechen.

Um den Leserinnen und Lesern eine direkte und übersichtliche Vergleichbarkeit zu ermöglichen, haben wir um eine Begrenzung des Umfangs der Stellungnahmen gebeten und uns bei Überschreitung der Vorgaben eine Kürzung vorbehalten. Das wurde bei einigen Stellungnahmen erforderlich (CDU/CSU, SPD, AfD). Wir haben uns aber bemüht, die Kürzung auf Aussagen zu beschränken, die nicht direkt zu den Fragen gehörten. Die ungekürzten Stellungnahmen sollen noch getrennt ins Netz gestellt werden.

Für das Bündnis
Dr. Johannes Resch
stellv. Vorsitzender

Wahlprüfsteine des Bündnis „Rettet die Familie“ zur Bundestagswahl 2017

1. JUGEND- UND ALTERSSICHERUNG

Unser Rentenrecht (Stichwort Rentenreform 1957) koppelt den Rentenanspruch ganz überwiegend an die zuvor geleistete Erwerbsarbeit, obwohl die Renten der Erwerbstätigen von deren Nachfolgegeneration, also den dann erwachsen gewordenen Kindern bezahlt werden müssen. Die eigenen Renten einer Generation werden daher ausschließlich durch Kindererziehung erarbeitet. Damit beruht die Alterssicherung auf einem Umlageverfahren zugunsten der Alten, ohne dass es ein auch nur annähernd umfangreiches Umlageverfahren zugunsten der Kinder und Kinder Erziehenden gibt. Das kommt einer Enteignung der Eltern gleich. Folgen sind: zunehmende Verarmung von Eltern und Kindern, Rückgang des Kinderwunsches, Veränderung familienbezogener Wertvorstellungen und eine Überforderung der schrumpfenden nachwachsenden Generation.

Nach unserer Überzeugung können die Diskriminierung der Eltern und Überforderung der jungen Generation nur behoben werden, indem sich entweder die ganze Gesellschaft stärker an den Kinderkosten beteiligt (z.B. für eine Kindergrundsicherung und ein Erziehungsgehalt) oder indem die Erwerbstätigen ohne Kinder (bzw. mit nur einem Kind) einen Teil ihrer Rente selbst finanzieren (z.B. über eine gesetzliche Kapitalversicherung).

Frage:

  • Auf welche Weise strebt Ihre Partei an, die oben beschriebene Benachteiligung von Familien und die Überforderung der jeweils jungen Generation abzubauen?

CDU:
Für CDU und CSU steht eine zukunftsfeste Alterssicherung auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Die gesetzliche Rentenversicherung wird dabei für viele Menschen auch in Zukunft eine tragende Säule bleiben. Wir wollen ein Rentenrecht, das Generationengerechtigkeit sichert und Leistungen sowie Lasten – auch bei steigender Lebenserwartung – fair und nachvollziehbar verteilt. In der Mütterrente haben wir einen weiteren Rentenpunkt für Kinder eingeführt, die vor 1992 geboren wurden. Dies bedeutet eine Rentensteigerung um rund 30 Euro je Kind für knapp 10 Millionen Mütter bundesweit. …

SPD:
Familien mit Kindern werden wir weiter entlasten. Wir schaffen gemeinsam mit den Ländern die Kita-Gebühren schrittweise ab. … Bei der Steuer führen wir für alle Familien zukünftig einen Familientarif mit Kinderbonus ein. Davon profitieren verheiratete und unverheiratete Eltern mit Kindern ebenso wie Alleinerziehende. Jedes Elternteil kann dann 150 Euro pro Kind von seiner Steuerlast abziehen. Ein Paar mit drei Kindern kann also allein mit dem Kinderbonus 900 Euro im Jahr sparen. …

Linke:
Die Fraktion DIE LINKE befürwortet eine Kindergrundsicherung, die dafür sorgt, dass arme Kinder nicht mehr arm sind. Kinderarmut ist oft in Einkommensarmut begründet. Daher fordern wir weiterhin Verbesserungen im Mindestlohn und eine deutliche Verbesserung im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Außerdem streben wir einen Kurswechsel in der Rentenpolitik an, der u.a. auch eine deutlich bessere Absicherung von Zeiten der Kindererziehung und Pflege einschließt.

