Haushaltsgeld – heute kein Thema? Zum Hintergrund der dhg-Gesetzesinitiative

Ausgabe 4/1999

"Streit ums Haushaltsgeld – das gibt"s doch heute gar nicht mehr…!"
So tönt es oft. Tatsächlich – alles in Ordnung, Gesetzesänderungen unnötig, in den Zeitschriften viel Lärm um nichts? Die Frauen sind in der Ehe gleich stark wie die Männer – wirklich? Und wie haben sie denn das geschafft?
Zum Beispiel Herta und Anne
Anne S. hat nie Probleme mit dem Geld in ihrer Ehe. Oder zumindest hatte sie nie welche, bis ihr nach neun Ehejahren erstmals die Idee kam, doch auch einmal – wie ihr Mann mit seinem Kegelklub jedes Jahr – eine Woche ohne Mann und ohne die zwei kleinen Kinder zu verreisen.

Er teilt seiner Frau mit: "Das zahle ich nicht!" Sie stottert verblüfft etwas von einem Taschengeld, das ihr doch so irgendwie zustünde und davon könne sie das dann bezahlen. Er sagt, dann melde er das Zweitauto ab. Sie ruft bei der Hausfrauengewerkschaft an, um sich über die Rechtslage zu informieren.

Auch Herta B. hat keine Probleme, mit ihrem Mann zusammen das Haushaltsgeld einzuteilen. Er ist Verwaltungsangestellter, sie arbeitet morgens bei der Telekom-Auskunft. über Mittag, wenn die Kinder aus der Schule kommen, betreut sie sie und kocht und ißt mit ihnen. Nachmittags steht sie als Aushilfe in einem kleinen Laden, abends, während der Mann Feierabend macht, versorgt sie ihren Haushalt. Ihre Gesundheitsprobleme nehmen zu, sie ist sehr erschöpft. So langsam wird klar: Irgendetwas stimmt nicht.

Die alten und die neuen Paschas
Der Mann von Anne S. gehört zu den alten Paschas. Er hatte sich bisher bloß nicht zu erkennen gegeben. Wenn es kritisch wird, besteht er darauf, daß es sein Einkommen ist. Und das eheliche Güterrecht gibt ihm auch noch Recht. Es sieht die "Zugewinngemeinschaft" vor, die in der Praxis bedeutet, daß das Geld demjenigen gehört, der (oder die) es verdient, und der Zugewinn nach Beendigung der Ehe hälftig geteilt wird. Die Ehefrau kann nicht über das Konto verfügen, wenn er ihr keine Kontovollmacht geben will. Dies betrifft viele alte Ehepaare. Da kann es zu sehr kritischen Situationen kommen, wenn er zunehmend verwirrt wird oder im Krankenhaus im Koma liegt und sie ohne Geld dasteht. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß solches Verhalten auch bei jungen Männern vorkommt, ja vielleicht sogar im Kommen ist. Eine junge Frau meldete sich kürzlich. Ihr Mann (Anfang dreißig) zahlt die Miete und verkündet, "mit allem anderen müsse sie selbst klar kommen". Es sind zwei kleine Kinder da, die Frau arbeitet und organisiert sich dusselig… Womit wir bei der Frage der Arbeit wären.

Erwerbstätige Mütter
Viele Mütter wollen oder müssen heute erwerbstätig sein. Als Verdienerin mit eigenem Geld ist ihre Position in der Ehe stärker. Fragt man sie aber: "Sind Sie mit der Mithilfe Ihres Mannes und eventuell der halbwüchsigen Kinder im Haushalt zufrieden? übernehmen sie einen Teil Ihrer häuslichen Arbeit dafür, daß Sie außer Haus arbeiten?", kommt mit Sicherheit ein einstimmiges "Nein" als Antwort. Alle Untersuchungen und Befragungen ergeben, daß die Frau und Mutter fast ausschließlich für die Familienhausarbeit zuständig ist, gleich ob sie ganz Familienfrau, teilweise oder ganz erwerbstätig ist. Das galt auch für die ehemalige DDR. Der Streit ums Haushaltsgeld hat sich teilweise verlagert. Er ist zum Streit um die häusliche Arbeit geworden. Und hier zeigen sich die neuen Paschas, für die "Putzlappen" ein Fremdwort ist und bleibt.

