Tagungsbericht: Wer oder was ist MMM? (Fh 2016/2)

von Ute Steinheber

Vom 6.-9. März 2016, nur wenige Tage vor den schrecklichen und für 32 Menschen tödlichen Bombenattentaten am Brüsseler Flughafen und in der Metro, war ich in Vertretung des Verbands Familienarbeit e.V. zur jährlichen Hauptversammlung und Konferenz des weltweit agierenden Mütternetzwerkes Make Mothers Matter oder Mouvement des Mères Mondiales (MMM) in Brüssel. Mehrfach stieg ich an der später bombardierten Haltestelle Maelbeek ein oder aus und ging zu Fuß zum Konferenzgebäude im Europäischen Viertel. Ich hatte Glück und einige Tage Vorsprung.

MMM wurde 1947 gegründet und besteht aus 44 Organisationen in 26 Ländern, darunter 11 europäische Länder und 5 Kontinente. MMM möchte Müttern politisch eine mächtige Stimme geben und hat beratenden und beobachtenden Status bei der EU und den UN. Auf nationaler Ebene unterhalten, unterstützen, informieren die Mütterorganisationen in Mütterzentren wie z.B. den „Cafés maman“ über gesunde Ernährung, Bewegung, Schwangerschaft und Geburt, Kindergesundheit, Familienleben und Arbeitsleben, gerechte und gelingende Partnerschaft, Aidsvorsorge u.v.m.

Zahlreiche „équipes“, also Gruppen aus Frauen und Müttern, aus Wissenschaftlerinnen und weiteren Unterstützern aus Wirtschaft und Finanzwelt sehen es als wichtiges Ziel, die Rolle der Mütter – so verschieden ihre Lebensumstände auch immer sind – weltweit zu stärken und ihre Botschaft zu verbreiten. Denn es sind die Frauen und Mütter, die zum Gelingen des weltweiten Friedens, des Zusammenlebens, der Gesundheit, der Wirtschaftskraft und Kultur eines jeden Landes und jeder Gesellschaft maßgeblich beitragen. Sie allein gebären den Nachwuchs. Ihre Gesundheit, ihr Wissen, ihre Intuition, ihre Bildung, ihr Handeln ist entscheidend für alle nachwachsenden Generationen. Alle Politiker, alle Mächtigen dieser Erde, alle Sportler und Künstler, alle Menschen jeder Hautfarbe und Herkunft: Sie sind auf dieser Welt, weil es ihre Mutter gibt. Diese hat entscheidenden Einfl uss auf Gedeihen oder Verderb. Schützen und stützen wir die Mütter, so schützen und stützen wir unsere Gesellschaften, so das einstimmige Credo der Versammlung.

Unter dem Titel „Mütter und Gesundheit“ referierten – moderiert von der MMM-Präsidentin, Anne-Claire de LIEDEKERKE – zahlreiche Mitglieder. Wissenschaftlerinnen, Ärzte, Mütter aus aller Welt, Autorinnen, Drogenbeauftragte, Ernährungsfachleute, eine Sport- und Bewegungstherapeutin. Eine Pädagogin und eine Unternehmerin (England) sprachen über die Zusammenhänge von mütterlicher Gesundheit und der der Kinder.

Schon vor der Schwangerschaft sollte eine Frau gesund sein, sich viel bewegen, sich gut ernähren, keine Drogen zu sich nehmen, nicht rauchen. Wenn die werdende Mutter gesund ist, wird sich auch ihr Kind in der Regel gesund entwickeln. Alle Risiken, die die Mutter eingeht, wirken sich auf das junge Leben aus. Das wissen wir doch alles. Und doch kann so Vieles schieflaufen.