Grüne:
Mit dem grünen Familien-Budget haben wir ein Entlastungspaket in Höhe von 12 Mrd. Euro jährlich geschnürt. Damit werden wir die zahlreichen Schwachstellen bei der Familienförderung angehen. Derzeit ist die Kinder- und Familienförderung trotz ihrer Vielzahl an Leistungen weder gerecht noch wirksam, so vor allem bei der Bekämpfung von Kinderarmut. Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen und Alleinerziehende sollen künftig eine bedarfsdeckende Unterstützung aus einer Hand erhalten – einen Kindergeld-Bonus. Darüber hinaus wollen wir mit der grünen Kindergrundsicherung, die bisherige Förderungen zu einer einheitlichen Leistung für alle Kinder zusammenfassen.

FDP:
Wir Freie Demokraten treten für eine verlässliche Alterssicherung mit einem fairen Ausgleich zwischen den Generationen ein. Wir wollen daher gesellschaftlich gewünschte Leistungen, denen keine vorausgegangenen Beitragseinnahmen entsprechen, im Sinne einer „Schuldenbremse 2.0“ aus den Sozialversicherungen in den Steuerhaushalt überführen. Demnach sind auch Rentenleistungen für Erziehungszeiten vollständig über Zuschüsse des Bundes zu finanzieren. Zudem wollen wir die kindesbezogenen Leistungen zu einem „Kindergeld 2.0“ bündeln, bestehend aus: einem einkommensunabhängigen Grundbetrag, dem einkommensabhängigen Kinder-Bürgergeld (Flexibetrag), das die wirtschaftliche Situation der Eltern berücksichtigt, und den Gutscheinen für Leistungen für Bildung und Teilhabe.

AfD:
Sowohl im Grundsatz- als auch im Wahlprogramm benennt die AfD die oben genannte Situation, die nahezu vollständige Abwälzung der Kosten für die Bildung von Humankapital, d.h. Kindern die zu leistungsfähigen Arbeitskräften heranwachsen, auf deren Eltern, als Ursache für die Krise des Sozialstaats.
Wir fordern daher eine Entlastung und soziale Absicherung der Familien, die unabhängig ist von der lt. GG Art. 6 freien Wahl des Betreuungsmodells durch die Eltern, eine Stärkung der schulischen Familienbildung und konkrete Hilfen für Familien mit geringem Einkommen. …
Im Wahlprogramm favorisieren wir die direkte Auszahlung staatlicher Transferleistungen für Kinderbetreuung an die Eltern, die dann selbst entscheiden, ob sie dafür Fremdbetreuung in der Kita oder im Hort einkaufen oder ihre Kinder zu Hause betreuen und somit ihre eigene Erziehungsleistung entlohnt wird. …

Piraten:
Wir PIRATEN setzen uns für eine Kindergrundsicherung ein, um die junge und die Elterngeneration zu entlasten. Mittelfristig streben wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen an. Dies hebt u.a. intergenerative Ungleichheiten auf und ermöglicht gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kinderlose Menschen zu benachteiligen betrachten wir als Diskriminierung.
Für den Übergang streben wir ein Rentensystem an, das nicht nur auf den Beiträgen aus der Erwerbsarbeit fußt, sondern sämtliche Einkommensarten berücksichtigt. Mit dieser Umgestaltung ließe sich insbesondere die Ungerechtigkeit bekämpfen, dass nur ein Teil der bezahlt Arbeitenden für die Versorgung der Rentner aufkommen müssen.

ÖDP:
Die Versorgung von Kindern einerseits und von Alten andererseits sind zwei Teile des Generationenvertrages, die im Gleichgewicht stehen müssen, wenn der „Vertrag“ funktionieren soll. Nach dem Konzept der ÖDP werden etwa die Hälfte der Kinderkosten von der Gesellschaft gemeinsam getragen (durch ein Kindergrundeinkommen und ein Erziehungsgehalt für die ersten Jahre). Im Gegenzug wird von der erwachsen gewordenen Kindergeneration eine Sockelrente für alle finanziert und zusätzlich eine Elternrente, da Eltern die andere Hälfte der Kinderkosten allein tragen. Wer keine Kinder (oder nur ein Kind) hat, soll von den gesparten Kinderkosten eine zusätzliche Kapitalrente finanzieren. So wird sowohl die heutige Benachteiligung der Eltern als auch die Benachteiligung der jeweils jungen Generation abgebaut und ein nachhaltiges Sozialsystem geschaffen.

