Gender Mainstreaming – Männlein oder Weiblein? Wer weiß? (Fh 2012/2)

von Gertrud Martin

Gender Mainstreaming (GM) ist eine Bewegung zur völligen Umgestaltung der Gesellschaft, entwickelt in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Seitdem bemerken immer mehr arglose Bürger/innen, welches trojanische Pferd mit dem GM mitten in unserer Alltagswelt platziert wurde. Verwundert und einigermaßen hilflos fühlen sie sich einer Entwicklung ausgeliefert, deren weitreichende Auswirkungen von den Protagonistinnen arglistig verschleiert oder vielleicht selbst nicht verstanden werden.

Die dem GM zugrundeliegende Ideologie erinnert an die des Kommunismus: Ausgehend von der Idee, dass durch Gleichmachen der Menschen Unterdrückung und Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen seien, sollen die Menschen zwangsbeglückt werden.

DIE QUELLE DER GENDER-STRATEGIEN
1995, auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking, wurde eine „Aktionsplattform“ verabschiedet,(1) die innerhalb der nächsten 10 Jahre von 191 Staaten unterzeichnet wurde, die sich damit zu entsprechenden Folgemaßnahmen verpflichteten. GM soll „von oben“ bis auf die untersten Ebenen der nationalen Verwaltungen (z.B. Gleichstellungsbeauftragte) und der Gesellschaft (z.B. Quotendiskussionen) durchgedrückt werden. Die Worte Ehe, Familie, Mutter, Vater, Kinder kommen in der Aktionsplattform nicht vor. Voran­getrieben wurde das alles auf breiter Front von Vertreterinnen der USA und Europas. Die davon überraschten Teilnehmerinnen, meist aus der sogenannten „dritten Welt“, die sich ausgetrickst fühlten, schlossen sich zu einer „Familienkoalition“ zusammen. Das nützte ihnen wenig, denn sie wurden fortan mehrheitlich aus den Beschlussrunden ferngehalten. Nachzulesen ist das in dem Buch „The Gender Agenda“ von Dale O’Leary,(2) die in Peking Teilnehmerin war und beschreibt, wie vorgegangen wurde.

UMFASSENDE KONSEQUENZEN
GM will also die Gleichberechtigung der Frauen oder genauer: aller bisher „Unterdrückten“ (auch der Lesben, Schwulen, Trans- und Bisexuellen etc., wobei diese hier nicht Thema sein sollen) durch Gleichmachung erreichen. Das heißt: Naturgegebene Unterschiede des Geschlechts werden als irrelevant, ja als nicht wesentlich erklärt. Die angeborenen sexuellen Merkmale sind demnach rein äußerlich. Sie sind nicht ausschlaggebend für das individuell-subjektive Empfinden der Geschlechtszugehörigkeit (Gender). Jedes neugeborene Kind soll seine Gender-Identität frei wählen und soll mit dieser grundsätzlich „g l e i c h berechtigt“ sein. Die Erziehung der Kinder soll keinesfalls auf diese freie Wahl Einfluss nehmen (Angebot des Spielzeugs; keine Vermittlung bestimmter weiblicher oder männlicher Rollenbilder in der Familie, in Schulen und Kitas, in Büchern, Hörmedien etc.).
In der Praxis der Erwerbs-Arbeitswelt der Erwachsenen bedeutet das GM, dass alle Arbeitsplätze, alle Sitze in Aufsichtsräten, Vorständen, Wirtschaftsgremien, in der Politik 50:50 mit Frauen respektive Männern zu besetzen sind. Die Frauen sind aufgerufen, diese Rechte einzufordern. Sie sollen sich emanzipieren, indem sie sich in der seither männlich dominierten Arbeitswelt dem Konkurrenzkampf stellen.

Wer wollte nun an der Gleichberechtigung etwas Falsches finden? Wer, der bei Verstand ist, sähe nicht, wie Frauen weltweit daran gehindert werden, ihre Vorstellungen eines erfüllten Daseins, eines frei gewählten Lebensentwurfs zu verwirklichen? Es muss doch die bare Selbstverständlichkeit sein, dass Frauen Zugang zu allen Berufen und Studiengängen haben, dass sie gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen und sich kleiden, wie es ihrem persönlichen Wohlbefinden entspricht. Es geht also ganz grundsätzlich um gleiche Daseinsbedingungen für selbstbestimmte Persönlichkeiten. Und es geht um den damit verbundenen legitimen Anspruch, durch der eigenen Hände Arbeit die persönliche Existenz zu sichern, Rentenanwartschaften und die Unabhängigkeit von einem „Ernährer“ zu erwerben.

