Hallo, hier spricht mein Gehirn (Fh 2007/3)

Gunther Moll/ Ralph Dawirs/ Svenja Niescken
»Hallo, hier spricht mein Gehirn«: Eine Entdeckungsreise von der Zeugung bis zum Schulanfang
Beltz Verlag, 2006, ISBN 978-3-407-85895-5. 148 Seiten, 14,90 €

Besprechung von Julia Berendsohn

Eine Entdeckungsreise von der Zeugung bis zum Schulanfang.
„Hallo, hier spricht mein Gehirn“ … heisst es auf dem Deckblatt des informativen und doch amüsanten, mit witzigen Zeichnungen aufgemischten Buchs. Kennen wir nicht alle dieses Gefühl, dass unser „Oberstübchen“ mehr weiß als „wir“, obwohl das „Ich“ natürlich nicht aufgetrennt sein kann? Und so spricht hier nun einmal konsequenter Weise die graue Masse selbst, um uns ihre Entwicklung „von der Zeugung bis zum Schulanfang“ ganz lebendig (sic!) zu erzählen und nebenbei – aber in voller Absicht – ein paar kritische Bemerkungen einzuschieben. Schliesslich sind die Autoren ja nicht nur Biologen (Prof. Dr. Dawirs), sondern auch Psychologin (Svenja Niescken) und Kinderpsychiater (Prof. Dr. Moll – der übrigens auf der JHV in Würzburg im September ein Referat halten wird). Sie hatten beim Schreiben sicher mehr im Sinn als schlichte anatomische Aufklärung.
Da wird mal eben das häufige Tragen der Kleinen, aber auch der kurzfristige Laufstall gegen weit verbreitete Vorurteile (meist in Form von „Tante Irene“) verteidigt. Oder man liest, dass „Frühförderung“ für eine optimale Entwicklung der Intelligenz lange nicht so wichtig ist wie „Mama und Papa (und auch Oma und Opa)“, die „viel Zeit“ und endlose „Geduld“ mit dem neuen Erdenbürger haben müssen. Er „will ja nicht nur einfach betreut, sondern auch geliebt werden!“ Vernachlässigung jeglicher Art zu vermeiden, um das wachsende Bewusstsein zu schützen und zu schonen, ist für junge Eltern schon anstrengend genug. Den schädlichen Einfluss von Streit, Arbeitslosigkeit oder gar Trennung zu verhindern, ist eine Aufgabe, bei der man wirklich allerhand aufgeben muss, aber das wichtigste Ziel nicht aufgeben darf: ein milliardenfach und wundersam verknüpftes Nervengeflecht, welches das gesamte Leben über Basis für emotionale und geistige Gesundheit sein sollte.

Mit sechs Jahren hat das Gehirn dann „nahezu sein Endgewicht erreicht, viel fehlt nicht mehr“. Was braucht das Kind nun noch?
„Eine Spitzenschule, aber natürlich nicht den ganzen Tag“, und „weiterhin meine Mama und meinen Papa, meine Freunde, viel Freiraum und Freizeit und vor allem auch solche Freiräume, die ich alleine und mit meinen Freunden erleben und verändern kann. Ich bin bereit!“ Und nach dieser Lektüre sind hoffentlich auch die Großen Leute bereit, ihre politischen und persönlichen Richtlinien dementsprechend zu korrigieren.

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