2. U3-BETREUUNG

Das gegenwärtige Elterngeld im ersten Lebensjahr eines Kindes ist kein Entgelt für die von den Eltern geleistete Erziehungsarbeit, sondern eine Entschädigung für den zuvor bezogenen und wegen des Kindes ausgefallenen Lohn. Damit wird die Erziehungsarbeit mit Krankheit und Arbeitslosigkeit auf eine Stufe gestellt und so zusätzlich abgewertet. Die Bestverdiener werden bestbedient, während Eltern, die nicht aus der Erwerbsarbeit kommen (Studierende, Auszubildende und Eltern, die bereits ältere Kinder selbst betreuen) mit dem Mindestbetrag abgespeist werden, der niedriger liegt, als das früher über zwei Jahre bezahlte Erziehungsgeld.

Auch die öffentliche Finanzierung der Krippenbetreuung von U3-Kindern von mindestens 1.000 € pro Kind und Monat ohne vergleichbare Leistung für selbst betreuende Eltern stigmatisiert die elterliche Erziehungsarbeit als „nicht erwünscht“.

Nach unserer Auffassung stellen diese Schieflagen bei Elterngeld und U3-Betreuung eine konsequente Fortsetzung der durch das Rentenrecht eingeleiteten Abwertung der Elternleistung und generell der Familie dar. In der Summe aller gesetzlichen Maßnahmen können Familien ihre Aufgabe, eine nachwachsende gesunde und leistungsfähige Generation zu erziehen, immer schwerer erfüllen.

Wir können für die Minderbewertung der Elternarbeit keinen sachlichen Grund erkennen. Wir sehen darin vielmehr den Versuch der gezielten Bevormundung von Eltern: Sie sollen im Interesse einer profitableren Wirtschaft in der Erwerbswelt mit kinderlosen Erwerbstätigen „gleichgestellt“ werden. Das ist aber nur ohne Berücksichtigung ihrer Erziehungsarbeit möglich. Wir halten das für unvereinbar mit Art. 3 GG (Gleichberechtigung, die auch für Eltern gilt) und Art. 6 Abs. 2 GG (Erziehungsverantwortung der Eltern).

Frage:

  • Gibt es im Programm Ihrer Partei Bestrebungen, die offensichtlich bestehenden Mängel beim Elterngeld und generell bei der U3-Betreuung zu korrigieren?
    Wenn ja, welche Maßnahmen sollen ergriffen werden?

CDU:
CDU und CSU schreiben Familien kein bestimmtes Familienmodell vor. Unsere Familienpolitik steht auf den Säulen: Mehr Zeit, mehr Geld und eine gute Infrastruktur. Eltern sollen selbst entscheiden, wie sie ihr Zusammenleben gestalten und den Alltag organisieren. Die Wahlfreiheit der Eltern ist uns wichtig, sie setzt jedoch voraus, dass Betreuung überall dort, wo sie von Eltern gewünscht oder benötigt wird, auch tatsächlich vorhanden ist. Um diese Möglichkeit der Wahlfreiheit zu schaffen, haben wir die Kinderbetreuung ausgebaut.
Eltern, die sich dafür entscheiden, ihr Kind zuhause zu betreuen, sind uns gleichermaßen wichtig. Wir werden daher das Kindergeld um 25 Euro in einem ersten Schritt erhöhen und den Kinderfreibetrag entsprechend anheben. …

