Eltern im Vertrauensdefizit (Fh 2019/2)

von Silke Bürger-Kühn

Anlässlich der Wahlen im Mai 2019 wollten die verschiedenen Parteien mit ihren Themen punkten. So auch die SPD. Einer ihrer Plakat-Sprüche lautet „Mehr Geld für neue Kita-Plätze“. Als eine SPD-Frau mit mir darüber ein Gespräch führen möchte, entgegne ich ihr, dass das Geld lieber den Eltern direkt gegeben werden sollte. Diese könnten sich dann selbst aussuchen, wie sie ihr Kind erziehen (lassen) wollen. Sie antwortet sinngemäß: „Ja, aber das dürfen dann nur qualifizierte Eltern bekommen. Wissen Sie, ich arbeite an einer Realschule, Sie glauben gar nicht, wie vielen Eltern da die grundlegenden Regeln des Miteinanders fehlen, wie Grüßen oder den Kindern ein anständiges Essen mit in die Schule zu geben.“

Leider kann ich aus Zeitgründen keine Diskussion mit ihr führen. Ich hätte sie gern gefragt, in welchem anderen Berufsstand die Qualifikation der Tätigen für deren Bezahlung herangezogen werde. Mir sei keine Berufsgruppe bekannt, obwohl der Gedanke etwas für sich hat. Würden z.B. nur die qualifizierten Lehrer bezahlt, gingen die Schüler lieber zur Schule und würden mit Begeisterung lernen. Würden nur qualifizierte Politiker bezahlt, würde unser Land sicher zukunftsfähiger regiert, da man sich nicht nur an kurzfristigen Wirtschaftszielen orientierte.

Davon einmal abgesehen ist es nur ein kleiner Teil der Eltern, die nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu brauchbaren Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen. Tendenz leider steigend. Meiner Meinung nach sind das die Folgen unserer missratenen Familien- und Frauenpolitik. Solange die Kindererziehung für selbsterziehende Eltern eine finanzielle Nullnummer – besser gesagt ein finanzielles Verlustgeschäft – ist, wird sich das fortsetzen und verstärken. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Wer in unserer geldorientierten Gesellschaft möchte schon eine anstrengende Arbeit ohne Feierabend, freie Wochenenden und Urlaub und sogar ohne Bezahlung verrichten und sich dabei noch immer wieder fragen lassen, warum er/sie nicht arbeite? Leider ist es immer noch nicht in den Köpfen der politisch Verantwortlichen angekommen, dass die elterliche Erziehungsleistung die existenzsichernde Basis unserer Gesellschaft überhaupt ist. Wie schlecht muss es uns noch gehen, bis hier endlich ein Umdenken stattfindet?