Familienarbeit – nicht umsonst, aber kostenlos …

KLB und das "Netzwerk Familie" fordern ein Erziehungsgehalt

Zum Aktionstag vom 15. Mai 2004 in München

München – Die Familien sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft – wer sie nicht fördert, richtet Staat und Gesellschaft zugrunde. Genau das passiert momentan! Darin sind sich die Katholische Landvolkbewegung (KLB) Bayern sowie zahlreiche Familienverbände, zusammengeschlossen in der "AG Netzwerk Familie", einig und fordern deshalb die Einführung eines Erziehungsgehalts. Erziehung sei Arbeit, betonen sie. Arbeit, die honoriert werden müsse – und zwar auch im familiären, nicht nur im öffentlich-institutionellen Bereich. Familie sei die beste Grundlage jeglicher kindlicher Entwicklung. Dies haben Vroni Stich, stellvertretende Landesvorsitzende der KLB, Professor Johannes Schroeter, Landesvorsitzender des Familienbundes der Deutschen Katholiken, sowie Gisela Häfele, Landesvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands, in einem Pressegespräch am Dienstag unterstrichen.

Das letzte Mal, dass die Deutschen genügend Kinder hatten, ist lange her. Im Jahre 1880 erblickten durchschnittlich 2,4 Kinder pro Paar das Licht der Welt – seitdem wird mehr gestorben als gelebt. Vielleicht auch zu Tode gearbeitet in einer Gesellschaft, die Produktivität als oberstes Ziel hat und Reproduktivität völlig vergisst. Familienpolitik hieße das korrigierende Instrument – doch das spielt nach der falschen Melodie. Sagen zumindest die Familienverbände in Bayern. Familienarbeit werde weder wertgeschätzt noch verstanden.

"Die heutige Familienpolitik müsste sich an den Bedürfnissen der Kinder und Eltern orientieren, orientiert sich aber an denen der Wirtschaft", bedauert Vroni Stich, stellvertretende Landesvorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) in Bayern. In Gesprächen mit der bayerischen Wirtschaft sei immer wieder eins herauszuhören: "Hauptsache ist, dass es genug Betreuungsplätze für Kinder gibt, damit die Eltern dem Arbeitsprozess schnell wieder zur Verfügung stehen." Und das sei aus zweierlei Gründen einer funktionierenden Gesellschaft abträglich. Den ersten nennt Vroni Stich gleich selbst: "Ein Kind kann nur in der Familie das nötige Urvertrauen ausbilden, hier darf es die ersten Erprobungsschritte tun, vom Fundament der Familie aus erobert es sich die Welt. Familie ist die unverzichtbare Grundlage kindlicher Entwicklung." Den zweiten fügt Professor Johannes Schroeter, Landesvorsitzender des Familienbundes der Deutschen Katholiken, an: "Es ist doch bei unserer Arbeitsmarktlage völliger Unsinn, alle Erwachsenen in die Wirtschaft bringen zu wollen! Wir versuchen, noch mehr Menschen in den überquellenden Bereich der Produktion zu stecken, während im produktiven Bereich ein himmelschreiendes Defizit herrscht."

Das klingt vernünftig – doch welche Mutter, welcher Vater wird es sich heute leisten wollen, dafür mit dem langfristigen Abschied aus dem Beruf zu bezahlen? Wiedereinstieg ungewiss. "Eltern müssen eine echte Wahlfreiheit haben", fordert deshalb Vroni Stich im Namen vieler bayerischer Familienverbände, die sich in der "AG Netzwerk Familie" zusammengeschlossen und am vergangenen Samstag beim Familientag auf dem Münchner Stachus ihre Forderungen auch in der öffentlichkeit präsentiert haben. "Wer nach seiner Elternzeit wieder in das Berufsleben einsteigen möchte, sollte das ohne Nachteile tun können. Dazu gehört, dass die Wirtschaft die Zeit in der Familie als Arbeit anerkennt und die sozialen Schlüsselqualifikationen, die man sich bei der Erziehung erwirbt, würdigt. Teure Managerseminare, wo genau diese soziale Kompetenz vermittelt wird, leistet sich die Wirtschaft ja auch …"

