Große Aktion des vffm in Sachen Öffentlichkeitsarbeit – Einen Versuch war es wert (Fh 2011/2)

von Silke Bürger-Kühn und Gertrud Martin

2013 soll – zusammen mit dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für alle Kinder ab 2 Jahren – ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 € eingeführt werden, zu zahlen an alle Eltern, die ihr Kind lieber zuhause betreuen wollen. Darüber gibt es großen politischen Streit. Die Konservativen rechtfertigen diese Forderung als ansatzweise Anerkennung der elterlichen Erziehungsarbeit, während das linke Lager geradezu wutschäumend von „Herdprämie“ und einem Anreiz, den Kindern alle Bildungschancen zu verbauen, redet. (1)
Der 2010 amtierende vffm-Vorstand nahm dies zum Anlass, eine große PR-Aktion zu starten. Rund 340 Briefe wurden versandt an Parteien, PolitikerInnen, soziale Verbände, Kirchen, Medien und Unternehmen, die Produkte für Kinder herstellen. In diesem Schreiben (siehe Titel Fh 2/2010) wehrten wir uns gegen die Verunglimpfung des Betreuungsgeldes und kritisierten das Elterngeld in seiner Fehl-Konzeption als Lohnersatz anstelle einer gerechten Bewertung elterlicher Erziehungsarbeit.
Mit dieser Aktion hofften wir, MitstreiterInnen zu finden oder auch finanzielle Unterstützung. Der Aufwand war beträchtlich: Formulieren der unterschiedlichen Anschreiben, Zusammenstellung der AdressatInnen, Ausdrucken/Kopieren und Eintüten der Briefe und Anlagen (zum Thema passende Fh- Artikel, vffm-Faltblatt). Es wurden weit über 100 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet. Dazu kamen Ausgaben von ca. 500 Euro für Material und Porto.
Die Resonanz war bescheiden, aber auch Schweigen sagt etwas aus.

Gesa Ebert hatte 49 Briefe verschickt, u. a. an die Bundesvorstände der Parteien Bündnis90/Die Grünen, CDU, CSU, Die Linke, FDP, SPD, ödp und Familien-Partei. Bundespräsident Christian Wulff erhielt einen Brief und Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble; zudem die Bayerische Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christine Haderthauer. Das Präsidium des Bundestages bekam ebenso Post wie alle Fraktionen, der Familien- und der Finanzausschuss. Eigens angeschrieben wurden zudem die 21 Bundestagsabgeordneten (MdB), die an der Plenardebatte über den Gesetzentwurf “ … Zur Aufhebung der Ankündigung eines Betreuungsgeldes“ am 17.06.2010(2) direkt beteiligt waren, und drei weitere MdB, zu denen schon ein direkter Kontakt bestand wegen Fragen zum Eherecht bzw. zur Familienpolitik. Das Müttergenesungswerk, den Deutschen Juristinnenbund und das Bundesforum Familie hatte Gesa Ebert ebenfalls auf ihrem Verteiler.

Als Reaktion kamen 12 Schreiben und ein Anruf aus dem Büro von MdB Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen).
Manche Briefe bestanden nur aus dem Hinweis, dass die Sendung an die zuständige Stelle weitergeleitet werde. Unser vom Bundeskanzleramt „mit der Bitte um Prüfung und direkte Beantwortung“ ans Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend weitergereichte Brief blieb ebenso ohne Reaktion wie der, den die Familienministerin direkt von uns erhalten hatte. MdB Marco Wanderwitz (CDU) wünscht unserem Verband weiterhin erfolgreiche Arbeit. Bundestagspräsident Norbert Lammert übersandte unser Schreiben dem „für Bitten und Beschwerden zuständigen“ Petitionsausschuss. Dort wurde unsere Zuschrift „als Meinungsäußerung gewertet“.
Wir begrüßen ausdrücklich die Dialogbereitschaft, die einige andere Adressat/innen signalisierten, und werden in der 3. Ausgabe 2011 der Fh inhaltlich näher darauf eingehen.