Um nur einige wenige Beispiel hier zu nennen:

Irene NKOSI aus Südafrika, eine sogenannte Mütter-Mentorin bei mothers2mothers (m2m) engagiert sich als HIV-infi zierte Mutter zweier Kinder für Aufklärung und Unterstützung Schwangerer mit HIV, weil auch ihr von dieser Organisation geholfen wurde. Als Jugendliche missbraucht und vergewaltigt, erfuhr sie erst durch eine Blutkontrolle als bereits Schwangere von ihrer Infektion. Sie lernte damit umzugehen und sich und andere, vor allem ihre Babys, bestmöglich zu schützen. Heute gibt sie dieses Wissen an einer Klinik in Dark City, Ekangala, in der Nähe von Pretoria, weiter.

Prof. Dr. Marleen Temmerman von der Aga Khan Universität Kenia sprach als Frauenärztin von der immer noch hohen Müttersterblichkeit in Ostafrika, ebenso erzählten weitere Ärzte aus Indien, von der Elfenbeinküste, aus Madagaskar, aus Irland und Belgien zum Thema.

Sind Beschneidung, Gewalt oder Aids sowie Unterernährung und mangelnder Zugang zu Gesundheitsstrukturen in den Entwicklungsländern die Hauptprobleme, so sind in den Industrieländern Übergewicht und Diabetes, Drogenkonsum, psychische Instabilität bei sehr jungen Müttern die Hauptprobleme. Viele Schwangere entbinden in Afrika unter hygienisch äußerst schlechten Bedingungen, manche erreichen nicht einmal die nächst gelegene Geburtsstation, wo es in einem Verschlag mit Pritsche immerhin einen Arzt, eine Hebamme und Medikamente gibt. In Europa dagegen schnellen die Kaiserschnittgeburten in die Höhe, in Belgien bis zu 60%, in den anderen Ländern auf ca. 35 %.

Hélène BONHOMME aus Frankreich setzte einen glamourösen Schlusspunkt an diesem Nachmittag mit „Fabuleuses au foyer“, zu deutsch „Fabelhafte Hausfrauen“, Titel ihres Buches und Blogs auf www.fabuleusesaufoyer.com. Die temperamentvolle junge Mutter von Zwillingen erlebte die Mutterschaft, von der sie immer geträumt hatte, als unverhofft anspruchsvoll, sie fühlte sich geradezu von einem Tsunami an völlig neuen Herausforderungen überrollt. Doch verlor sie nicht ihren Humor und zeichnete comicartig das Chaos zuhause auf und verfasste einen Blog im Internet, der bereits Tausende Anhängerinnen gefunden hat, die eingeladen sind, selbst von ihren Abenteuern zuhause zu berichten. Die Hausfrau hat 2016 auch in Frankreich wieder Konjunktur und ein fabelhaftes Echo.

Am nächsten Tag sprach die Französin Sophie Pelissier du Rosa zum Thema ENFANCE SANS DROGUE. Die Organisation Kindheit ohne Droge wurde 1999 von besorgten Eltern gegründet, die nicht mit anschauen wollten, wie ihre heranwachsenden Kinder in der Schule, besonders an den Gymnasien, dem Drogenkonsum verfallen. Sie wollen die Kinder stark machen, Drogen abzulehnen, auch unter großem Druck von außen, denn Drogen töten. Die Elternorganisation klärt schonungslos über die Folgen auf. Sie ist fi nanziell unabhängig, sie will nicht mitverdienen – denn auch der Staat, Kliniken und Therapeuten verdienen am Drogenkonsum. Viele Politiker, Richter und Staatsanwälte, auch Ärzte sind drogenabhängig. Sie handeln nicht konsequent genug, um ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu beschneiden, denken wir doch nur an Alkoholika oder Nikotin, aber auch Cannabis, Kokain, Schmerz-, Schlaf- oder Aufputschmittel. ENFANCE SANS DROGUE hat nur ein Ziel: Die Kinder vor den Drogen zu schützen, sie konsequent zu einem NON zu erziehen, dem Anfang zu wehren. „Denn Drogen machen unfrei. Drogen erpressen dich. Drogen werden dich töten. Du willst aber LEBEN.“ Die Eltern haben nur einen Motivator: die LIEBE zu ihren Kindern und zum Leben.

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