Leisten müsste man sich aber auch die Zeit in der Familie können. Die Landesvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands, Gisela Häfele, hat einmal ausgerechnet, wie Elternarbeit honoriert wird: "Pro Kind erhält eine Familie im günstigsten Fall die 307 Euro Erziehungsgeld, 720 Stunden pro Monat ist man für ein Kind da, das entspricht einem Stundensatz von 0,43 Euro …" öffentliche Betreuung dagegen werde vom Staat mit rund 6 Euro pro Stunde gefördert; der Betrag ergibt sich aus den durchschnittlich 1000 Euro, die der Staat pro Kinderkrippenplatz im Monat zuschießt, gerechnet bei einer öffnungszeit von etwa 160 Stunden. "Dass Familienarbeit keinen Lohn bekommt, wird im günstigsten Fall damit begründet, dass dafür kein Geld vorhanden sei. In der Regel wird es aber als selbstverständlich angesehen, dass Eltern ihre Arbeit kostenlos zu erbringen hätten", klagt Gisela Häfele.

Johannes Schroeter macht demgegenüber nun die Honorarrechnung für die Eltern auf: "Diese besagten 1000 Euro sollten anstatt den öffentlichen Betreuungseinrichtungen den Eltern ausbezahlt werden; bei Kindern ab drei Jahren reduziert sich der tägliche Aufwand, da könne man umgerechnet ein Stundenhonorar von 2 Euro ansetzen." Erhielten die Eltern dieses Familienarbeitshonorar, dann könnten sie selbst und ohne finanziellen Druck entscheiden, ob sie damit ihre eigene Erziehungsarbeit finanzierten oder solche zukauften: durch Tagesmütter oder Betreuung in Kinderkrippe oder -garten. "Das wäre das flexibelste Förderinstrument, das man sich vorstellen kann", sagt Professor Schroeter, und ein bisschen Glück strahlt aus seinem Gesicht.

Die Politik kommt bei solchen Forderungen überhaupt nicht ins Strahlen. "Noch nicht gleich", meint Johannes Schroeter, "auch wenn jetzt alle schon wissen, dass es so wie bisher nicht weitergeht. Es wird der schwere Abschied vom Gewohnten werden – es gibt nur keine Alternative."

Dabei würde ein angemessenes Erziehungsgehalt nicht unbedingt enorme Mehrausgaben bedeuten: "Das Geld wird ja zum Teil nur umgeschichtet – von der institutionellen Förderung hin zu familiärer Förderung", erklärt Vroni Stich. "Außerdem ist der Umgang mit Familie eine zutiefst existentielle Frage, dafür muss Geld da sein, wenn wir unseren Staat nicht zugrunde gehen lassen wollen!"
Seit 1880 wird das Geld anderweitig ausgegeben.

In der "AG Netzwerk Familie" sind folgende bayerischen Landesverbände und -organisationen zusammengeschlossen:

·Bayerischer Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes e.V.
www.frauenbund-bayern.de

·Landes-Caritasverband Bayern

·Familienbund der Katholiken, Landesverband Bayern
www.familienbund-bayern.de

·Katholische Elternschaft Deutschlands, Landesverband Bayern
www.erzbistum-muenchen.de/ked

·Katholische Landvolkbewegung (KLB) Bayern
www.klb-bayern.de

·Landesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Familienbildungsstätten
www.kindunterwegs.de

·dhg – Verband der Familienfrauen und -männer
www.dhg-vffm.de

KLB – Pressemitteilung vom 18. Mai 2004
Kath. Landvolkbewegung (KLB) Bayern
– Landesstelle e. V. –
Kriemhildenstraße 14
80639 München
fon 089/17998902
fax 089/17998904
e-mail: landesstelle@klb-bayern.de
www.klb-bayern.de

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