SPD:
Das Elterngeld ist eine Erfolgsgeschichte. Es schafft jungen Familien in der Auszeit mit einem Baby materielle Sicherheit. Es hat dazu geführt, dass Frauen wieder stärker in den Beruf einsteigen können – und dass sich mehr Väter Zeit für ihre Kinder nehmen. – Aber: Noch ist es so, dass viele junge Väter nach kurzer Elternzeit voll in ihre Jobs zurückkehren. Obwohl die meisten gern etwas weniger arbeiten würden als vorher, um mehr Zeit mit der Familie zu haben. Mütter steigen hingegen oft nach einem Jahr Elternzeit in Teilzeit wieder ein, obwohl sie gern etwas mehr arbeiten würden.
Wir werden junge Eltern deshalb mit der Einführung einer Familienarbeitszeit mit einem Familiengeld unterstützen. Dies beträgt jeweils 150 Euro monatlich für beide Eltern, wenn sie jeweils zwischen 75 und 90 Prozent der regulären Vollzeit arbeiten, und wird bis zu 24 Monate lang gezahlt. Gerade Familien mit kleineren Einkommen sollen sich eine gerechte Aufteilung von Familie und Beruf leisten können. Wir haben den Kita-Ausbau in Deutschland maßgeblich vorangetrieben und dafür gesorgt, dass nun die Mittel aus dem Betreuungsgeld in den Kita-Ausbau fließen. … Wir wollen auch künftig zusätzliche Plätze für alle Kinder schaffen. Gerade kürzlich haben wir ein neues Investitionsprogramm auf den Weg gebracht, mit dem der Bund 1,2 Milliarden Euro für 100.000 neue Kita-Plätze zur Verfügung stellt. Diesen Weg wollen wir weitergehen. – Wir werden darüber hinaus in Bildung und Betreuung am Nachmittag investieren und einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Kita- und Grundschulkindern einführen. …

Linke:
DIE LINKE sieht beim Elterngeld vor allem Verbesserungsbedarf im Bereich der Alleinerziehenden und Transferleistungsbezieher. Alleinerziehende werden derzeit gegenüber Zwei-Eltern-Familien benachteiligt und DIE LINKE ist davon überzeugt, dass das Elterngeld nicht auf Transferleistungen angerechnet werden darf. Kinderbetreuung ist ein soziales Recht für Eltern und Kinder. Daher fordern wir einen weiteren Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten im U3-Bereich sowie qualitative Mindeststandards für die Kinderbetreuung im SGB VIII. Wir wollen ein unentgeltliches warmes und gesundes Mittagessen in allen Kitas und werden uns für die schrittweise Abschaffung von Gebühren für Kindergärten einsetzen.

Grüne:
Wir möchten Familien unterstützen und stärken. Denn Familien leisten viel: füreinander, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Mit der grünen KinderZeit Plus entwickeln wir das Elterngeld weiter und flexibilisieren es. Damit ermöglichen wir es, die Arbeitszeit für bestimmte Phasen zu reduzieren. Sie kann genommen werden, bis die Kinder 14 Jahre alt sind. In der KinderZeit Plus erhält jeder Elternteil acht Monate finanzielle Unterstützung – weitere acht Monate können frei zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Darüber hinaus sind gute Betreuungsangebote erforderlich, damit Eltern alles unter einen Hut bekommen. Neben einem Rechtsanspruch auf eine ganztägige Kinderbetreuung gehören dazu ganz zentral der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen, mindestens aber ein Rechtsanspruch auf Hortbetreuung. Standards für die Qualität sollen bundesweit sicherstellen, dass es sich um gute Angebote für Kinder handelt.

FDP:
Wir haben das Elterngeld in der 17. Legislaturperiode als Kompromiss mitgetragen. Wir wollen jedoch prüfen, wie für bestimmte Gruppen, wie zum Beispiel Studierende, bessere Anreize gesetzt werden können. Grundsätzlich sollten sich Eltern nicht zwischen einer finanziellen Zuwendung und einer Förderung ihrer Kinder entscheiden müssen. Das Betreuungsgeld setzt jedoch gerade für bildungsferne Familien und Familien mit Migrationshintergrund, deren Kinder in besonderer Weise von einer Förderung in der Kita profitieren würden, diesen falschen Anreiz. Familien und Alleinerziehende wollen wir allgemein dadurch entlasten, dass wir die Kinderfreibeträge anheben und Betreuungskosten bis zum Höchstbetrag steuerlich voll absetzbar machen.

AfD:
Die AfD will das Elterngeld als Lohnersatzleistung streichen und durch ein Erziehungshonorar in Höhe der tatsächlichen Kosten für Krippen-, Kita- bzw. Hortbetreuungsplätze ersetzen, das direkt an die Eltern ausgezahlt wird. Die Leistung soll so gestaltet werden, dass Anreize zum Sozialmissbrauch weitgehend vermieden werden, etwa indem wenigstens ein Elternteil einer vollzeitlichen Berufstätigkeit nachgehen muss bzw. die Leistung auf ALG II oder vergleichbare Sozialleistungen angerechnet wird. …
Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren außerhalb des Elternhauses sieht die AfD unter dem Blickwinkel der modernen Bindungsforschung, welche die tradierte transnationale Erfahrung vieler Generationen bestätigt, als im Mittel schädlich für die psychische und physische Entwicklung an.
Wir vertreten aber die Sicht des Grundgesetzes Art. 6, das die Entscheidung über die für die Familie und ihre Kinder geeignete Betreuungsform in Anbetracht der konkreten Lage der Familie ausschließlich Sache der Eltern sein muss und werden daher die staatliche Unterstützung für die Betreuung der unter Dreijährigen nicht einstellen. …