Oft ist aber auch Mithilfe des Mannes wegen seiner eigenen beruflichen überlastung oder Abwesenheit werktags nicht möglich. Wenn die Frau erwerbstätig ist, müssen dann Teile der Familienhausarbeit ausgelagert bzw. an Dritte vergeben werden (an Putzfrau, Wäscherei oder Kinderfrau). Das kostet aber Geld…

Das Gesamtbudget
Nie käme eine Firma auf die Idee, die Arbeit ihrer Mitarbeiter/innen in der Bilanz zu vergessen. Im Gegenteil schlägt diese Arbeit als Lohnkosten gewaltig zu Buche. In der Familie aber wird die Familienarbeit oft vergessen oder vernachlässigt, weil sie kein Geld einbringt. Dennoch ist es unbedingt notwendig, beide Beiträge zum Familieneinkommen zu sehen: die Familienarbeit und die Erwerbsarbeit. Die Familie ist ebenso dringend darauf angewiesen, daß die Kinder sorgfältig betreut und das Haus oder die Wohnung in Ordnung gehalten werden, wie auf das Geld, für das man kaufen kann, was man braucht, von der Versicherung bis zum Babyschnuller. Da beides gleich wichtig ist, müssen beide Personen gleich stark sein. Gleichstellung auch im persönlichen Bereich der Familie. Das ist der Grund, warum sich die dhg mit dem Eherecht beschäftigt. Und das ist auch der Hintergrund der Gesetzesänderung, die auf Initiative der dhg vom Justizminister von Baden-Württemberg, Ulrich Goll, eingebracht wurde.

"Angemessene Teilhabe"
Im Gesetz ist jetzt schon die Haushaltsführung als vollwertiger Beitrag zum Familienunterhalt anerkannt (§ 1360). Die geplante Gesetzesänderung sieht darüber hinaus eine "angemessene Teilhabe" des haushaltsführenden Partners am Geldeinkommen vor. Auch soll es eine Auskunftspflicht der Ehepartner über die Höhe ihres Einkommens geben, damit der/die andere sich ein genaues Bild von der finanziellen Situation der Familie machen kann. Eigentlich selbstverständlich, sollte man meinen. Aber selbstverständlich ist heute nur, daß der Partner von der Familienarbeit entlastet wird und davon profitiert, daß die Kinder gut betreut sind und der Haushalt in Schuß ist. Umgekehrt muß der Partner/die Partnerin genauso vom Geld profitieren.

Eines muß man sich zu der Gesetzesänderung freilich dazudenken: Ist die Familienfrau auch erwerbstätig, muß es auch "angemessene Teilhabe" des anderen an der Familienhausarbeit geben.

Der Druck wird größer
Für immer mehr Familien reicht ein Erwerbseinkommen, ja reichen oft sogar zwei nicht aus, um all die Dinge zu finanzieren, die zum Leben notwendig sind. Das Heidelberger Familienbüro hat errechnet, daß in einer Familie mit zwei Kindern und einem recht ordentlichen Einkommen (DM 60 000 brutto im Jahr) für die Eltern pro Kopf nur wenig mehr als Sozialhilfeniveau bleibt. Immer größer wird der Zwang für Mutter und Vater, Geld zu verdienen. Das bedeutet oft eine 70-Stunden-Woche für beide. Hier kann nur ein verbesserter Familienlastenausgleich oder, noch besser, ein Gehalt für Familienarbeit helfen. Schon allein, um die finanzielle und arbeitsmäßige überlastung der Familien im Vergleich zu den meisten Menschen ohne Kinder abzubauen. Die ungerechteste Lösung ist, daß sich einseitig die Arbeitsbelastung der Frau und Mutter verdoppelt oder verdreifacht.