Silke Bürger-Kühn bekam auf ihre rund 130 Briefe an soziale Verbände, kirchliche Wohlfahrtsverbände und Medien (mehr als 50 überregionale und süddeutsche Zeitungen, alle größeren Fernsehsender wie ARD, ZDF, RTL,Sat1 …) gerade einmal sieben Antworten. Berichte in den Medien, die wir dazu ermuntert hatten, eine „andere“ Sichtweise vorzustellen, über die nicht so häufig zu hören und zu lesen ist, gab es unseres Wissens keine.
Bemerkenswert ist, dass MdB Elke Ferner (SPD), die auf den Brief an die AsF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) antwortete, den Begriff „Herdprämie“ durchaus gerechtfertigt fand. Der bayerische Landesfrauenrat konnte „wegen mangelnder Beschlusslage“ keine Stellungnahme abgeben, will dies aber nachholen. Der Deutsche Frauenrat und die IG Metall lehnen ein Betreuungsgeld strikt ab. Letztere, die Gewerkschaft, entfremdet unsere Äußerung derart, dass es dann lautet: „…Wahlfreiheit bestünde erst dann, wenn man auch frei wählen kann, nicht zu arbeiten.“ Der Caritas-Verband lehnt ein Betreuungsgeld ab, dessen Bezug an die Nichtinanspruchnahme eines Betreuungsplatzes geknüpft ist. Ursula Ott von „chrismon“ will sich im Zweifelsfall nicht gegen die Diakonie, ihre Arbeitgeberin, stellen! So viel zum Thema „freier Journalismus“. Eine weitere Zeitung antwortete nichtssagend.

Thea Philipp-Schöllermann wandte sich an 55 VertreterInnen der evangelischen und der katholischen Kirche. Sie schrieb zudem Firmen an, die Produkte für Kinder herstellen: 11 Betriebe aus der Nahrungsmittelindustrie, z.B. Milupa, Humana, Nestlé, dazu 81 Unternehmen aus der Spielwaren-Branche von A wie Amigo Spiel+Freizeit über Kosmos und Lego bis Z wie Zapf Creation.
Außerdem bezog sie auch Personen und Unternehmen in die Kampagne ein, die aus diesem oder jenem Grund ein besonderes Interesse an unserem Anliegen vermuten ließen, etwa Vorwerk, wo die Tätigkeit von Mutter, Vater und der Hausfrau als „Familien-Manager/in“, als „der wichtigste Beruf überhaupt“, bezeichnet wird. Die Unternehmer Dirk Roßmann (Drogeriemarktkette Rossmann) und Götz Werner (dm-drogerie markt) wiederum profitieren von Kindern durch den Verkauf von Windeln und weiteren Artikeln, und sie sind als gesellschaftspolitisch engagierte, „soziale Unternehmer“ bekannt, wie auch Ernst Prost, (Liqui Moly/Schmierstoffe). Und Prof. Michael Opielka, Sozialwissenschaftler an der Fachhochschule Jena, hat zusammen mit Anja Müller die „Jenaer Thesen zur Bezahlung von Elternschaft“ formuliert.(3)

Die „Ausbeute“ von Thea Philipp-Schöllermanns Engagement:
Von 85 AdressatInnen kam keinerlei Reaktion.
Immerhin aus 11 Firmen kamen Antwortschreiben. Bei allen hieß es, dass sie schon an anderer Stelle gebunden seien und uns leider nicht unterstützen könnten. Aber es war durchweg eine positive Einstellung gegenüber unserem Verband, unseren Zielen und unserem Engagement herauszulesen. Diese elf nennen wir hier, weil ihnen unsere Arbeit immerhin eine Antwort wert war: Alnatura, Hipp, Bruder Spielwaren, Hasbro, Mattel, Nici, NSM Löwen, Ravensburger, Schleich, Zapf Creation, Peter Krämer (Hamburger Reeder).

„Solche Aktionen bringen unseren Verband an den Rand der personellen (ehrenamtlich arbeitenden) und finanziellen Kräfte. Wir erhalten keinerlei öffentliche Unterstützung. Das ist gut für die Unabhängigkeit, weniger gut für unsere Arbeit.“ So hatte Thea Philipp-Schöllermann formuliert. Daraufhin hatten wir Ehrenamtlichen uns allerdings mehr Resonanz erhofft von Menschen, die für ihre Arbeit, auch für den Dialog mit BürgerInnen, bezahlt werden.
Von unerwarteter Seite kam dann doch noch eine – die einzige – Spende: Privatmann Gisbert Tröndle aus Grenzach-Wyhlen hatte mitbekommen, wie wir uns abrackern, und überwies 500 Euro – herzlichen Dank dafür!

Fußnoten:
1) Siehe Fh 2/2010, S. 1-2: Brosamen für Erziehung zu Hause – Millionen für Krippen – Milliarden für Banken?
2) Siehe Fh 3/2010 Büttenreden im Bundestag – im Juni
3) Siehe Fh 1/2010, S. 4: Kann Liebe Arbeit sein? Kontroversen um bezahlte Elternschaft. S. 5: Jenaer Thesen zur Bezahlung von Elternschaft

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