Piraten:
Die Piratenpartei setzt sich für gleiche Möglichkeiten und bestmögliche Wahlfreiheit bei der Betreuung von Familienangehörigen unabhängig vom gelebten Familienmodell ein. Die Betreuung von Kindern zuhause, in Kindertagesstätten oder in Kindertagespflege sehen wir als Wahloptionen für Familien. Finanzielle Ungleichheiten wollen wir mit einer einkommens- und vorleistungsunabhängigen Kindergrundsicherung und dem Wechsel vom Ehegattensplitting hin zu einem Familiensplitting ausgleichen.

ÖDP:
Die ÖDP strebt statt des bestehenden Elterngeldes und der einseitigen staatlichen Krippenfinanzierung ein einheitliches Erziehungsgehalt zumindest für die ersten drei Jahre an, das etwa in der Höhe der heutigen staatlichen Zuschüsse für einen Krippenplatz liegen soll (ca. 1000 €/Monat). Dieses Geld können die Eltern auch zur Finanzierung einer Fremdbetreuung ihrer Wahl verwenden (Kinderkrippe, Tagesmutter, Kindermädchen, Großeltern u.a.), wenn sie selbst außerhäuslich voll erwerbstätig sein wollen. – Die ÖDP hat kürzlich den Beschluss gefasst, dass Kinder und Personen, die wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen über kein eigenes Einkommen verfügen, ein Grundeinkommen erhalten sollen. Das soll gelten, solange es kein Erziehungs- und Pflegegehalt gibt.

3. WAHLRECHT

Die unter 1. und 2. beschriebenen Defizite sehen wir zumindest teilweise als Ergebnis eines Wahlrechts, das sich zwar auf den „Willen des Volkes“ beruft, aber das „Volk“ auf seine erwachsenen Mitglieder reduziert. Eine Abbildung der Interessen Minderjähriger findet nicht statt, obwohl sie von den meisten politischen Entscheidungen stärker (d.h. länger) betroffen sind als die Erwachsenen.

Nach unserer Auffassung liegt hier ein nicht länger tolerierbarer Mangel unseres demokratischen Systems vor, der im Interesse einer nachhaltigen Zukunftspolitik zu korrigieren ist. Als naheliegende Lösung sehen wir eine Erweiterung des elterlichen Sorgerechts an, indem Eltern auch bei Wahlen auf Bundes- und Landesebene die Interessen ihrer Kinder wahrnehmen können. Selbst wenn auch bei Eltern nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, dass sie im Sinne ihrer Kinder wählen, stehen ihnen doch deren Anliegen in aller Regel deutlich näher als Erwachsenen, die keine Verantwortung für Kinder tragen.

Frage:

  • Inwieweit ist Ihre Partei offen für ein „Wahlrecht ab Geburt“? Welche Ausgestaltungsmöglichkeiten hält Ihre Partei gegebenenfalls für sinnvoll?

CDU:
Das grundsätzliche Anliegen, den Interessen aller Generationen, auch der jüngeren und insbesondere den Interessen von Familien mehr Gehör zu verschaffen, wird geteilt. CDU und CSU haben die Belange von Familien im Blick und werden diese mit einer großen Bandbreite an familienpolitischen Maßnahmen unterstützen. Die Realisierung eines Wahlrechts ab Geburt, bei dem Eltern das Stimmrecht ihrer Kinder bis zum Erreichen der Wahlaltersgrenze treuhänderisch ausüben, würde jedoch viele rechtliche Fragen aufwerfen: So wären Eltern nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verpflichtet, ihre Wahlentscheidung zuvor mit dem Kind zu besprechen und dabei Einvernehmen anzustreben. Darüber hinaus hätten Eltern, wenn sie für ihre Kinder wählen dürften, mehr Stimmen als andere Wähler, die Wahl wäre also nicht mehr gleich. …