FAMILIE WIRD WEITGEHEND AUSGEBLENDET
Hier jedoch liegt der Hase im Pfeffer: Die Vordenker/innen des GM beziehen sich mit ihren Vorstellungen von „Arbeit“ wie eh und je auf den herkömmlichen Erwerbsbereich. Die reproduktive Arbeit, die in der Familie geleistet wird, wird kategorisch ignoriert. Diese Arbeit soll, so sie aus einer Biografie nicht völlig herauszuhalten ist, so kurzzeitig wie möglich und nebenbei absolviert werden. Väter sind zu 50 Prozent daran zu beteiligen, zu den bekannten Nulltarifbedingungen. Motto: Selber schuld!
Die bürgerliche Familie galt schon den kommunistischen Vordenkern als Grundübel einer Gesellschaft, die nur durch Ungerechtigkeit und Unterdrückung funktioniere.

Ergo: Die Familie ist abzuschaffen! Die Kinder werden baldmöglich nach der Geburt dem Staat zum Erziehen überlassen.
Kommt uns das bekannt vor?

GESETZGEBUNG CONTRA GRUNDGESETZ
Nach dem ideologisch begründeten Missbrauch, den das „Dritte Reich“ mit den Familien getrieben hatte, und angesichts des Wütens der kommunistischen Ideologie in der Sowjetunion haben die „Mütter und Väter“ unserer Verfassung mit dem Artikel 6 des Grundgesetzes ausdrücklich den Schutz der Familie verankert: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Und: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht …“.
Leider folgten diesen hehren Worten wenig entsprechende gesetzgeberische Taten in Form von Rahmenbedingungen, die die Familienarbeit als solche anerkannt und honoriert hätten.
Mit der Rentenreform von 1957 wurden die in der Familie Erziehenden geradezu enteignet: der Lohn ihrer Arbeit, nämlich die Sicherung ihres Alters durch die Kinder, wurde denen zugesprochen, die möglichst umfangreich erwerbstätig waren. Dadurch wurde der Familie ihre Grundlage entzogen. Aus gutem Grund versuchen seither die Frauen, durch eigene Erwerbsarbeit zu retten, was für sie zu retten ist.

GM-ANSATZ BIRGT NEUE UNGERECHTIGKEITEN
Wir haben das Scheitern des Kommunismus erlebt, seine Fehlentwicklung aus anscheinend beachtenswerten Denkansätzen heraus. Jetzt greift das GM Platz in unserer Gesellschaft, in den Köpfen der Politiker/innen aller Couleur, in den Hirnen unserer jungen Menschen, der potentiellen Väter und Mütter. Zementiert durch den Druck der Fakten könnte es lange dauern, bis auch dieses irrationale Denkgebäude zusammenbricht. Welche verheerenden Schäden wird es hinterlassen?

Sollte es nicht möglich, ja, das schiere Gebot der Vernunft sein, Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch andere Maßnahmen als eine nur anders geartete Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu bekämpfen? Denn: Was bedeutet das GM für Menschen, für die Familie den Urgrund persönlichen Glücks darstellt? Was bedeutet es für Eltern, wenn ihnen die Erziehung ihrer Kinder aus der Hand genommen wird? Wenn sie durch politisch gegebene Rahmenbedingungen gezwungen werden, beide erwerbstätig zu sein und weniger Sorgfalt für ihre Kinder aufwenden zu können?

Es handelt sich um nichts weniger als um eine neue Art von strikt autoritär verhängter Fremdbestimmung, der sich die Menschen unterwerfen sollen.
Dagegenzusetzen ist die schlichte Erkenntnis: Ohne Familie ist kein Staat zu machen! Und der pragmatische, völlig unideologische Ansatz dazu ist: Auch durch Familienarbeit muss ich als Mutter / Vater meine Existenz und Unabhängigkeit „erwerben“ können. Laut Statistik hat die Familienarbeit einen wesentlichen Anteil an der Gesamt-Arbeitsleistung.(3) Ein wirklichkeitsnaher Arbeitsbegriff muss die Familienarbeit mit einbeziehen.

Quellen:
(1)Resolution der vierten Weltfrauenkonferenz, verabschiedet am 15.09.1995, mit Erklärung und Aktionsplattform von Beijing. Darin werden strategische Ziele und Maßnahmen ausgeführt zu folgenden Themenfeldern: „Frauen und Armut; Bildung und Ausbildung von Frauen; Frauen und Gesundheit; Gewalt gegen Frauen; Frauen und bewaffnete Konflikte; Die Frau in der Wirtschaft; Frauen in Macht- und Entscheidungspositionen; Institutionelle Mechanismen zur Förderung der Frau; Menschenrechte der Frauen; Frauen und die Medien; Frauen und Umwelt; Mädchen.“ www.un.org/Depts/german/conf/beijing/beij_bericht.html
(2) Dale O’Leary: The Gender Agenda – Redefining Equality. Vital Issues Press, Lafayette, Louisiana 1997. ISBN 978-1563841224
Hinweis: Das Buch gibt es nur in Englisch.
Christl R. Vonholdt hat eine zweiteilige Zusammenfassung auf Deutsch im Internet veröffentlicht unter www.dijg.de/bulletin/13-2007-gender-mainstreaming
(3) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wo bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland 2001/2002 (Berlin/Wiesbaden 2003). Im Internet zu beziehen unter:
www.destatis.de WobleibtdieZeit.html

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