Ausgabe 1/2003: Bezahlte Vollbeschäftigung ist möglich – Ein Beitrag von Monika Bunte

Mit der Bezahlung der Familienarbeit hat sich unser Verband immer wieder kontinuierlich auseinander gesetzt.
In der dhg- Rundschau vom November 1997 stand ein großer Artikel: "(Drei) Modelle für ein Erziehungsgehalt – ein überblick". Intern zirkulierte auch ein Papier, in dem synoptisch neun Modelle aufgelistet waren, u.a. das "Weidener Modell". Initiator des "Weidener Modells" der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung KAB Süddeutschland ist Hans Ludwig. Ausgehend vom Weidener Modell von 1987, aber sich auch davon abgrenzend, stellte Hans Ludwig als Referent bei der Jahreshauptversammlung in Bad Urach am 12. Oktober 2002 das Buch vor, das Elisabeth Jünemann und er herausgegeben haben "Vollbeschäftigung ist möglich!" Sogar ein Ausrufezeichen kommt im Titel vor. Es geht um die makroökonomische Simulation der Wirkungen eines zusätzlichen Erziehungseinkommens (MAKSIME), also das Rechnen mit ganz großen Größen. Das Buch hat 152 Seiten, und der Vortrag dauerte anderthalb Stunden. Ich kann wirklich nur verkürzt wiedergeben, worum es geht.

Hans Ludwigs Zielrichtung ist bezahlte Vollbeschäftigung. Bei schrumpfender Bevölkerung (trotz Einwanderung) und schrumpfender Anzahl der erwerbsfähigen Bevölkerung, bei steigender Produktivität im Produktionsbereich und geringem Wachstum wird die Zahl der bezahlten Arbeitsplätze weiterhin überproportional zurückgehen, (angenommen: 1,5 % Wachstum; 2,5 % Arbeitsproduktivität). Kurz gesagt: Die Erwerbslosigkeit steigt.

Was ist zu tun? Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich schaffen, bzw. den privaten Haushalt als Arbeitsplatz definieren und die Arbeit bezahlen.

Familienhaushalte mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren richten einen bezahlten Arbeitsplatz ein, sozialversicherungs- und steuerpflichtig. (Auf das Steuersystem gehen Jünemann/Ludwig nicht ein, um das makroökonomische Modell nicht zu überfrachten, aber eine Verfeinerung des Modells lässt die Einbeziehung des Steuersystems zu.) Es gibt Wahlfreiheit, den Erwerbsarbeitsplatz beizubehalten und die Familienarbeit zu delegieren. Auch Pflegearbeit wird bezahlt und sozial abgesichert. Es gibt Geschlechtergerechtigkeit, denn das Erziehungsentgelt wird für Mann und Frau interessant sein. Es beträgt, bezogen auf das Basisjahr 1995, monatlich

DM 3.800. Die Einrichtung der Arbeitsplätze im privaten Familienhaushalt ist ausdrücklich nicht durch Umverteilung finanziert (wie bei "Erziehungsgehalt 2000") sondern mittelfristig selbstfinanziert, weil Umverteilung nach (makroökonomischer Berechnung) "versickert". Vor der Mittelfristigkeit – o Schreck – steht eine höhere Staatsverschuldung zur Anschubfinanzierung. (Zitat S. 21: "Das sogenannte "Schuldenparadoxon“ liegt vor, wenn eine Staatsverschuldung in der Rezession zu Einkommens- und Beschäftigungseffekten führt, die dem Staat Mehreinnahmen und Ausgabenersparnisse verschaffen, die die ursprüngliche Staatsverschuldung kompensieren oder sogar überkompensieren").

Wie schon gesagt, zielt das Weidener Modell grundsätzlich auf Beschäftigungspolitik, da der Erwerbsarbeitsmarkt bis 2010, wahrscheinlich bis 2040 voller Probleme steckt. Mit dem Weidener Modell sieht die dhg, der Verband der Familienfrauen und -männer e.V., erstmalig ein durchgerechnetes Modell für ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen im Familienhaushalt, das in seiner Würde und in seiner Höhe dem "Gehalt für Familienarbeit" auf der Basis einer 40-Stunden-Woche entspricht, für das sich dhg-Mitglieder seit jeher eingesetzt haben. Deshalb begrüße ich es, dass wir das Weidener Modell zu "unserem" Modell machen.

"Arbeit bleibt Arbeit bleibt Arbeit". Dieser Text auf einem dhg-Plakat hat mir immer besonders gut gefallen, weil ich mich als (ehemalige) Familienfrau darin wiederfand. Hans Ludwig will den Begriff Arbeit auf bezahlte Arbeit beschränken, die es ja dann auch im privaten Haushalt gäbe. Er fordert zwar ein erweitertes Verständnis von Wirtschaft, doch sieht er dabei für die weiterhin unbezahlte Arbeit im Haushalt das Wort "Tätigkeit" vor. – "Ich mache Familientätigkeit", das ist sprachlich nicht gelungen. Deshalb ziehe ich auch für den unbezahlten Teil das Wort Familienarbeit vor. Davon abgesehen stimme ich seinem Modell zu. Ich begrüße es, wenn die dhg sich damit vertraut macht und zu seiner Verbreitung beiträgt.

Nur schade, dass Elisabeth Jünemann und Hans Ludwig sich in ihrem Buch bei diesem und jenem artig bedanken für Anregungen – Engagement – kritische Gedanken – und so weiter. Aber die dhg wird dabei "vergessen", obwohl wir es waren, die es dahin gebracht haben, dass die Bezahlung von Familienarbeit keine Lachnummer mehr ist, sondern bis MAKSIME gedeihen konnte. Für eine Neuauflage wünschen wir uns, dass auch unser Verband bei den Personen und Gruppen genannt wird, denen zu danken ist.

Elisabeth Jünemann, Hans Ludwig (Hrsg.)
"Vollbeschäftigung ist möglich!
Makroökonomische Simulation der Wirkungen eines zusätzlichen Erziehungseinkommens" erhalten Sie gegen Einsendung von sechs Euro in Briefmarken bei
Wiltraud Beckenbach, Berliner Straße 11,
67269 Grünstadt oder
Geschäftsstelle, Monika Kuhn, Hammanstr. 23, 67549 Worms

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