SPD:
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche Demokratie von Anfang an leben und lernen können. Sie sollen dort beteiligt werden, wo sie von Entscheidungen betroffen sind. Wir wollen deshalb die demokratische Mitbestimmung in Kitas. Schulen, Hochschulen und Ausbildungsbetrieben stärken. Das Wahlalter bei Bundestagswahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament wollen wir auf 16 Jahre absenken. …

Linke:
Wir treten für das Wahlrecht ab Vollendung des 16. Lebensjahrs ein. Wir sehen allerdings auch, dass letztlich jede Altersgrenze eine willkürliche Setzung ist. Auch bei Wegfall einer Altersgrenze lehnen wir die stellvertretende Wahrnehmung des Wahlrechts durch Sorgeberechtigte oder Vormünder ab.

Grüne:
Auch wir finden, dass Kinder und Familien mehr Gehör finden müssen. Wir wollen dazu die direkten und aktiven Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen auf allen politischen Ebenen stärken und ausbauen. Dafür müssen zu allererst die Kinderrechte in der Verfassung gestärkt und das Wahlalter bei allen Wahlen auf 16 Jahre abgesenkt werden. Kinder- und Jugendbeteiligung soll an allen Orten des Aufwachsens möglich sein. Sei es in der Kita, der Schule oder bei Bauplanungen im Stadtteil.

FDP:
Wir halten am Wahlalter der Bundestagswahl von 18 Jahren und damit der Volljährigkeit fest. Denn da wo Rechte verliehen werden, müssen auch Pflichten übernommen werden. Die Ausweitung des Wahlrechts beispielsweise auf kommunaler Ebene steht dem nicht entgegen, da hier der örtliche Bezug überwiegt. Um die politischen Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu stärken, setzen wir uns für unabhängige Jugendparlamente nach schottischem Vorbild ein. Diese sollen über alle Anträge und Gesetze im Parlament informiert werden und Stellung beziehen können.

AfD:
Die AFD hat die Frage des Elternwahlrechts intern diskutiert, sieht auch grundsätzliche Vorteile, ist jedoch noch nicht zu einer mehrheitsfähigen Position Pro Elternwahlrecht gelangt. Prominente Befürworter innerhalb der Partei, wie die Bundessprecherin Frauke Petry, haben ihre positive Haltung nach Kenntnisnahme vor allem juristischer Gegenargumente vorläufig zugunsten anderer familienpolitischer Forderungen zurückgezogen. …

Piraten:
Das Wahlrecht beinhaltet auch eine Verantwortung für die Folgen der Wahl. Kinder werden aus guten Gründen auch vom Strafrecht ausgenommen, da ihnen die Reife fehlt, die Folgen Ihres Handels abzuschätzen. Kinder die infolge mangelnder Lebenserfahrung und fehlenden geschichtlichen Wissens nicht die Folgen Ihres Handelns abschätzen können, dürfen auch nicht an Wahlen teilnehmen. Hier ist ein Mindestalter unverzichtbar.
Wir PIRATEN wollen jedoch die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen fördern. Das aktive Wahlrecht soll auf 14 Jahre gesenkt werden. Politisch interessierte Kinder und Jugendliche sind sich der Verantwortung bewusst, die mit einer Wahl verbunden ist. Ein selbständig auszuübendes Wahlrecht ab Geburt fordern aber beispielsweise die Piraten Berlin. Ein Stellvertreter-Wahlrecht durch die Eltern wird allerdings auch dort nicht befürwortet.

ÖDP:
Im Programm der ÖDP ist dazu folgendes ausgeführt:
„Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren können sich auf Antrag bis sechs Wochen vor der Wahl in die Wählerlisten eintragen lassen und sind dann wahlberechtigt. Die Zustimmung der Sorgeberechtigten ist dazu nicht erforderlich. Die ÖDP setzt sich darüber hinaus für die Einführung eines allgemeinen Wahlrechts ein, das allen Staatsangehörigen ab Geburt zuteil wird.“
In welcher Weise das Wahlrecht für Kinder unter 14 Jahren und für Jugendliche, die keinen Antrag auf Wahlteilnahme gestellt haben, ausgeübt werden soll und welche Rolle den Eltern/Sorgeberechtigten dabei zukommen soll, wird im Programm nicht näher erläutert.